Die Verhandlung vor dem Amtsgericht Heilbronn ist auf großes Medieninteresse gestoßen. Foto: Archiv (dpa)

Ein 56-jähriger Polizist muss sich seit Montag vor dem Amtsgericht Heilbronn wegen Volksverhetzung verantworten. Er soll über seinen WhatsApp-Status fremdenfeindliche Inhalte geteilt haben. Das Teilen des Videos und eines Fotos gab der in Steinheim lebende Mann auch zu - dies sei aber nicht in rassistischer Absicht geschehen.

Es ist ein Video, dass durchaus Eindruck machen kann: Zu sehen ist ein dunkelhäutigen junger Mann mit Mütze, der auf einem Parkplatz vor dem Ankerzentrum in Donauwörth mit einem Holzprügel in aller Ruhe Autoscheiben zertrümmert, eine nach der anderen. „Merkels Fachkräfte bei der Arbeit“ lautet der Untertitel des Films. Diesen hat ein 56-jähriger Polizist aus Steinheim während seines Urlaubs am 15. Juli 2019 um 14.09 Uhr in seinen Whatsapp-Status gestellt – nur drei Minuten später gefolgt vom Foto einer Tasse mit der Aufschrift: „Es gibt Probleme, die kann nur Heckler & Koch lösen ...“ Dafür muss sich der Polizeihauptkommissar seit Montag wegen Volksverhetzung vor dem Amtsgericht Heilbronn verantworten. Beim Auftakt gab der 56-Jährige zwar zu, die Dateien geteilt zu haben. Ein Rassist oder Rechtsextremist, gar ein Volksverhetzer sei er aber nicht, beteuerte er. Allenfalls „gedankenlos“ und getrieben von seinem „Gerechtigkeitssinn“ sei er.

Er habe die Dateien nicht als thematische Einheit gesehen und sie aus unterschiedlichen Motiven gepostet: Den Film, weil er sich maßlos geärgert habe darüber, dass niemand der Zerstörung Einhalt geboten habe, und das Tassenfoto, weil für ihn klar sei, dass Waffen „keine Probleme lösen, sondern verursachen“.

Über den Whatsapp-Status kann man Dokumente teilen, allerdings nur mit den eigenen Kontakten. 24 Stunden lang werden die Fotos oder Filme, die man in den Status stellt, nacheinander denjenigen gezeigt, die diesen aufrufen. Nach Ablauf eines Tages verschwinden die Dateien automatisch aus dem Anzeigebereich. Im Falle des Polizisten ging das schneller. Von seinen 103 Kontakten hätten zwar nur drei oder vier den Status angeschaut. Einer davon aber war ein anderer Polizist. Dieser Kollege rief den Angeklagten um 16.43 Uhr an und machte ihn darauf aufmerksam, dass mit dem Post womöglich der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt werde. Er erstattete Anzeige.

Der Angeklagte löschte den Beitrag zwar sofort. Trotzdem blieb das Ganze nicht folgenlos. Als er sich nach seinem Urlaub in Heilbronn zum Dienst meldete, eröffneten ihm sein Chef und ein Kriminalbeamter, dass ein Ermittlungs- sowie ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet werde. „Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen“, sagte er. Der 56-Jährige hat als Kind unter einem alkoholkranken und gewalttätigen Vater gelitten. Seit Sommer 2019 ist er in Therapie.

Das Strafgesetzbuch sieht bis zu drei Jahren Gefängnis oder eine Geldstrafe vor für das Verbreiten von Schriften, die zu Hass gegen bestimmte Gruppen anstacheln oder zu Gewalt aufrufen. Gegen einen Strafbefehl über 50 Tagessätze zu je 90 Euro hat der Polizist aus Steinheim, der inzwischen im Rems-Murr-Kreis Dienst tut, Einspruch eingelegt. Deshalb kam es überhaupt erst zu dem Prozess, begleitet von einem Medientross, wie er in Amtsgerichtssälen selten versammelt ist. Das Thema hat Brisanz. In jüngster Zeit waren immer wieder rassistische Chatgruppen von Polizisten aufgedeckt worden – in Essen etwa und zuletzt in Berlin.

Der Verteidiger des Angeklagten hätte daher am liebsten eine ganze Reihe von Kollegen vor Gericht zitiert, die bezeugen sollen, dass der 56-Jährige in keiner Weise rassistisch sei. Der Vorgesetzte, der dem Angeklagten in der letzten Dienstbeurteilung mit 4,33 von fünf Punkten bewertet hat, soll ebenso gehört werden wie der Beamten, der Anzeige erstattet hat. Das Verfahren wird fortgesetzt.