Martin Ziegler hat den geschichtsträchtigen Stein auf seinem Acker entdeckt. Foto: Werner Kuhnle

Der Landwirt Martin Ziegler hat auf seinem Acker in Großbottwar eine steinerne Getreidemühle aus der Jungsteinzeit gefunden. Nicht nur das Alter, auch die Herkunft des Gesteins hat zunächst Rätsel aufgegeben.

Großbottwar - Selbst der erfahrene ehrenamtliche Denkmalpfleger Markus Pantle war überrascht, als gleichsam die Jungsteinzeit an seiner Haustür in Großbottwar klopft: Sein Nachbar Martin Ziegler steht mit einem großen Stein unter der Türe. Die beiden sind Nachbarn, kennen und schätzen sich. Schnell hat er den Landwirt samt dem rund 62 Zentimeter langen, 23 Zentimeter breiten und rund sieben Zentimeter starken gewölbten Stein in sein Büro hereingebeten. Salopp gesagt hat der Stein die Form einer etwas plattgequetschten Banane. Wie sich später herausstellen sollte, handelt es sich um den sogenannten Unterlieger, also die Unterseite einer Getreidemühle. Der kleine bewegliche Läuferstein oben drauf zerreibt dann das Getreide zu Mehl.

Die Neugier Pantles war geweckt. Pantle ist nicht nur Architekt im Berufsleben, sondern ehrenamtlich Beauftragter des Landesdenkmalamtes. Und was Ziegler da in den Händen hielt, versprach eine aufregende Forschungsodyssee. Denn der Stein war nicht von hier, sondern sah eher nach Urgestein aus. Wie ein Detektiv machte sich Pantle auf die Suche nach Antworten.

Ehemaliger römischer Gutshof

Für Martin Ziegler hat sich die Jungsteinzeit mit einem kräftigen Rumms bemerkbar gemacht. Der Pflug des Großbottwarer Landwirts hatte einen großen Gegenstand aus dem Boden seines Ackers im Gewann Mäurach förmlich herausgerissen. Die meisten Landwirte würden schon aufgrund von Zeit- und Termindruck möglicherweise weiterfahren. Nicht so jedoch der Seniorchef vom Hofgut Lohhof in der Storchengemeinde. Dabei hat er momentan ohnehin alle Hände voll zu tun. Mit seiner Tochter stellt er das Hofgut Loh auf Biobetrieb um.

Ziegler sagt zum entscheidenden Augenblick trocken: „Bei dem Acker ist man es ja gewohnt, dass es rumpelt.“ Doch geistesgegenwärtig steigt der wissbegierige Landwirt von seinem Traktor und findet unter den Pflugscharen einen großen Stein. „Der hat aber eine seltsame Form“, sagt ihm sein Bauchgefühl über den Fund. Der Acker liegt im Gewann Mäurach nicht weit neben dem ehemaligen römischen Gutshof. Vom Zentrum Großbottwars bis hierher ist es gerade einmal etwas über einen Kilometer.

Doch nicht umsonst ist der Vollblut-Landwirt sensibilisiert. Schon im Jahr 2013 ist Ziegler auf Überreste eines ehemaligen römischen Gutshofes gestoßen, nicht weit von der heutigen Fundstelle entfernt.

Ein Stein geht auf Reise

Die damaligen Funde sind längst akribisch vermessen und kartografiert. Markus Pantle hat liebevoll alle Fundstücke beschriftet und bewahrt sie fachmännisch auf. Martin Ziegler hatte damals buchstäblich Gras über die Sache wachsen lassen und fortan auf jegliches Pflügen verzichtet. Denn mit jeder weiteren Pflugschar hätten weitere Strukturen der ehemaligen Gutshofanlagen unwiderruflich verloren gehen können. „Martin Ziegler hat dadurch nicht nur Gespür und Feinsinn für die Zeugnisse und Relikte bewiesen, sondern auch sein Eigeninteresse zugunsten der Allgemeinheit hintangestellt – eine rare Tugend“, bedankte sich der Denkmalschutz-Experte Christian Bollinger.

Der promovierte Denkmalpfleger im Landesamt ist auch beim Blick auf den jüngsten Fund des Landwirts sichtlich beeindruckt. Er bescheinigt der Handmühle eine weite Reise bis in unsere Heimat. Das aktuelle Fundstück aus dem Flurbereich Mäurach besteht aus rosafarbigem, körnigem Granit. Das bestätigt auch Richard Vogt vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau in Freiburg: „Bei dem Fundstück handelt es sich um einen 2-Glimmer-Granit des sogenannten S-Types als Ergebnis der Aufschmelzung von Sedimentgesteinen.“ Für den Laien leicht verständlich bedeutet das: Der Stein ist nicht von hier.

Glücklicher Finder

Im Südwesten gibt es solche Gesteinsvorkommen nur im Bühlertal und rund um Forbach im Schwarzwald. Genauso gut käme der noch viel weiter entfernte Bayerische Wald in Frage. Schon damals muss es also Handelswege für solche schweren Werkzeuge gegeben haben, über die wir bis heute so gut wie nichts wissen. „Weil hier auf unseren Lössböden viel Getreide angebaut wurde, gab es hier reißenden Absatz für solche Mahlsteine“, vermutet Pantle.

Und nach der Begutachtung durch die Experten des Landesdenkmalamts sowie die Kollegen für Geologie ist Martin Ziegler zwischenzeitlich auch wieder im Besitz des geschichtsträchtigen Steines. „Wie immer geht das Fundstück an den Finder zurück“, erklärt Pantle. Das ist dem ehrenamtlichen Denkmalpfleger wichtig. Erst durch die gelungene Zusammenarbeit zwischen dem Landwirt Ziegler und den Denkmalspezialisten der Behörde sei dieser Fund überhaupt ans Tageslicht gekommen, betont er und freut sich über die gelungene Zusammenarbeit.