Steinheim bezieht sein Wasser unter anderem aus eigenen Brunnen. Foto: dpa

Stadt lässt Brunnen erneuern. Die Alternative wäre gewesen, Wasser anderweitig zu beziehen.

Steinheim - Es war eine komplexe Materie, mit der sich der Steinheimer Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung auseinander setzen musste. Henning Jobmann vom Büro Biske und Partner weihte die Runde in die Eigenschaften von Bodenschichten ein, fachsimpelte über Fließgeschwindigkeiten und referierte über hydrochemische Eigenschaften von Wasser. All das kam natürlich nicht von ungefähr. Denn der Fachmann hatte untersucht, ob es sich lohnt, in den Sandwiesen weiter einen Brunnen anzuzapfen, oder darauf zu verzichten und stattdessen mehr Nass von der Landeswasserversorgung zu beziehen. Der Experte gelangte nach einer Probebohrung letztlich zu dem Schluss, dass man an dieser Stelle tatsächlich weiter Wasser abpumpen könnte. Und die Räte entschieden sich einstimmig dafür, auf dem Gelände einen neuen Brunnen bauen zu lassen.

Das Problem ist, dass sich die bestehende Konstruktion aus dem Jahr 1965 zu einem echten Sorgenkind entwickelt hat. „Der Brunnen bringt nur noch eine Schüttung von einem Liter pro Sekunde. Das ist ein sehr starker Leistungsabfall im Vergleich zu den zehn Litern pro Sekunde, mit denen er angefangen hat“, erläuterte Henning Jobmann. Der eklatante Einbruch sei unter anderem auf eine unsachgemäße Reinigung zurückzuführen. Die Folge ist, dass sich der Betrieb nicht mehr in wirtschaftlichen Bahnen bewege.

Die Untersuchung des Experten hat allerdings ergeben, dass sich eine Sanierung des bestehenden Bauwerks ebenfalls nicht rentiert. Dagegen spreche unter anderem, dass man heutzutage einen solch großen Durchmesser nicht mehr benötige und das zugehörige Technikgebäude für die Arbeiten mit beträchtlichem Aufwand versetzt werden müsste. Andererseits riet Henning Jobmann dringend dazu, die neue Anlage zumindest auf demselben Flurstück bohren zu lassen. Andernfalls würde das derzeit geltende unbefristete Wasserrecht für das Areal erlöschen. Eine vergleichbare Genehmigung ohne zeitliche Beschränkung wäre nicht mehr zu bekommen, hob Jobmann hervor.

Der neue Brunnen sollte nach den Berechnungen des Fachmanns eine Fördermenge von 3,5 bis 4,5 Litern pro Sekunde abwerfen und rund 20 Meter tief sein. Außerdem hält Jobmann es für wichtig, die Schutzzone um die Anlage auf 20 Meter auszuweiten, damit möglichst keine Schadstoffe von den Feldern eingeschwemmt werden. Außerdem müsse der Brunnen entsprechend abgedichtet werden, um einen weiteren Anstieg des Nitratgehalts im Wasser zu verhindern, der bei immerhin 11,4 mg/l liege. Grundsätzlich sei die Qualität des Nasses aber ausreichend, betont Henning Jobmann.

Kosten wird der Neubau rund 373 000 Euro. Das klingt erst mal nach einer Menge Geld. Allerdings hätte die Kommune alles in allem vermutlich noch tiefer in die Tasche greifen müssen, wenn der Plan B gegriffen hätte: Mehr Nass über die Landeswasserversorgung zu beziehen. Doch darauf wollten sich die Räte nicht einlassen. „Mit dem Brunnen können wir uns eine gewisse Unabhängigkeit bewahren. Das wäre auch ökologisch sinnvoll, wenn man das Wasser nicht von woanders zuführen würde“, erklärte Regina Traub von der SPD. Für Rainer Breimaier von den Grünen war zudem wichtig, dass „eine Kommune die Trinkwasserproduktion nicht komplett outsourct, also die Kapazität und die Kompetenz, Trinkwasser zu produzieren, nicht ganz verschwindet“. Davon abgesehen weise das Eigenwasser immer noch wesentlich bessere Nitratwerte auf als das der Landeswasserversorgung. „Für uns war schon immer wichtig, dass die Stadt Steinheim hier relativ autark bleiben kann“, ergänzte Timo Renz von den Freien Wählern. Aktuell sehe er auch generell keine Notwendigkeit, das Bezugsrecht bei der Landeswasserversorgung zu erhöhen. Ähnlich schätzte Hanns Daunquart von der CDU den Fall ein. Er wollte jedoch von Henning Jobmann wissen, wie sich die Entscheidung pro Brunnen auf den Härtegrad auswirke, der beim Eigenwasser deutlich höher sei. Das Brunnenwasser sei zwar mit 30 Grad in der Tat relativ hart, aber das Wasser, das am Ende aus dem Hahn sprudelt, werde ja immer gemischt, erwiderte Jobmann.

Letztlich sprach also aus Sicht des Gremiums nichts dagegen, einen neuen Brunnen in den Sandwiesen bohren zu lassen. Nicht angetastet wird ein zweiter Brunnen in diesem Gebiet. Denn der liefert zuverlässig fünf bis sieben Liter pro Sekunde. Steinheim wird damit auch künftig etwa ein Viertel des Bedarfs selbst abdecken und den Rest bei der Landeswasserversorgung zukaufen.