Jetzt bleibt Rolf Englert auch mehr Zeit fürs Fotografieren. Foto: Werner Kuhnle

Der Steinheimer Ordnungsamtsleiter Rolf Englert wird am Dienstag in den Ruhestand verabschiedet.

Steinheim - Er ist die Gelassenheit in Person. Selbst bei kontrovers diskutierten Themen in Ratssitzungen oder in Bürgerversammlungen, in denen auf die Verwaltung Vorwürfe niederprasselten, geriet Rolf Englert nie aus der Balance – zumindest nach außen hin. Denn der scheidendende Steinheimer Ordnungsamtsleiter beschreibt sich selbst als durchaus impulsiver Mensch, der auch mal auf den Tisch haut und laut wird. „Aber im Lauf der Jahre habe ich gelernt, mich zu beherrschen“, sagt Englert, der am Montag seinen 63. Geburtstag feiert. Morgen wird er in der Ratssitzung von Verwaltung und Gremium nach 38 Jahren Amtszeit verabschiedet. Ein Moment, auf den er sich freut und durch den er sich auch geehrt fühlt.

38 Jahre lang war er der Chef des Ordnungsamtes. Gleich nach der Ausbildung zum gehobenen Verwaltungsdienst an der Fachhochschule in Stuttgart übernahm Englert die Führungsposition auf dem Rathaus der Urmenschstadt. „Bis dahin kannte ich Steinheim nicht“, erzählt der 63-Jährige, der aus Oberkochen stammt. Vier Bürgermeister hat Englert in den 38 Jahren erlebt: Ulrich, Scholz, Rosner und Winterhalter. Mit allen kam er zurecht.

Der Start ins Berufsleben war nicht einfach, erinnert sich Englert. „Als ich kam, war ich der Benjamin unter den Amtsleitern. Mittlerweile bin ich der Älteste.“ Als größten Brocken habe er die Personalverantwortung empfunden. „Ich finde es gut, dass die Studenten heute die Möglichkeit haben, sich auf das Thema Personalführung vorzubereiten.“ Die Liste der Sachthemen, die Rolf Englert beinahe vier Jahrzehnte lang beackert hat, war lang: Verkehr, Obdachlosen- und Geflüchteten-Unterbringung, Sozialwesen, Wahlen, öffentliche Sicherheit und Ordnung sowie die Vorbereitung großer Veranstaltungen wie beispielsweise den Bottwartal-Marathon, den mz-3athlon oder das Marktplatzfest in puncto Verkehrsrecht.

Was hat sich verändert in den Jahren? Rolf Englert muss nicht lange überlegen. Der Ton ist rauer geworden und der Druck seitens der Bürgerschaft größer. „Heute muss man jederzeit damit rechnen, dass Bürger, die eine Entscheidung vielleicht nicht verstehen, Druck ausüben – auch über die Medien.“ Bürger sind emanzipierter geworden – was der Verwaltungsmann an sich nicht schlecht findet. „Dennoch hätte ich mir manchmal gewünscht, dass man erst einmal ins Gespräch geht, um auch die Chance zu bekommen, Entscheidungen oder Dinge erklären zu können.“ Wütende Bürger am Telefon? Das gehörte schon fast zum Alltag des Ordnungsamtsleiters. Dennoch: „Meine Aufgabe ist für mich der interessanteste Beruf in der Hierarchie einer Verwaltung, weil er so viel mit Menschen zu tun hat.“

Nicht erst mit 65 Jahren in den Ruhestand zu gehen, sondern früher aufzuhören, mit diesem Gedanken trägt sich Englert seit zwei Jahren. „Die Zahl der Überstunden ist ausgeufert, ich war jeden zweiten Samstagvormittag im Büro und hab’ mich dann irgendwann gefragt, ob das jetzt ein Dauerzustand wird. Irgendwann denkt man auch drüber nach, was einem wichtig ist und was man noch erleben möchte.“ Den Entschluss, früher aufzuhören, hat Englert nicht bereut. Eigentlich müsste der 63-Jährige noch bis Ende Februar arbeiten, doch durch Urlaub und Überstunden räumte er seinen Schreibtisch schon Ende November leer – und genießt seitdem die Zeit für seine Hobbys und die Familie. Rolf Englert spielt Volleyball, ist Mitglied der Freizeitsportgruppe „Faule Säcke“ und geht mindestens einmal in der Woche Laufen. „Sport spielt eine große Rolle in meinem Leben. Meine Frau und ich sind auch leidenschaftliche Wellarium-Besucher und freuen uns schon jetzt auf die Eröffnung.“

Wichtig ist dem 63-Jährigen auch sein Glaube und die Mitarbeit in der evangelischen Kirchengemeinde, wo er im Musikteam den Part des Gitarristen innehat. „Ich könnte mir vorstellen, da mehr zu machen, aber das wird sich zeigen.“ Jetzt will Rolf Englert erst einmal die Zeit genießen – auch den wöchentlichen Besuch bei den drei Enkeln im Hohenlohischen. Die Zeit, in der der Alltag von Druck und Stress geprägt war, gehört der Vergangenheit an. „Und ich bin mir durchaus bewusst, dass es ein Privileg ist, so früh aufhören zu können.“