In Kirchengemeinden geben sich Menschen gleichen Geschlechts bereits das Ja-Wort. Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Homosexuelle Paare sind eine Selbstverständlichkeit – es wäre gut, wenn der Vatikan das auch so sähe.

Kreis Ludwigsburg - Triebhaftes Verlangen sexuellen Begehrens ist eine Quelle menschlicher Daseinsfreude. Kein Geringer als Papst Franziskus hat das 2016 den katholischen Gläubigen in seinem Schreiben Amoris Letitiae sinngemäß so mitgeteilt. Trotzdem verweigert der Vatikan homosexuellen Paaren die Segnung – woran sich jedoch nicht nur rund 2500 Seelsorger erklärtermaßen nicht halten, sondern was auch für Ärger und Kirchenaustritte geführt hat. Das ist schade, denn die Kirchengemeinden sind viel aufgeschlossener.

Die Lehrworte aus Rom werden in Zeiten von längst gesellschaftlich etablierten Regenbogenfahnen und Christopher-Street-Days als nicht mehr zeitgemäß empfunden. Dabei hat die katholische Kirche sich schon in den 1960er-Jahren mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine Öffnung verschrieben, die vom Lehramt immer noch nicht eingelöst worden ist. Demnach können nicht nur aus – einseitig ausgelegten – Bibelstellen, sondern durchaus auch aus den Erfahrungen der Menschen Erkenntnisse für den Glauben gewonnen werden.

Paare wollen treu und liebend in einer Beziehung verbunden bleiben

Will die katholische Kirche vermeiden, dass ihr angesichts weltfremder Verbote noch mehr Menschen davonlaufen, sollte sie sich an theologischen Wissenschaftlern wie Professor Bernd Hillebrand orientieren, der frühere kirchliche Positionen nicht als zeitlose Wahrheiten ansieht, sondern Bibelstellen mit ihrem jeweiligen Zeitgeist und den Erkenntnissen heutiger Humanwissenschaftler über gelingendes Leben abgleicht. Dabei geht es im Kern darum, Menschen die Sicherheit zu geben, dass sie so, wie sie sind, bedingungslos akzeptiert und in der Kirche willkommen sind. Und dass ihr Wunsch, mit ihrer Sexualität einander treu und liebend in einer Beziehung verbunden zu bleiben, durch eine Feier unterstützt wird.

Auch die Behörden haben den Umgang mit Homo-Paaren verändert

Gesprächsabende wie der der katholischen Kirchengemeinde Marbach, an dem am Montagabend auch ein verheiratetes Frauen-Paar teilnahm, weisen den Weg, wie die Kirche vor Ort verlorenes Vertrauen zurückgewinnen kann. Es sind Erzählorte, an denen zugehört und sich Mut zugesprochen wird. Es ist noch nicht lange her, dass die Behörden von einer „Verpartnerung“ sprachen und in Landratsämtern relativ nüchtern möblierte Räume die geschmückten Trauzimmer in Rathäusern ersetzten. Auch die Kirche hat die Chance, sich zu verändern. Das erfordert Mut, auch von den Bischöfen.

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