Die Verteidigung will noch die Beifahrerin des Mannes anhören. Foto: Archiv (dpa/Arne Dedert)

Ein 33-Jähriger steht wegen Körperverletzung und Beleidigung vor dem Amtsgericht Marbach. Er und ein 80-Jähriger sollen sich nach einem Überholmanöver geprügelt haben.

Marbach - Zur Linken der Neckar, zur Rechten das beschauliche Marbach – doch weder für das Eine noch das Andere hatten zwei Autofahrer im September 2019 auch nur ein Auge. Vielmehr wurde die Straße in Richtung der Schillerstadt zur Kulisse ihres handfesten Streits, der nun juristisch am Amtsgericht Marbach aufgearbeitet wurde. Der jüngere der beiden Männer ist der Körperverletzung und Beleidigung angeklagt und ist nach diesem Vorfall aus Sicht der Staatsanwaltschaft für den Straßenverkehr ungeeignet.

Mitte September fuhr der 33-Jährige aus Eppingen den Ermittlungen zufolge mit seinem Audi auf dem einspurigen Abschnitt zunächst sehr dicht auf den vor ihm fahrenden VW-Geländewagen auf, um ihn schließlich trotz durchgezogener Linie zu überholen. An der nun folgenden roten Ampel stieg der betagte Fahrer des Touareg aus, um den Audifahrer „auf sein krasses Verhalten aufmerksam zu machen“. Doch der spuckte ihm zuerst ins Gesicht und stieg seinerseits ebenfalls aus. Es folgte ein Gerangel, bei dem beide Männer zu Boden gingen. Beide trugen einige Schürfwunden und Kratzer davon, der 80-Jährige Fahrer allerdings auch noch drei gebrochene Rippen.

Weil für den jüngeren Mann jedoch „nur ein Teil der Anklage wahr“ ist, legte er gegen den Strafbefehl Einspruch ein, der ihm schließlich im Februar 2020 ins Haus flatterte. Daraufhin setzte das Gericht nun also einen Verhandlungstermin fest und lud dazu fünf Zeugen ein, um sich ein Bild der Situation von damals machen zu können und zu ergründen, was das Ziel des Einspruchs war.

„Ich möchte mit offenen Karten spielen“, erklärte Richterin Ursula Ziegler-Göller dem Angeklagten zu Beginn der erheblich verspätet startenden Verhandlung am Dienstag. Nach Aktenlage bestätigten mehrere Zeugen den Vorfall so, wie er nun angeklagt sei, andererseits bestehe für sie aber auch kein Zweifel daran, dass der Touareg-Fahrer überreagiert habe. Der Führerschein, der seit sieben Monaten eingezogen ist, wäre Stand heute ohnehin nur noch für dreieinhalb Monate weg.

Die Verteidigung erläuterte daraufhin, dass der 33-Jährige bei seiner Arbeit als Schweißer nicht so viel Geld verdiene, wie von der Staatsanwaltschaft im Strafbefehl zugrunde gelegt worden war. Zudem zahle er Unterhalt für eine Tochter und müsse darüber hinaus auch noch weitere Schulden bedienen.

Das Gericht signalisierte daraufhin, sich einen niedrigeren Tagessatz vorstellen zu können. Doch auch nach einem langen Gespräch mit seiner Verteidigerin blieb der Angeklagte dabei: Er habe sich lediglich gegen die Angriffe des anderen Autofahrers zur Wehr gesetzt.

Zwei Zeugen gaben zu Protokoll, dass sie gesehen haben, wie der ältere Herr aus seinem Auto ausstieg, an den Audi herantrat und kurze Zeit später ein Gerangel entstand. Wer jedoch zuerst handgreiflich wurde, ob gespuckt wurde und was dazu führte, dass die Männer am Boden landeten, war für die nachfolgende Fahrerin und einen Mann, der seine Hecke gerade schnitt, nicht genau zu sehen gewesen.

Allerdings war der Audi zuvor mit erheblicher Geschwindigkeit an der Autofahrerin „vorbeigezischt“. Sie hatte auch beobachten können, wie der Audifahrer zum Überholen ausscherte, als es bereits einspurig war. Die frühere Freundin des Angeklagten, die alles aus nächster Nähe beobachtet hat, weil sie als Beifahrerin im Audi saß, hatte sich beim Gericht mit einem Attest krankgemeldet. Weil die Verteidigerin ihre Version unbedingt hören möchte, wird das Verfahren im September und Oktober fortgesetzt.