Pangasius-Fisch wird vor allem im Mekong-Delta Südvietnams gezüchtet und verarbeitet. Foto: AP

Das Landgericht Stuttgart verurteilt zwei Fischgroßhändler aus Pleidelsheim zu einer hohen Geldstrafe.

Pleidelsheim - Mit einer Geld- statt einer Freiheitsstrafe davongekommen sind zwei Fischgroßhändler aus Pleidelsheim am Freitag. Das Landgericht Stuttgart verurteilte beide Geschäftsführer der Firma Fischquelle Frost zu einer Geldstrafe von jeweils 48 000 Euro. Zudem werden knapp 1,4 Millionen Euro, die die Händler mit dem Verkauf des falsch etikettierten Fisches verdient hatten, eingezogen. Der Vorsitzende Richter folgte damit nicht dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die auf gewerbsmäßigen Betrug plädiert hatte und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten forderte.

Im Zeitraum von August 2013 bis November 2016 hatte die Firma 626 000 Kilogramm falsch deklarierten Fisch an verschiedene Zwischenhändler verkauft. Von dort aus ging der Fisch dann in die Gastronomie und in den Einzelhandel. Konkret ging es um tiefgefrorenen Pangasius-Fisch aus Vietnam. Die Verurteilten hatten ihn auf ihrem Etikett als „Fischfilet“ bezeichnet – obwohl der Fisch laut diverser Gutachten mit einem Wassergehalt zwischen 24 und 43 Prozent deutlich über der für ein Filet zulässigen Menge von fünf Prozent lag. Den Fischen waren bei der Verarbeitung in Vietnam Carbonate zugeführt worden. Diese Salze bewirken, dass der Fisch zusätzlich Wasser zieht.

Der Richter kritisiert Spitzfindigkeiten der Verteidiger

„Verlassen Sie sich nicht auf irgendwelche Spitzfindigkeiten. Da kommen Sie bei der Lebensmittelüberwachung nicht durch – und in Zukunft auch nicht vor Gericht“, sagte der Richter und deutete an, dass bei Wiederholung einer solchen Tat eine Gefängnisstrafe unerlässlich sei. Die Verteidigung der Geschäftsführer von Fischquelle Frost hatte argumentiert, dass im Großhandel nicht dieselben Kennzeichnungspflichten gälten wie im Einzelhandel und eine Verbrauchertäuschung nicht vorläge, da Fischquelle Frost nicht an den Endverbraucher verkaufe.

Das ließ das Gericht allerdings nicht gelten: Unternehmen seien immer verpflichtet, richtige Angaben zu ihren Produkten zu machen – zumal auf dem Etikett der Hinweis „küchenfertig zubereitet“ stand: Aus Sicht der Verkäufer ein Hinweis darauf, dass es kein reines Fischfilet ist. Aus Sicht des Gerichts hingegen, dass das Produkt doch auch an Verbraucher gerichtet sei. „Das ist ungefähr so, wie wenn ich in einen Apfelsaft 24 Prozent Wasser kippe und dann sage, das ist trinkfertig zubereiteter Apfelsaft“, sagte der Richter. Am Ende lande der Fisch auf dem Teller des Verbrauchers, „und der versteht unter Filet keinen Fischmatsch“. Den Vorsatz der Tat sah das Gericht nicht nur dadurch bestätigt, dass sämtliche Gutachten und Warnhinweise der Behörden in den Wind geschlagen wurden. 2016 änderten die Händler ihr Etikett nochmals: Nun gaben sie 95 Prozent Fischfilet statt wie zuvor 80 Prozent an. Beides war falsch – und die Erhöhung für das Gericht ein Indiz, dass auch zuvor bereits vorsätzlich gehandelt worden war.

Die Verurteilten sind bislang nicht vorbestraft

Die Verteidigung hatte argumentiert, dass die Lebensmittelbehörden neue Verfahren angewandt hätten, um den Wassergehalt des Fischs zu bestimmen – Verfahren, die ihren Mandanten nicht geläufig gewesen seien und so für sie auch nicht nachvollziehbar. Auch dieses Argument ließ der Richter aber nicht gelten: „Wenn Sie geblitzt werden und der Polizist Ihnen sagt, dass Sie zu schnell gefahren sind, können Sie sich auch nicht mit einem kaputten Tacho herausreden.“

Den Geschäftsführern von Fischquelle Frost kam beim Urteil zugute, dass sie nicht vorbestraft sind. Sie haben nun die Möglichkeit, beim Bundesgerichtshof gegen das Urteil in Revision zu gehen.

Rechtsgrundlagen zur Kennzeichnung von Lebensmitteln

Regelung
Wie verpackte Lebensmittel zu kennzeichnen sind, ist europaweit geregelt in der Etikettierungsrichtlinie. In Deutschland regelt dies die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung. Darin ist beispielsweise festgeschrieben, dass der Verbraucher auf der Packung Informationen zu Inhaltsstoffen, Eigenschaften sowie Angaben zum Hersteller finden muss. Bei Lebensmitteln in Flüssigkeit – auch bei gefrorenem Fisch – muss das Abtropfgewicht angegeben werden.

Betrug
Als Lebensmittelbetrug gilt es, wenn ein Händler Lebensmittel in den Verkehr bringt mit dem Vorsatz, durch Täuschung einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen. Dazu gehören beispielsweise eine falsche Kennzeichnung der Fleischart, unzutreffende Gewichtsangaben oder eine fälschliche Verwendung von Bio-Logos.

Statistik
Da in jedem Land der EU andere Auffassungen darüber bestehen, was Betrug und was lediglich ein Verstoß gegen die Lebensmittelbestimmungen ist, fällt eine Auswertung darüber schwer. In den USA gibt es eine Lebensmittel-Betrug-Datenbank. Dort werden weltweit berichtete Verfälschungen erfasst. Am häufigsten wird demnach bei Olivenöl, Milch, Honig, Safran, Orangensaft, Kaffee, Apfelsaft sowie Wein betrogen. Die Statistik macht keine Aussage darüber, in welchem Volumen oder in welchem Wert betrogen wurde – es zählt nur die Häufigkeit der Berichte.