Über Monitore kann man alle Bereiche im Blick behalten. Foto:  

Ein Blick hinter die Kulissen des Wellariums

Steinheim - Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät“, klingt es aus den Lautsprechern über den Liegewiesen und Schwimmbecken des Wellariums Steinheim. Eine Stimme bittet die Besucher freundlich, aber direkt, die Becken zu räumen, der Badebetrieb neigt sich dem Ende zu. Das Gesicht hinter der Stimme aus der Durchsage ist Julia Csikos, die hier als Meisterin für Bäderbetriebe arbeitet. Während für die Badegäste ein entspannter Tag zwischen Rutschspaß, Spielplatz und Sonnenliegen endet, beginnen für sie die abschließenden Arbeiten des Tages. Nach der Ansage schwimmen noch immer drei Gäste im Sportbecken. Julia Csikos lässt ihren Blick prüfend schweifen. Sie dürfen, „sie gehören zum Personal, dürfen also nach Feierabend noch schwimmen“, erklärt die 37-Jährige.

Auch im Nichtschwimmerbecken sind noch zwei Gäste zu erkennen: „Jetzt aber wirklich, raus aus dem Becken, unter die Dusche und in die Umkleide.“ Die beiden Schüler wissen Bescheid, „jaaha, wir gehen raus“, geben sie kleinlaut zu, als Julia Csikos auf sie zusteuert. „Spätestens wenn die Beregnung auf der Liegewiese einsetzt, gehen die letzten Gäste von selbst“, weiß sie aus Erfahrung. Die erste Station ist das Durchschreitebecken, das gesäubert und ausgespült werden muss. „Wenn die Wiese frisch gemäht ist, sammelt sich hier alles“, da heißt es dann, besonders gründlich sein. An extrem heißen Tagen muss sie schon mal mit Edelstahlreiniger ran, um die entstandenen Ränder zu entfernen, die das Wasser am Becken hinterlässt – „da das Wasser eisenhaltig ist, reagiert es mit dem Metall“, erklärt Julia Csikos.

Die Liegen gilt es, wieder zurück an Ort und Stelle zu bringen. Während sie so jede einzelne Nackenstütze akkurat auf die Grundeinstellung bringt, berichtet sie davon, wie heiß begehrt die Liegen an Tagen im Hochsommer sind: „Wenn es sehr heiß ist, sind die Liegen schon morgens gleich weg.“ Dann, so gibt sie zu, machen die Deutschen dem Klischee alle Ehre, diejenigen zu sein, die Liegen an Pools von Urlaubsressorts mit Handtüchern belegen. „Eine Familie mit zwei Erwachsenen und drei Kids – macht insgesamt fünf Liegen.“

Unberührt soll am nächsten Morgen alles aussehen. An Müll kommt, wie man es sich denken kann, einiges zusammen, ihn gilt es zu sammeln. „Zwischen 30 und 40 Müllsäcke transportieren wir täglich locker ab“, erzählt sie. Zudem entsteht Müll, der neben der Tonne landet. Eisverpackungen, Kaffeebecher, Obstabfälle. Insgesamt aber zieht die Meisterin im Badebetrieb die Bilanz: „Es war schon schlimmer.“ Im Interesse aller Besucher, schließlich möchte niemand zwischen Plastik oder sonstigem Müll liegen, geschweige denn schwimmen. Weil sich dennoch Pflaster, Haare oder Tempos ins Becken verirren, surrt nachts ein „Sauger“, der unter Wasser aufräumt. „Im Sportbecken sind die meisten Menschen drin, und außerdem sehen die Schwimmer durch ihre Brillen sehr klar.“ Das sei meistens der Gegenstand der Beschwerden.

Dieses Becken steht an diesem Abend im Fokus, spektakulär sieht es aus, wie Julia Csikos das schwarz-gelbe Gerät abtauchen lässt. Es atmet unter Wasser, so scheint es, durchgehend steigen Luftbläschen auf. Vom Beckenrand aus steuert Julia Csikos die Maschine, manuell fährt sie in die Ecken und arbeitet die Kanten ab, bis in den letzten Winkel. Durch einen eingebauten Kompass kann es den Rest des Beckens selbstständig abfahren, über Nacht. Der letzte Gang führt dann in den Technikraum. Eine Note Chlor liegt hier in der Luft, klein fühlt man sich zwischen den Tanks, Csikos prüft den pH-Wert des Wassers nach, ebenso wie den Chlorgehalt. Beim Stichwort Chlorgas im Alltag klingeln innerlich die Alarmglocken – im Schwimmbadbetrieb ist der Umgang selbstverständlich.

Direkt damit zu tun hat das Personal nur selten, höchstens beim Wechsel der Chlorgasflaschen. „Da tragen wir Atemschutzmasken. Und sind immer zu zweit.“ Während die Tanks brummen, der Unterwassersauger seine Runden dreht und die Sonne langsam untergeht, ist Feierabend in Sicht. Gegen 22 Uhr liegen die Becken friedlich da – ein paradiesisches Bild. „Das ist mein Lieblingsmoment nach dem Trubel tagsüber“, so Julia Csikos. Bis es um 5.30 Uhr am nächsten Tag Frühschwimmen heißt.