Der TSG und andere Sportvereine wollen dafür Sorge tragen, dass Kindern nichts zustößt. Foto: dpa-Zentralbild

Vereine sind auf Initiative des TSG über das Thema „Nein zu sexualisierter Gewalt im Sport“ informiert worden.

Steinheim - Der TSG Steinheim macht weiter ernst mit dem Thema Kindeswohl. 110 Trainer und Ehrenamtliche haben bereits eine freiwillige Selbstverpflichtung unterzeichnet, informierte Vorstand Ulrich Hammerle am Samstag, und auch ein Beraterteam wurde eingerichtet. „Wir wollen, dass sich hier jeder wohl und sicher fühlen kann“, formulierte er das Ziel des Vereins. In einem weiteren Schritt wurden jetzt Übungsleiter und Verantwortliche in einer für alle sporttreibenden Vereine offenen Veranstaltung zum Thema „Nein zu sexualisierter Gewalt im Sport“ sensibilisiert. Mit dabei im Bürgersaal waren rund 30 Vertreter des TSG, vom Judoteam, GSV Höpfigheim und Kleinbottwar und dem Jugendhausverein. In einem dritten Schritt, so Hammerle, wolle man auf die Eltern mit einer Informationsveranstaltung zugehen.

Als Referent war Matthias Reinmann von der Württembergischen Sportjugend (WSJ) eingeladen. Schonungslos stellte er die Lage dar: Bei bekannten 14 000 bis 16 000 Fällen strafbarer sexueller Handlungen von Nötigung bis hin zur Vergewaltigung müsse man von einer Dunkelziffer ausgehen, die 15 bis 20 Mal so hoch sei. „Das bedeutet, dass jedes vierte bis fünfte Mädchen und jeder neunte bis zwölfte Junge schon sexuelle Gewalterfahrungen gemacht hat“, so Reinmann.

In dieses Umfeld mit herein spielen sexuelle Übergriffe und Grenzverletzungen, die zunächst nicht strafbar sind, aber das Kindeswohl ebenfalls gefährden. Dies alles spiele sich nicht nur in Sportvereinen ab. Es sei aber hier wie anderswo wichtig, zu sensibilisieren und ein Bewusstsein für eine „Kultur des Hinsehens“ zu schaffen, wenn Grenzen überschritten werden. „Wir kennen uns doch alle, bei uns passiert so was nicht“, mit dieser Haltung werde er oft konfrontiert, so der Referent. Für ihn haben sich aber „Abgründe aufgetan“, seit er sich intensiver mit der Thematik beschäftige. Das meist enge Vertrauensverhältnis zwischen Trainern und Kindern im Verein ziehe Täter an, die oft langfristig planen und sich den Kindern nach und nach annähern. „Kinder wissen meist gar nicht, was mit ihnen passiert, wo die Grenze zwischen normal und unnormal ist.“

Daher können Veränderungen im Verhalten ein Anzeichen sein, „dass etwas nicht stimmt“. Vorsichtiges Nachfragen und Zuhören helfen dabei herauszufinden, wo der Schuh drückt.

Dem Referent der WSJ ist es gelungen, aufzurütteln und für das Thema sexualisierte Gewalt zu sensibilisieren. Gleichwohl gehe es auch nicht darum, alles auf die Goldwaage zu legen, betonte Reinmann. Schwierig sei zum Beispiel die sportliche Hilfestellung, berichtete eine Teilnehmerin im Erfahrungsaustausch. Wenn ein Sprung danebengerät, helfe oft nur beherztes Zupacken, um Schaden zu verhindern. „Und wenn der Griff dann mal an den Po oder zwischen die Beine geht, dann muss man sich entschuldigen und erklären, was gerade passiert ist“, empfiehlt der Fachmann. Ähnlich sei es mit anzüglichen „Scherzen“. Ob dies eine sexuelle Belästigung oder gar Nötigung ist, können Kinder oft nicht selbst erkennen, das Umfeld aber schon. Bei aller Sensibilität dürfe man aber nicht den Blick auf das Normale verlieren. Wenn ein Kind getröstet werden will, dürfe man dies selbstverständlich tun. „Manche Kinder kennen die Grenzen aber nicht, deshalb ist es wichtig, dass ich meine Grenzen kenne“, brachte eine Übungsleiterin die richtige Einstellung auf den Punkt.

Mit einem Präventions- und Schutzkonzept, wie es der TSG und viele andere Vereine haben, schütze man Kinder und Verantwortliche. „Wir wollen, dass auch Trainer ein Gefühl der Sicherheit haben“, so Reinmann. Wenn jeder weiß, was man darf und was nicht, sollte kein Generalverdacht oder Misstrauen entstehen. Und im Zweifels- oder gar Verdachtsfall wisse man, wo man fachliche Hilfe bekommen kann.