Eberhard und Bettina Lenz sagen Ade zu ihren Gästen. Foto: Werner Kuhnle

Die Bürgerschenke in der Benninger Gemeindehalle schließt zum Jahresende. Die langjährigen Pächter, Eberhard und Bettina Lenz, gehen in den Ruhestand.

Benningen - Wir kommen noch mal, bevor ihr aufhört“, sagt ein Gast. „Wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt“, betont ein anderer. Die Bürgerschenke in Benningen ist an diesem Donnerstagmittag Mitte Dezember noch gut gefüllt, obwohl es schon 14 Uhr durch ist. Es herrscht Abschiedsstimmung. Die Pächter des Gemeindehallen-Restaurants, Eberhard Lenz und seine Frau Bettina, hören zum 31. Dezember auf und gehen in den Ruhestand – nach 39 Jahren in der Bürgerschenke.

Eine Zeit, in der sie viele haben kommen und gehen sehen. Eberhard Lenz war gerade mal 25 Jahre alt, als er sich darum bewarb, die gute Stube der Gemeinde Benningen zu übernehmen. „Ich wollte selbstständig sein“, sagt der heute 64-jährige Koch, der in Monrepos gelernt hat. 1982 hat er seinen Meister gemacht, am 1. Februar 1983 eröffneten er und seine Frau die Bürgerschenke in Benningen.

Manche essen seit 39 Jahren das Gleiche

Seither hat sich viel getan – aber manches auch nicht verändert. „Ich habe Gäste, die essen seit 39 Jahren das Gleiche“, berichtet Lenz. Er weiß auch, wer keinen Gurkensalat mag oder welcher Gast Pfeffersteak ohne Pfeffer bestellt. „Die Pfefferkörner seihe ich dann aus der Sauce heraus“, sagt der Küchenmeister, der fast jeden Wunsch seiner Gäste möglich macht. Kein Schnittlauch auf der Suppe, keine Pilze im Geschnetzelten? „Ist doch kein Problem, ich koche ja alles frisch“, sagt Eberhard Lenz.

Frisch zum einen – und in atemberaubendem Tempo zum anderen. Am Tag sind es circa 100 Essen, die aus seiner Küche kommen. 3000 im Monat. Darunter im November 630 Steaks, 550 Fisch- und 660 Wildgerichte. Jetzt, im Ruhestand, muss Eberhard Lenz die Mengen deutlich herunterschrauben. Kochen wird er weiterhin – „einfach, weil ich es schneller kann als meine Frau“, sagt er lachend. Seine Frau sei in der komfortablen Lage, sich künftig jeden Tag das zu essen wünschen zu können, wonach ihr der Sinn steht. „Das haben wir schon im Lockdown so gemacht“, berichtet das Ehepaar. „Was auch immer es gibt, das Schnibbeln ist kein Problem, ich muss nur rechtzeitig aufhören“, sagt der Koch. Und bei den Mengen der Beilagen für zwei Personen vertut er sich noch regelmäßig.

„Wir hatten schon verrückte Zeiten“

Für viele Menschen zu kochen – das hingegen ist Eberhard Lenz immer leichter gefallen. Drei Hochzeiten oder sechs bis sieben Konfirmationen gleichzeitig: „Da geht es dann schon rund“, sagt Bettina Lenz, und ihr Mann ergänzt: „Da muss ich dann halt schneller schaffen.“ Von dem einen oder anderen Azubi abgesehen, war Eberhard Lenz immer der einzige Koch in der Küche der Bürgerschenke. „Man muss halt gut koordinieren“, sagen die beiden achselzuckend, räumen aber ein: „Wir hatten schon verrückte Zeiten.“

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Zeiten, die beide vermissen werden. Der Silvesterabend ist das letzte Mal, dass das Ehepaar seine Gäste bewirtet. Und danach sicher noch mit dem einen oder anderen anstößt. „Das wird emotional“, sagt Bettina Lenz. „Da krieg’sch dann a Tischdeck“, antwortet ihr Mann. An denen mangelt es den Lenzens ja zum Glück nicht. Ebenso wenig wie an Gläsern, Geschirr, Besteck und Deko. Für Letzteres war immer Bettina Lenz zuständig. Die gelernte Floristin ist die Seele des Betriebs, wie ihr Mann betont. „Ich mach’ den Rostbraten, sie hat den Kontakt zu den Gästen. Ich weiß viel, aber sie weiß alles.“ Eberhard Lenz kennt die Namen seiner Gäste, seine Frau weiß, wann deren Oma gestorben ist oder ob das Babyle schon laufen gelernt hat.

Apropos Baby. Vor einem guten Monat sind Eberhard und Bettina Lenz Opa und Oma geworden. Die kleine Emma wohnt mit ihren Eltern in Sachsen, und die Großeltern haben jetzt die Zeit, immer mal wieder dorthin zu fahren. Zeit, die bislang in dem Maße nie da war. Zwar hatte die Bürgerschenke zweimal im Jahr Betriebsurlaub – ansonsten war aber nie zu. Nur ein einziges Mal war Eberhard Lenz in all den Jahren im Krankenstand.

Sechs Tage die Woche, 80 Stunden minimum

Zeit für Privates blieb nur jeden Dienstag – der Ruhetag in der Gaststätte. Das Restaurant war Eberhard Lenz’ Berufung, sechs Tage die Woche, 80 Stunden minimum. Er war der Erste, der morgens kam, und der Letzte, der abends ging. Ein typisches Wochenende: samstags um 7 Uhr in den Großmarkt, Feierabend um 3.30 Uhr. Sonntags um 7.30 Uhr in die Küche, heimkommen um 22.30 Uhr.

Das wird sich nun ändern. Einen Vorgeschmack auf den Ruhestand bekam das Ehepaar schon im siebenmonatigen Lockdown. „Da durften wir ja schon trainieren“, so Lenz. Und die Erkenntnis: „Wir haben es überlebt“, sagt er lachend. Aber vermissen, da ist er sich sicher, wird er die Bürgerschenke schon.