Alexander Renz hat schon länger einen Milchautomaten. Neu ist der Verkaufsautomat, den er selbst bestücken kann. Foto: Werner Kuhnle

Neben Orten wie Oberstenfeld, Kirchberg oder Affalterbach befindet sich ab sofort auch ein Selbstbedienungsautomat auf dem Bauernhof der Familie Renz in Höpfigheim.

Region - Das Leben besteht aus Veränderung. Und die gibt es auch beim Konsumverhalten. Verbraucher schätzen regionale Waren zunehmend. Der Fokus liegt zudem auf einer gesunden Ernährung. Viele Menschen wünschen sich gute Lebensmittel sogar spontan zur Verfügung zu haben. Erwartungen, denen der Höpfigheimer Landwirt Alexander Renz und sein Mitarbeiter Maik Schiele, gerecht werden wollen. Bei ihren betriebswirtschaftlichen Überlegungen berücksichtigen sie Verbraucher-Erwartungen – und schrecken auch vor Investitionen nicht zurück.

Einen Milchautomaten gibt es auf dem Renz’schen Häslachhof schon einige Zeit. Dort kann jederzeit Frischmilch gezapft werden. Für eine Produktpalette frischer, regionaler Erzeugnisse aber musste etwas anderes her: Ein Verkaufsautomat. Der kostet rund 15 000 Euro und hilft die Selbstbedienungsidee auf dem Hof umzusetzen. Der gewählte Automat hat individuell befüllbare Schübe und steht direkt neben dem Milchautomaten. „Mit der Neuanschaffung können sich unsere Kunden nun umweltbewusst und qualitativ hochwertig mit Produkten ernähren, die aus der Umgebung stammen“, so Renz. Und das völlig unabhängig von Ladenöffnungszeiten. Da das Innenleben des Automaten „wie ein Legosystem höhen- und breitenverstellbar ist“, kann der Landwirt ganz unterschiedliche Produkte anbieten.

Den Überlegungen wie das Sortiment gestaltet wird, liegt der Gedanke zugrunde, dem Verbraucher im Gesamtpaket all das zu bieten, was ihn komfortabel in die Lage versetzt, sich eine Mahlzeit zubereiten zu können. Egal ob Frühstück, Mittag oder Vesper. Seit gut zwei Wochen lassen sich in dem gekühlten Automaten deshalb Eier, Nudeln, Rapsöl, Frischkäse, Honig, Joghurt, Müsli, Kartoffeln, aber auch Wurst und Putenfleisch finden. Letzteres in Form von Gyros und Schnitzel.

„Alles ohne große Wege“ versteht sich. Denn allein kann Alexander Renz, von dem derzeit nur Milch bezogen werden kann, die bunte Angebotspalette nicht stemmen. „Ich greife auf regionale sowie hochwertige Waren aus meinem Umfeld zurück.“ Joghurt und Frischkäse etwa kommen vom Bauernof Eppinger aus Remseck, die Dosenwurst von der Steinheimer Metzgerei Sumser. Ab August soll es auch Kartoffeln und Zwiebeln geben, vom Acker der Familie Renz stammen.

Der Affalterbacher Obsthof Gunßer arbeitet bereits seit Dezember 2018 mit dieser zusätzlichen Verkaufs-Option – und mit beinahe demselben Angebot wie auf dem Häslachhof. Direkt vor dem Hofladen steht der Selbstbedienungsautomat, der zudem die eigenen Äpfel im Angebot hat. Im Sommer wird es auch noch frische Beeren geben. Lisa Gunßer weiß, dass „der Automat gerade sonntags, wenn der Laden geschlossen hat, sehr gut angenommen wird. „Wir kommen oft gar nicht mit dem Auffüllen nach“. Und weil der Laden im Winter nur an drei Tagen geöffnet hat, sei es wichtig, die Kunden auch außerhalb der Öffnungszeiten leichten Zugang zu Grundnahrungsmitteln hätten. Die Obstbäuerin schätzt den Automaten auch aus einem weiteren Grund: „Es gibt Kunden, die wollen nichts lagern und lieber spontan einkaufen. Wieder andere lieben es, nicht planen zu müssen“, so Gunßer, die aber auch das Manko der Automaten kennt: Es fehle jegliche Beratung. „Außerdem müssten die Dinger noch ein wenig zuverlässiger werden. Wenn einmal etwas klemmt, dann geht gar nichts mehr“.

In Kirchberg finden die Verbraucher gleich zwei Automaten, die sie mit Lebensmitteln versorgen. Beim Trainingswerk bestückt der Zwingelhausener Landwirt Tobias Fritz die stummen Verkäufer mit frischen, regionalen Nahrungsmitteln. Bauer Renz bezieht übrigens von dort die frischen Eier für seinen Automaten.

In Oberstenfeld steht neben Werzalit ebenfalls ein Selbstbedienungsangebot. Das wird vom Obstbau Wagner bestückt, um die Kunden mit den frischen Äpfeln zu versorgen. Sechserlei Sorten finden in je 3-Kilogramm-Beuteln in insgesamt 36 Fächern, die einzeln zu öffnen sind, ihren Platz. Auch Apfelsaft ist dabei. Ebenfalls in Oberstenfeld findet der Kunde einen stummen Verkäufer beim Geflügelhof Heß. Direkt am Parkplatz des Hofladens steht der gekühlte Automat, der neben frischen Eiern auch Waren wie Grillfleisch, Dosenwurst, Honig, Marmelade und Milch im Angebot hat.

Der Pionier unter den Anbietern aber ist die Metzgerei Ochsen in Oberstenfeld. Deren Selbstbedienungsautomat versorgt bereits seit vier Jahren die Kundschaft außerhalb der Ladenzeiten. Die Erfahrung damit zeigt, dass sich die Anschaffung für Metzger Moritz Kori gelohnt hat. „Besonders im Sommer. Wenn nämlich die Grillsaison losgeht, wird der Automat sonntags oft dreimal nachgefüllt. Sonst reicht es gewöhnlich einmal täglich“, sagt Kori. Schwäbisch-Hällische Fleisch-Produkte, die selbst gemachte Wurst oder Steaks vom Älbler Dangelhof finden sich hier neben süßen Getränken in den Selbstbedienungsautomaten, die zwar manchmal, „aber glücklicherweise nicht sehr oft, Probleme mit dem Klemmen haben“.

Und auch ein zweiter Metzger hat sich im Bottwartal mit dem stummen Verkäufer angefreundet. Im Dezember 2019 stellte der Steinheimer Fleischer Bernd Tafelmaier seine Wurst- und Fleischwaren auch außerhalb der Verkaufszeiten zur Verfügung. Die Winterbestückung besteht beim ihm aus Maultaschen, Semmelknödeln, Fertiggerichten, Vesperwürsten, Dosenwurst und nicht mariniertem Fleisch. Letzteres soll sich im Sommer ändern, wenn das Fleisch dann mariniert wird, um beim Kunden auf den Grill zu kommen. Grillwürste ergänzen im Sommer das Fleisch-Angebot. Bernd Tafelmaier ist jetzt schon angenehm überrascht davon, wie gut der Selbstbedienungsautomat angenommen wird. Er plant bereits den Automaten mit einer weiteren Kühlbox zu erweitern, um fürs Wochenende sogar ein größeres Sortiment anbieten zu können.

Und völlig unbeabsichtigt zeigt sich derzeit auch noch ein zusätzlicher Nutzen für die Kundschaft: Die Automaten verkaufen ihre Waren nämlich ohne jeglichen Personenkontakt. In Zeiten von Corona ein möglicher Infektionsschutz.