Ist der Aufstieg auf den Benningkopf geschafft, wird der Wanderer mit einer herrlichen Aussicht und einer bunt bemalten Bank belohnt. Foto: Julia Amrhein

Der Wein-Lese-Weg kann auch bei Rundtouren entdeckt werden. Eine davon rückt Steinheim in den Fokus.

Steinheim - Zwei Themen sind in Marbach und dem Bottwartal ein Dauerbrenner: Wein und Literatur. Da gibt es das Wein Lese Land Magazin, und auch auf den Wein Lese Tagen war ich natürlich schon mit dabei. Was mir aber gefehlt hat, das war der Wein-Lese-Weg, der sich auf 34 Kilometern von Benningen aus bis nach Beilstein und Winzerhausen zieht. Eine ambitionierte Strecke, doch zum Glück gibt es dabei auch verschiedene Rundtouren. Meine Wahl fällt auf die gut elf Kilometer lange „Tour 2“, die rund um Steinheim, Kleinbottwar und den Forsthof führt.

Start und Ziel der Wanderung ist der Parkplatz Murrinsel in Steinheim – sehr praktisch, das Auto ist gut aufgehoben und ein Frühstück am Marktplatz ist auch noch drin. Los geht es auf der anderen Flussseite – und schon auf der Murrbrücke erwartet mich eine herrliche Aussicht. Sofort kommt bei mir Urlaubsstimmung auf, als die Sonne so auf dem Wasser glitzert. Im Rucksack habe ich für alle Fälle einen Faltplan dabei, aber schon am anderen Ufer wartet eine Beschilderung in Sachen Wein-Lese-Weg auf Wanderer. So viel sei aber verraten: Später war ich über meine Karte dann doch noch sehr froh . . .

Direkt am Start der Tour entdecke ich auch schon meine erste Literaturtafel. 15  Stück gibt es davon insgesamt auf dem Wein-Lese-Weg, ich selbst komme an dreien vorbei. Jede ist einem Schriftsteller gewidmet und stellt diesen mit Zitaten und Anekdoten kurz vor. In diesem Fall ist es ein alter Bekannter: Friedrich Schiller. Von seiner Tafel aus führt mich der Weg an der Murr entlang. Und obwohl ich die Häuser noch sehen kann, herrscht hier eine herrliche Stille. Vogelgezwitscher und das Rauschen des Wassers begleiten mich. Zwischen den Bäumen entdecke ich die privaten Oasen von einigen Steinheimern: Hinter ihren Häusern haben sie am Ufer Stühle, Hängematten und Pavillons – so lässt es sich aushalten!

Doch für mich ist es dagegen erst mal mit der Ruhe vorbei. Ein Teil des Weges führt an der L1126 entlang, die ich auch queren muss. Hierauf hätte ich verzichten können: Schnelle Autos und Motorenlärm – nein, danke! Doch kaum bin im flotten Laufschritt auf der anderen Seite, gibt es das komplette Kontrastprogramm. Ein unbefestigter Weg führt mich direkt in die Weinberge. Ein Blick auf die Beschreibung fördert einen Warnhinweis für Wanderer zutage: „Steile Weinbergtreppen!“

Es wird auch eine Alternativroute durch die Stadt angeboten, aber wie schlimm kann der Aufstieg schon sein? Die Antwort: Sehr schlimm! Die Stufen sind ungleichmäßig hoch, Konzentration ist gefragt! Außerdem geht mir langsam die Puste aus. Mein Tipp: Nicht unbedingt nach oben schauen, denn das zeigt mir: Nicht einmal die Hälfte ist geschafft! Schritt für Schritt geht es also weiter, bis hinauf auf den Burgberg. Dort wartet mit Hündin Molly eine Entschädigung auf mich. Sie genießt mit ihrem Besitzer die Morgensonne und begrüßt mich freudig. Und eine Streicheleinheit tut ja Mensch wie Tier gut.

Wer mag, könnte hier eine kleine Rast einlegen und den herrlichen Blick über Steinheim genießen. Ich selbst beschließe aber, noch weiterzugehen – direkt in die Weinberge. Riesling, Lemberger  . . . hier baut das Weinfactum Bad Cannstatt seine Trauben an, die schon saftig und prall aussehen.

Und es bleibt weiter fruchtig: Zu beiden Seiten lösen Streuobstwiesen die Reben ab. Die Bäume hängen schwer mit Äpfeln beladen. Die kreativen Stütz-Konstrukte aus Holz und Seilen bringen mich wirklich ins Staunen! An der Abzweigung zur Burg Schaubeck darf ich dann den Autor Ludwig Uhland näher kennenlernen.

Obwohl die Burg äußerst sehenswert ist, halte ich mich an der Kreuzung weiter geradeaus und erreiche den Forsthof. Von Weitem ist schon das Schild zu sehen: „Biergarten geöffnet!“ Und zugegeben: Der Gedanke, jetzt gemütlich im Schatten zu sitzen, hat etwas Verlockendes. Denn die Sonne gab es auf dem Wanderweg in den Weinbergen nicht zu knapp. Der Rundweg führt mich jetzt auch genau dort wieder hin – diesmal aber zu den Reben der Bottwartaler Winzer. Entlang des Waldes muss ich laut Tourenplan „immer weiter den Benning hoch“. Sofort schießt mir die Weinbergtreppe in den Kopf. Doch dank der geteerten Wege ist der Aufstieg viel einfacher. Wenn es mal anstrengender wird, einfach den Blick kurz über das Bottwartal schweifen lassen.

Auf dem Benningkopf angekommen, wartet eine wunderschön mit Sternen und dem Mond bemalte Sitzbank auf mich. Die nutze ich jetzt für eine Rast, in der ich meine Notizen und Eindrücke zu Papier bringe. Auch mein Vesper verspeise ich hier in Gesellschaft der Literaturtafel von Johannes Nefflen. Kurz nach mir trifft eine weitere Dame ein. Gemeinsam versuchen wir alle Orte und Weiler zu benennen, die sich von hier oben entdecken lassen – und das sind eine ganze Menge! Aber ich möchte den Spaß nicht vorwegnehmen, lieber selbst rätseln! Während meine Pausenbekanntschaft im Anschluss zurück zum Forsthof will, geht es für mich die Weinberge hinab. Doch beim Abstieg erst mal ein Schrecken: Ich höre das Geschrei eines Greifvogels, doch am Himmel ist nichts zu sehen. Wieder ein aggressiver Schrei.

Hektisch überlege ich, was ich zu dem Thema gelesen habe: Einen Ast möglichst weit hochhalten, denn die Vögel greifen immer den höchsten Punkt an, oder? Doch schon an der nächsten Kurve die Entwarnung: Mein Angreifer ist lediglich eine akustische Vogelabwehr. Was es nicht alles gibt!

Im Tal angekommen, herrscht plötzlich Verwirrung. Bislang bin ich immer brav den Schildern gefolgt, doch hier zeigt das Wegkreuz nach rechts, während die Karte mich nach links schickt. Ich folge dem Schild, da ich so den Wasserbüffeln einen Besuch abstatten kann. Doch als ich in Großbottwar ankomme, werde ich stutzig: Das war doch nicht Teil meiner Route? Ich beschließe, umzudrehen und dem Faltplan zu folgen. Der führt mich nach Kleinbottwar und an der Sportanlage vorbei wieder zurück nach Steinheim. Was war denn da los? Im Internet finde ich die Antwort: Es gibt zwei Varianten der Tour. Meine ist die Kürzere, die Längere führt auf insgesamt 16 Kilometer noch durch Großbottwar und den Kälbling zurück. Vielleicht dann beim nächsten Mal . . .