Luftreinigungsanlagen können laut Kultusministerium in Klassenzimmern eingesetzt werden, die schlecht zu lüften sind. Foto: imago images/Trotec

In Murr sammeln Eltern Unterschriften für Geräte – die Verwaltung und die Schulleitung lehnen eine Anschaffung ab.

Murr - Aus Sorge über mögliche Corona-Infektionen in Klassenräumen haben einige Eltern der Lindenschule in Murr eine Unterschriftenaktion gestartet. Sie fordern die Anschaffung von Luftreinigungsanlagen eines bestimmten Anbieters aus Freiberg. Die Murrer Verwaltung und die Schulleitung lehnen die Investition aber ab. Sie verweisen darauf, dass auch mit solchen Anlagen regelmäßig gelüftet werden müsse.

Der Initiator Klaus Renninger hat nach eigenen Angaben bisher rund 50 Unterschriften gesammelt. Der Vater eines Schülers der Murrer Grundschule will die Ansteckungsgefahr in den Klassenzimmern reduzieren und so einen dauerhafte Schulbetrieb erhalten. „Stoßlüften reicht nicht, weil Viren im Raum bleiben – das Kind ist schon in den Brunnen gefallen, wenn eine CO2-Ampel anzeigt, dass gelüftet werden muss“, sagt der Unternehmer. Das Gerät des Freiberger Herstellers ProLog, für das sich Renninger einsetzt, deaktiviere Coronaviren. So würde sich die Luftqualität in den Klassenräumen ganz entscheidend verbessern.

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Eine Anschaffung lehnt der Murrer Bürgermeister Torsten Bartzsch jedoch ab. Er empfing am Dienstag Renninger und den ProLog-Mitarbeiter Berhan Kurthan und hörte sich deren Argumente an. Doch auch nach dem mehr als einstündigen Gespräch blieb der Verwaltungschef bei seiner Linie: „Die Räume an unserer Schule sind alle gut belüftbar.“ Die Gemeinde habe sich auf CO2-Ampeln festgelegt. Beim Einsatz von Luftfiltern und ähnlichen Geräten blieben CO2 und Atemfeuchtigkeit im Raum. „Es muss deshalb trotzdem regelmäßig gelüftet werden.“ Bisher sei es an der Grundschule und an den Kindergärten noch zu keinen größeren Corona-Ausbrüchen gekommen.

Die Lindenschule verfolgt eine konsequente Teststrategie

Ebenfalls keine Notwendigkeit sieht Annett Marchand, Leiterin der Murrer Lindenschule. Das Hygienekonzept sei mit dem Elternbeirat klar besprochen. Bei der Unterschriftensammlung handele es sich um eine „Vier-Väter-Initiative“. Marchand setzt in der Coronapandemie auf eine konsequente Teststrategie: Etwa 260 Kinder an der Schule würden montags, mittwochs und freitags an der Schule getestet. Es sei auch nicht so, dass die Kinder frieren müssten, denn die Fenster würden bloß zum Stoßlüften – und nicht mehr wie früher durchgängig – geöffnet.

Grundsätzlich unterstütze der Gesamtelternbeirat der Schule solche Initiativen, erklärt die Vorsitzende Annika Pfuderer. „Uns erschließt sich aber der Mehrwert nicht.“ Denn die Masken- und Quarantänepflicht würden trotz des Betriebes bestehen bleiben. Zu den Geräten gebe es ungeklärte Fragen.

ProLog-Mitarbeiter: Oberriexingen dient als Referenzadresse

Die von ProLog angebotenen Luftreiniger funktionieren auf der Basis der Ionisierungstechnologie. Dabei wird Ozon frei, das Mikroorganismen wie Bakterien und Viren inaktivieren könne, teilt das Umweltbundesamt (UBA) mit. Geräuschentwicklung und Wartung seien geringer als bei filtrierenden Geräten. Dem UBA lägen aber keine Daten vor, wonach die im Handel gängigen Geräte in Klassenräumen einen wirksamen Schutz vor Covid-19-Viren böten. Generell sollte eine Schule die Wirksamkeit mit dem Hersteller überprüfen.

Bereit für eine Vorführung ist Berhan Kurthan von ProLog. „Die Röhren halten rund fünf Jahre bei einem 24-Stunden-Betrieb.“ Er verweist auf seine Referenzadressen, zu denen Oberriexingen, Leingarten und Münsingen zählten. Die Geräte kosteten rund 2700 Euro mit Wartungskosten von 450 Euro für fünf Jahre bei einem Stromverbrauch von 30 Watt, einem niedrigen Emissionswert von 33 Dezibel sowie einem Ozonausstoß von einem Sechstel des erlaubten Grenzwertes.

Noch längst nicht alle Fördermittel für Luftfilter sind abgerufen

Nicht grundsätzlich gegen eine Förderung von Luftreinigungsanlagen mit Ionisierungs- und Plasmatechnologie ist das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg. „Es ist abzuwägen, welche Nebenprodukte, wie Ozon, anfallen“, sagte ein Sprecher. Auch könnten virenbelastete Filter oder offene Strahlungsquellen bei anderen Anlagen Schülern schaden.

Obwohl das Land über begrenzte Fördermittel verfüge, seien immer noch nicht alle Mittel abgerufen, teilt das Kultusministerium mit. Stand jetzt hätten die Kommunen nur Fördermittel von 51,1 der insgesamt 70  Millionen Euro abgerufen. Die Fördermittel des Bundes gelten nur für eingeschränkt belüftbare Räume und über Zwölfjährige. Davon seien im Land nur 16,7  Millionen der verfügbaren 26 Millionen Euro abgerufen worden.

In Oberstenfeld hat sich eine Elterninitiative erfolgreich bemüht

Dass Elterninitiativen Erfolg haben können, zeigt das Beispiel Oberstenfeld. Dort hat die Gemeinde für ein 36-monatiges Leasing von 13 Filtergeräten der Firma Mann + Hummel an der Lichtenbergschule für rund 30 000 Euro eine 50-prozentige Landesförderung erhalten. Die Eltern sammelten Spenden von 5500 Euro und wollen den Gemeindeanteil am Ende möglichst halbieren, sagt Meriam Käfer, Vorsitzende des Gesamtelternbeirats.