Im Rathaus sind Stellen frei. Das wächst sich zum Problem aus. Foto: Archiv (KS-Images.de)

Die Mannschaft im Marbacher Ordnungsamt läuft auf der letzten Rille. Sechs Stellen sind derzeit unbesetzt.

Marbach - Dass die Mannschaft von Andreas Seiberling im Marbacher Bürger- und Ordnungsamt am Anschlag arbeitet, klang schon häufiger an, wurde jüngst bei den Haushaltsberatungen aber erstmals in aller Deutlichkeit dargelegt. Die CDU hatte den Antrag gestellt, dieses Jahr beim Fußverkehrs-Check des Landes mitzumachen. Doch Seiberling, aus dessen Ressort heraus das Projekt hätte betreut werden müssen, schüttelte den Kopf. Das sei aktuell nicht leistbar. „Bei uns im Amt sieht es ziemlich desaströs aus. Das ist fast schon ein Hilferuf“, erklärte er. Wegen all der zusätzlichen Aufgaben durch Corona habe sich eine Menge aufgestaut, das erst abgearbeitet werden müsse. Dafür werde man mehrere Monate brauchen. Zudem leide das Ressort seit Längerem unter Personalmangel. Konkret sind es sechs Stellen, die nicht besetzt sind – was rund einem Fünftel aller Positionen in seinem Zuständigkeitsbereich entspricht, so Seiberling auf Nachfrage.

Der Motor überhitzt

Der Chef des Ordnungsamts hat keine Scheu, für eine gewisse Dauer und für bestimmte Projekte das Gaspedal durchzudrücken. Aber auf Dauer gehe das nicht gut und an die Substanz. „Dann überhitzt der Motor“, konstatiert er. Momentan fühle es sich so an, als eile man von Feuer zu Feuer, um zu löschen – aber irgendwo flammt immer wieder ein neuer Brand auf. Die Gründe für die Unterbesetzung seien vielschichtig. Die hohe Belastung durch Corona und seine bürokratischen Folgen sei ein Aspekt. Es hätten sich aber beispielsweise auch zwei Kollegen aus dem Vollzug beruflich verändert. Sie seien nun im Verwaltungsbereich tätig. Und Nachfolger fürs Verteilen von Knöllchen zu finden, gestaltet sich augenscheinlich schwierig. „Der Ton im Vollzug ist rauer geworden. Für viele Mitarbeiter ist da eine Grenze erreicht“, sagt Seiberling.

Hoffnung wegen Umzug

Auch die beengte räumliche Situation im aktuellen Domizil des Ordnungsamts in der Marktstraße spiele neben der natürlichen Fluktuation eine Rolle und führe dazu, dass neue Mitarbeiter schwierig für eine Anstellung zu begeistern seien. Seiberling hofft, in der Hinsicht bald besser aufgestellt zu sein, wenn seine Mannschaft in die Büros im kernsanierten Pfundhaus umziehen kann. Es habe zuletzt geheißen, bis Herbst könnten die Arbeiten am Gebäude abgeschlossen sein.

Arbeitsmarkt leer gefegt

Damit dürfte aber nur ein Teil des Problems gelöst sein. Denn Bürgermeister Jan Trost hebt auf Nachfrage hervor, dass auf Verwaltungsebene im öffentlichen Dienst in vielen Bereichen zunehmend ein Fachkräftemangel zu beobachten sei. So seien auch in der Kämmerei drei Stellen vorübergehend und bis vor Kurzem nicht besetzt gewesen. Zwei neue Mitarbeiter habe man hier inzwischen aber gewinnen können. „Allgemein kann gesagt werden, dass es im Verwaltungsbereich schwieriger ist, Fachpersonal zu finden, je spezieller das Aufgabengebiet ist“, erklärt Trost. So habe man beispielsweise schon zweimal eine Stelle ausgeschrieben, in der es um die Kernthemen Umsatzsteuer und Anlagenbuchhaltung gehe. „Der Arbeitsmarkt in diesen Bereichen ist leer gefegt“, konstatiert der Rathauschef. „Bei einer der unbesetzten Stellen im Ordnungsamt verhält es sich ähnlich“, fügt er hinzu.

Dazu komme die spezielle Situation im Vollzugsdienst. Dort herrsche ein reges Kommen und Gehen – in Marbach wie in anderen Kommunen. „Dies hat weniger mit der Bezahlung, sondern damit zu tun, dass der Umgangston auf der Straße und in den sozialen Medien deutlich schärfer geworden ist“, bestätigt er den Eindruck seines Ordnungsamtsleiters. „Regelmäßige Beschimpfungen sind leider inzwischen an der Tagesordnung. Wenn alleine die Verteilung eines Strafzettels fast 100  Kommentare im Internet nach sich zieht, zeigt dies die schwierige Situation in diesem Berufsfeld“, erklärt Trost.