Sven Mislintat (li.) und Thomas Hitzlsperger haben sich zu dem Fall des Spielers Silas geäußert. (Archivbild) Foto: dpa/Andreas Gora

Angreifer Silas vom VfB Stuttgart spielte offenbar jahrelang unter falscher Identität. Der Club hat den Fall öffentlich gemacht, die Verantwortlichen beziehen Stellung. Das sind ihre wichtigsten Aussagen.

Stuttgart - Silas Wamangituka war in der abgelaufenen Saison in der Fußball-Bundesliga in aller Munde. Der Offensivspieler des VfB Stuttgart feierte seine Durchbruch-Saison, trug sich nahezu wöchentlich in die Torschützenliste ein und kam auf insgesamt elf Tore und fünf Vorlagen. Auch aufgrund dieser Leistungen wurde er zum besten Newcomer der Runde gewählt.

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Er kam auf insgesamt 25 Ligaeinsätze, verletzte sich im Südschlager gegen den FC Bayern München schwer am Kreuzband, was das Saisonaus bedeutete. Seit diesem Dienstag ist der Spieler, den alle nur Silas nennen, nun wieder in aller Munde. Weil er nicht Wamangituka heißt. Sondern Katompa Mvumpa. Das machten der Club und der Spieler in einer Pressemitteilung transparent.

„Ich hätte diesen Schritt nicht gewagt, wenn Stuttgart, mein Team und der VfB für mich nicht eine zweite Heimat geworden wären, in der ich mich sicher fühle“, wird der Spieler darin zitiert. Er hoffe, mit seinem Schritt „auch anderen Spielern Mut machen“ zu können, „die ähnliche Erfahrungen mit Vermittlern machen mussten.“

In einer Presserunde haben sich die VfB-Verantwortlichen Thomas Hitzlsperger und Sven Mislintat nun zur Thematik geäußert. Wir fassen die wichtigsten Aussagen zusammen.

Thomas Hitzlsperger über ... die Vorgehensweise in den letzten Wochen

„Wir haben sofort, nachdem Silas sich uns anvertraut hatte, alle aus unserer Sicht nötigen Maßnahmen eingeleitet und die zuständigen Stellen eingeschaltet. Mitte Mai hat er erste Bruchstücke der Geschichte erzählt. Wir machen diesen ungewöhnlichen Fall ganz bewusst von uns aus öffentlich, um zu unterstreichen, dass wir so transparent vorgehen wollen, wie es mit Rücksicht auf den Schutz unseres Spielers möglich ist. Dass wir nicht alle Fragen zu diesem Zeitpunkt beantworten können, nehmen wir dabei in Kauf. Ich möchte mich sehr herzlich bei allen beteiligten Mitarbeitern, bei den Behörden, bei der DFL und beim DFB bedanken, die sich des Themas absolut gewissenhaft, professionell und diskret angenommen haben.“

Sven Mislintat über ... die Opferrolle von Silas

„In Bezug auf die Namensänderung ist er vor allem Opfer. Entsprechend werden wir ihn auch schützen. Ich habe große Hochachtung davor, dass er in seinem jungen Alter, fast auf sich allein gestellt und ohne Wissen um die Folgen den Schritt gewagt hat, seine Situation zu klären. Wir werden ihm weiter in jeder Hinsicht helfen.“

Sven Mislintat über ... Silas´ Zeit in Frankreich

„Silas hatte eine Spielberechtigung vom französischen Verband und formal geprüfte, glasklar korrekte Dokumente. Wir glauben, dass er kein Einzelfall in Europa ist. Er wurde unter falschen Versprechungen nach Frankreich gelockt und dort wurde ihm gesagt, dass es nur weitergehen könne, wenn er seinen Namen ändere und dann entsprechende Dokumente bekommen würde. Silas lebte im Haus seines Vermittlers, war quasi unter Aufsicht, sein alter Pass wurde einbehalten, bekam auch sein Gehalt nicht ausgezahlt. Das, was dem Jungen passiert ist, ist nicht nur nicht in Ordnung. Das ist kriminell.“

Sven Mislintat über ... die ersten Reaktionen auf den Fall

„Wenn wir das mit Menschenhandel beschreiben, dann kommen wir dem Thema schon sehr nah. Es ist bemerkenswert, mit welchem Mut Silas das Thema angegangen ist. Er hat dafür auch die richtigen Menschen in seinem Umfeld gebraucht, um sich anvertrauen zu können. Der Junge hatte richtig Angst vor diesem Tag, vor den Reaktionen. Aber wenn ich die ersten Reaktionen sehe, dann glaube ich, dass es ihm richtig Kraft gibt. Da kann man auch – wieder einmal – unserer VfB-Fangemeinde ein riesiges Kompliment machen.“

Sven Mislintat über ... den größeren Kontext der Thematik

„Das Allerwichtigste ist erst einmal, dass man für dieses Thema sensibilisiert. Wenn es durch diese Sensibilisierung gelingt, dass mehr Jungs ihre Geschichten erzählen und die Öffentlichkeit mehr darüber erfährt, könnte es sein, dass sich gewisse Dinge ändern. Wenn wir zu der Auffassung kommen, dass wir rechtliche Schritte einleiten können, werden wir das tun.“

Der VfB Stuttgart rechnet laut Thomas Hitzlsperger nicht damit, dass es zu einer Punkteabzug beinhaltenden Strafe seitens des Verbandes kommen wird. Dies bestätige auch die Aussage von Hans E. Lorenz, dem Vorsitzenden des DFB-Sportgerichts: „Es liegt eine durch die DFL wirksam erteilte Spielerlaubnis vor. Davon abgesehen sind beim DFB-Sportgericht keine Einsprüche gegen Spielwertungen anhängig. Diese können wegen Fristablauf auch nicht mehr eingelegt werden.“

Dr. Anton Nachreiner, der Vorsitzende des DFB-Kontrollausschusses, sagt dazu: „Der VfB Stuttgart hat den DFB über den Vorgang informiert. Der DFB-Kontrollausschuss wird die Angelegenheit im Hinblick auf ein mögliches sportstrafrechtliches Fehlverhalten des Spielers überprüfen.“