Dieses Porträt von Sixt Gottlieb Kapff hat der Stadtarchivar sichern können. Foto: Stadtarchiv

Das Marbacher Stadtarchiv hat seine Bestände um interessante Bilder und Akten anreichern können, darunter das Archiv von einem Verein, der sich politisch einmischte.

Marbach - Haargenau zehn Minuten waren Albrecht Gühring am Donnerstag für seinen Jahresbericht im Verwaltungsausschuss eingeräumt worden. Die knapp bemessene Zeit nutzte der Stadtarchivar, um eine Menge Lust darauf zu machen, in die Bestände einzutauchen, die in den Räumlichkeiten auf der Schillerhöhe verwahrt werden. Zumal Gühring die Sammlung zwischenzeitlich auch wieder um einige bemerkenswerte Stücke ergänzen konnte.

Einblick in die Friedensbewegung

Vor allem für diejenigen, die sich mit der Geschichte der politisch eher links verorteten politischen Bewegungen in der Schillerstadt auseinandersetzen wollen, tut sich eine wahre Fundgrube auf. „Wir haben zwei große Schachteln bekommen von Wolfgang Zeh, der in den 60er- und 70er-Jahren sehr aktiv war in Marbach im linken Spektrum und auch in der Friedensbewegung“, sagte Gühring. In diesem Bereich sei man bislang blank gewesen. Nun könne man auf eine Reihe von Dokumenten, Programmen und vor allem auch Fotografien zugreifen.

Eingeschränkter Zugriff

Als „großes Highlight für uns“ bezeichnete es Gühring, dass er das Archiv des Autonomen Zentrums (AZ) Marbach in Empfang nehmen konnte. Klaus Schönberger, der so etwas wie der Kopf des AZ war und heute an der Universität in Klagenfurt lehrt, habe die Unterlagen über die Jahre gesammelt und nun der Kommune überlassen. Allerdings kann man darauf nicht uneingeschränkt Zugriff nehmen. Denn viele der betroffenen Personen leben noch in Marbach, erklärte Gühring. Das schmälert aber nicht die Wertigkeit des Materials. „Das ist ein großer Schatz, da es eine Zeit und Bewegung abdeckt, die auch in die Gründungsjahre der Grünen in Marbach zurückreicht“, erläuterte der Fachmann, der daran erinnerte, „dass die Grünen-Fraktion ja auch ein Stück weit aus diesem Autonomen Zentrum heraus entstanden ist“. Finden kann man in dem Stapel an Dokumenten unter anderem interne Protokolle, Fotografien , Unterlagen zum damaligen Theaterschaffen des AZ und sämtliche Zeitungsausschnitte, die zu den Aktivitäten des Autonomen Zentrums erschienen sind, wie Klaus Schönberger auf Nachfrage sagt. Der Verein existiere formal sogar noch, sei aber in Marbach nicht mehr aktiv.

Mehrere Umzugskartons vom Dampfchor

Nicht der Politik, sondern der Musik hatte sich der Dampfchor Marbach verschrieben. Die Gruppe hat sich inzwischen aufgelöst, das Archiv der Sänger wird nun von Albrecht Gühring und der zweiten hauptamtlichen Kraft Fenja Sommer betreut. „Da haben wir überraschend viel holen können. Das waren an die sechs bis acht Umzugskartons“, sagte Gühring. Eine Bewertung der Unterlagen sei noch nicht erfolgt. Es scheine sich aber um interessantes Material zu handeln. Dieses Attribut trifft sicher auch auf das großformatige Ölgemälde zu, das Sixt Gottlieb Kapff zeigt und das der Stadtarchivar beim Auktionshaus Eppli erwerben konnte. Besagter Kapff wurde 1754 wenige Jahre vor Friedrich Schiller in Marbach als Sohn des damaligen Dekans geboren und war später Advocat, also Rechtsanwalt, in Reutlingen.

Krug mit besonderer Gravur

Weiter durfte sich Gühring über eine „überraschende kleine Schenkung“ freuen. Dabei handelt es sich um einen Krug, der auf den ersten Blick recht gewöhnlich wirke. Zu einer Besonderheit für Marbach macht das Artefakt eine Gravierung, die da lautet: „Friedrich Pfizenmaier, Mai 1888“. Pfizenmaier sei Gutsbesitzer gewesen und habe am König-Wilhelm-Platz 8 in jenem Backsteinhaus gelebt, das vor einigen Jahren abgerissen wurde, erläuterte Gühring.