Ralf Trettner freut sich in seiner dritten Amtszeit sehr über die erfolgte Sanierung des Rathauses. Foto: Werner Kuhnle

Der Pleidelsheimer Bürgermeister geht im Interview unter anderem auf die Finanzlage ein.

Pleidelsheim - Bürgermeister Ralf Trettner blickt nach dem bauintensiven Jahr 2018 mit bangem Blick auf die zukünftig anfallenden Kosten. Im Hinblick auf Fahrverbote stellt er die Überlegung an, statt des Diesels besser das Böllern an Silvester infrage zu stellen.

Gutes neues Jahr! Wie sind Sie denn in das neue Jahr gestartet? Das alte ist ja traditionell mit dem Holzverkauf im Wäldle ausgeklungen.

Der Holzverkauf zählt bei mir zu den schönsten Veranstaltungen im Jahr. Es ist manchmal schon fast wie ein Familientreffen. Mein Kämmerer und ich sind immer zufrieden, wenn alles Holz verkauft wird. Der erzielte Erlös ist eher zweitrangig. Traditionell ist der 1. Januar bei mir ein Tag zum Ausruhen und Kraft schöpfen. Am 2. Januar war dann der erste Arbeitstag. Der war geprägt von Vorbereitungen für den Neujahrsempfang und dem Aufarbeiten liegen gebliebener Post.

Eigentlich könnten Sie sich bequem zurücklehnen in Ihrem neuen Büro. Es wurde viel geschafft in 2018: Der Rathausumbau, die Sanierung der Stuifenstraße, die Häuser in der Hafengasse . . . Oder geht es gleich zu neuen Aufgaben?

Für mich ist der Jahreswechsel traditionell keine Zeit des Ausruhens, da ich in dieser Zeit keinen Urlaub habe. Dieses Jahr standen beispielsweise in den letzten Tagen des Jahres noch vier Trauungen an. Darüber hinaus lief über den Jahreswechsel in der Kämmerei die Umstellung auf das neue Haushaltsrecht. Da mussten meine Mitarbeiter einiges an Zeit investieren. Das sind Dinge, die so nebenher halt auch noch laufen müssen. Aber zu Ihrer eigentlichen Frage: Hin und wieder ertappe ich mich schon, wie ich meinen Blick aus dem Büro schweifen lasse und das neue Rathaus auf mich wirken lasse.

Wie geht es mit der Sanierung der Sporthalle weiter?

Diese Frage kann ich Ihnen leider erst in zwei Wochen beantworten. Derzeit läuft die Ausschreibung für das Projekt Sporthalle. Ende des Monats findet die Submission statt. Da werden wir sehen, ob wir für alle Gewerke Angebote bekommen und ob auch die Preise passen. Die Nachfrage nach der Ausschreibung war in jedem Fall schon mal nicht ganz so schlecht, jetzt hoffen wir, dass auch viele Firmen ein Angebot abgeben. In der Hauptstraße startet in diesem Jahr ein weiteres Projekt zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Wird Pleidelsheim über die Gemeinde-Wohnbau jetzt zum Bauunternehmer?

Nein, nicht auf Dauer. Aber punktuell werden wir das eine oder andere Projekt sicherlich versuchen umzusetzen. Ein zweites Projekt haben wir in der Mörikestraße in der „Pipeline“. Leider wird es aber in der Hauptstraße 58/60 nicht ganz so schnell vorwärtsgehen. Dort müssen wir erst noch eine förmliche Umlegung durchführen, bevor das bereits eingereichte Baugesuch genehmigt werden kann. Solche unvorhergesehenen Probleme tauchen leider immer mal wieder auf.

Pleidelsheim ist als Wohngemeinde attraktiv. Das zeigt die nach wie vor hohe Nachfrage trotz der ebenfalls hohen Preise. Der Gemeinderat ist für Neubaugebiete aber nicht aufgeschlossen. Was können Sie als Bürgermeister da tun?

Das liegt nicht nur am Gemeinderat, sondern auch an mir als Bürgermeister. Im Moment entstehen gerade rund 100 Wohnungen in der Talstraße. Wir rechnen mit einem Zuwachs von rund 200 Einwohnern in den nächsten zwei Jahren. Das muss unsere Infrastruktur erst einmal schaffen. Unsere Kindergärten sind voll belegt, die Schule hat auch nicht mehr übermäßig viele Kapazitäten. Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte, ist, dass wir in Pleidelsheim zwar den Wunsch sehen, aber auch die Folgen berücksichtigen müssen. Deshalb haben wir in den letzten Jahren unsere Einwohnerzahl versucht, in etwa zu halten beziehungsweise nur langsam anwachsen zu lassen.

Die Kehrseite durch die hohe Pendlerrate ist der Verkehr. Reichen Tempo 30 und Lkw-Durchfahrtsverbot auf lange Sicht aus?

Sie haben bei Ihrer Betrachtung die Ostumfahrung vergessen, die einen wichtigen Bestandteil der Ortsentlastung darstellt. Wir haben heute weniger Autos im Ort als noch vor Eröffnung der Umgehungsstraße im September 2006. Den Feinstaub PM10 haben wir zusammen mit dem Regierungspräsidium in den Griff bekommen. Nun hapert es nur noch am NO2.

Denken Sie, dass es auch in der Umweltzone Pleidelsheim zu Fahrverboten kommen kann?

Das Thema ist leider noch nicht vom Tisch. Ich halte es aber für den falschen Ansatz. Im Grunde wird sich das durch das Fahrverbot in Stuttgart für Diesel Euro 4 und schlechter in den nächsten zwei Jahren eh erübrigen. Denn viele werden, weil Sie nach Stuttgart oder durch Stuttgart fahren müssen, ohnehin ihr Fahrzeug eintauschen und somit erübrigt sich das Fahrverbot in Pleidelsheim. Man wird sehen, wie der Lobbyverband Deutsche Umwelthilfe weiteragieren wird, um vielleicht auch in Pleidelsheim ein Verbot zu erwirken. Aber lassen wir das lieber, denn ich halte diese Diskussion in Bezug auf das Problem Weltklima für geradezu lachhaft, woran wir bei den Dieselautos gerade herumdoktern. An Silvester haben wir 17 Prozent des jährlichen Feinstaubs, den Autos verursachen, im wahrsten Sinne des Wortes in die Luft gehen lassen. Da frage ich mich ernsthaft, was ist uns im Zweifel wichtiger: Mit dem Auto noch zur Arbeit zu kommen oder vielleicht auf ein bisschen Spaß zu verzichten, um mal nur ein banales Beispiel zu nehmen.

Was würde der Ausbau der Autobahn, von Ihnen immer wieder gefordert, für Pleidelsheim bringen? Nicht nur noch mehr Ausweichverkehr und Schadstoffe?

Der Ausbau der Autobahn – und seien es nur die Standstreifen – wäre aus meiner Sicht ein großer Schritt in die richtige Richtung, um den allmorgendlichen Ausweichverkehr zu reduzieren. Natürlich löst das nicht alle Probleme, wäre aber ein wichtiger Baustein für die gesamte Region zwischen Heilbronn und Stuttgart.

Über die Finanzlage müssen wir eigentlich nicht reden. Die Steuern sprudeln, die Gemeinde ist nach wie vor quasi schuldenfrei – lässt das Spielraum für Wünsche im Haushaltsplan 2019?

Wenn man länger im Amt ist, schlagen Gefühlsschwanken vor allem auch mit dem Blick auf die Haushaltslage nicht mehr ganz so arg aus. Denn mir ist bewusst, dass wir alle im öffentlichen Bereich im Moment immer noch auf der Welle ganz oben reiten, wenn ich unsere Steuereinnahmen bei Bund, Land und Kommune sehe. Diese Welle wird aber auch irgendwann abebben. Dann werden wir mit unseren Fixkosten aber immer noch klarkommen müssen. Mir geht es dabei nicht um Pessimismus, sondern um Realismus. Ich sage es jetzt einmal absichtlich provokativ: Die Luxusdiskussionen über die Abschaffung der Kindergartengebühren sind unnötig. Wenn ich sehe, welche Personalkostensteigerungen wir in den vergangenen Jahren überall im öffentlichen Bereich hatten, da wird es mir schon etwas bange, wenn ich in die Zukunft schaue.

Welche großen Projekte wollen Sie dieses Jahr angehen?

Für mich gilt da ein Grundsatz, Investitionen sollen möglichst für die Zukunft die Folgekosten reduzieren und nicht noch anwachsen lassen. Dies ist nicht in allen Bereichen möglich. Aber der Umbau des Rathauses und der Sporthalle sollen zeigen, dass es zukunftsgerichtete Investitionen waren – ökologisch wie finanziell. 2019 werden wir hoffentlich die Sporthalle umsetzen, die Erschließungen in den Gewerbegebieten und die Errichtung der Kleingartenanlage abschließen. Andere Projekte wie die Sanierung des Kindergartens Sommerhalde oder der Umbau des Alten Pfarrhauses zur Kindertagesstätte werden noch auf sich warten lassen. Und eine noch völlig ungeklärte Frage ist das Thema Kostenbeteiligung am Neubau der Oscar-Paret-Schule. Dieses Thema wird 2019 sicherlich eines der heißesten Eisen werden.

Zumal ihr Bürgermeisterkollege in Freiberg Dirk Schaible jetzt Landrat in Konstanz werden will . . .

(schmunzelt) Das kommentiere ich nicht.

Die Jugendlichen haben sich einen „Creative Place“ gewünscht. Gibt es hier schon konkrete Planungen?

Leider nicht. Dieses Thema soll aber 2019 vorangetrieben werden. Meine Sozialarbeiter und die Jugendlichen „piesacken“ mich da auch schon zu Recht. Aber bei der Größe unserer Verwaltung können eben nicht fünf Themen gleichzeitig abgearbeitet werden. Das schaffen wir nicht. Und so nebenbei versuchen wir gerade den Katholischen Kindergarten zu übernehmen, die Friedhofsplanung voranzutreiben, den Pendlerparkplatz auszubauen, Lösungen für die steigende Anzahl an Ganztagesplätzen zu finden und, und, und . . .

Die Kindergärten sind voll. In den Containern, in denen bis vor kurzem ihr Büro und das Ihrer Mitarbeiter war, wird eine neue Kindergartengruppe eingerichtet. Die Gemeinde wird auch den katholischen Kindergarten St. Michael übernehmen. Bedeutet dies bauliche Maßnahmen, um hier die Ganztagsbetreuung zu ermöglichen?

Insgesamt haben wir gerade da eine größere Baustelle, mit der wir so nicht gerechnet haben. Wir haben in den letzten Jahren die Betreuung kontinuierlich ausgebaut, waren mit unseren Platzzahlen immer über den Zahlen der Kinder. Doch nun wird unser flexibles und individuelles Betreuungssystem ein Stück weit zu unserem Problem. Andere Kommunen lösen das so, dass Eltern einen Nachweis bringen müssen, wenn das Kind einen Ganztagesplatz braucht. Andere Städte schränken die Betreuungszeiten ein, weil diese keine Fachkräfte bekommen. Wieder andere Kommunen haben lange Wartelisten. Meine Maxime war bisher immer, dass Eltern, die einen Ganztagesplatz für ihr Kind wollen, auch einen bekommen können. Daran werde ich, solange es geht, auch festhalten. Was für die Zukunft bedeutet, dass wir auch Plätze schaffen müssen. Eine Lösung wird dabei das Alte Pfarrhaus darstellen.

Im Neubaugebiet „Reiterhof“ war eine Kleinkindgruppe geplant. Ist diese Idee hinfällig, wenn der in der Nähe liegende katholische Kindergarten unter die Fittiche der Gemeinde kommt?

Nein, die Planungen sehen derzeit so aus, dass der Kindergarten St. Michael zukünftig keine U3-Betreuung mehr in der Hohenzollernstraße haben wird. Dafür werden die Ganztagesbetreuung eingeführt und die Schließtage reduziert. Die U3-Betreuung wird dann, so der Plan, im September in den „Reiterhof“ ziehen.

Eine Ganztagsschule sei weder von der Schulleitung noch vom Schulträger gewollt, war kürzlich in der Gemeinderatsitzung zu hören. Warum?

Die Kernzeit ist ein viel flexibleres Model als die Ganztagesschule. Ganztagesschule bedeutet, dass alle Kinder am Nachmittag betreut werden. Ob gewollt oder nicht. Zum anderen endet bei der Ganztagesschule die Betreuung um 15.30 Uhr. Die Kernzeitbetreuung sieht hingegen eine Betreuung bis maximal 17 Uhr vor und kann individuell für jedes Kind angepasst werden. Seitens der Eltern habe ich hierzu auch noch keine Klagen beziehungsweise Wünsche in Richtung Ganztagesbetreuung bekommen.

Eine persönliche Frage: Bei Ihrer Verpflichtung auf die dritte Amtszeit vor zwei Jahren hätte man Ihre Ansprache so interpretieren können, dass Sie Ambitionen haben, Rainer Haas als Landrat nachzufolgen. Eine Fehlinterpretation?

Da ich sehr sicher davon ausgehe, dass Rainer Haas im Herbst wieder als Landrat kandidiert, stellt sich diese Frage für mich nicht, nicht mal ansatzweise.

Sie kandidieren aber wieder als Kreisrat und bleiben Chef der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU?

Als Kreisrat werde ich wieder auf der Liste der CDU kandidieren. Das Amt als Vorsitzender der KPV werde ich im Laufe dieses Jahres niederlegen. Aber nicht aus Frust, sondern weil es hier Zeit wird, dass jemand anderes Impulse setzt.

Was erhoffen Sie sich von den Gemeinderats-, Kreistags- und Europawahlen im Mai?

Dass viele Wähler zu Wahl gehen. Insbesondere die Europawahl, die jahrelang unterschätzt wurde, ist dieses Mal von hoher Bedeutung. In Europa wachsen die Extreme von Links und Rechts immer weiter, England verabschiedet sich gar von dem europäischen Gedanken. Hier gilt es, ein Zeichen dagegen zu setzen für ein starkes und vereintes Europa, das oftmals zu Unrecht gescholten wird. Ich kann mich noch an Stacheldrahtzäune an Grenzen erinnern, an Raketen auf der einen wie auf der anderen Seite. Europa, bei all seinen Problemen, sichert uns zu allererst Frieden, und das scheinen wir allmählich zu vergessen.