Wo in der Kirchberger Straße bislang ein von Grün umgebenes Einfamilienhaus steht, soll ein Neun-Familien-Wohnhaus gebaut werden. Foto: KS-images.de/Karsten Schmalz

Mit 80 Unterschriften bekräftigen Erdmannhäuser Bürger ihre Kritik an einem Vorhaben im Ortskern. Die Argumente werden am Montag vor Ort ausgetauscht.

Erdmannhausen - Als letzten Kraftakt versuchen Bürger in Erdmannhausen derzeit, sich bei der Gemeinde Gehör zu verschaffen, um ihre Bedenken zum geplanten Bau zweier dann zentral gelegenen Mehrfamilienhäuser in der Bahnhofstraße  34 und Kirchberger Straße 9 vorzubringen – um noch auf die fortgeschrittene Planung einzuwirken.

Die Zeit für sie schien zu drängen, denn auf der Tagesordnung des Gemeinderats am kommenden Donnerstag stand bislang die Abstimmung über die Bauanträge. Im Falle einer Zustimmung, und falls das Landratsamt keine Einwände hätte, wären die Häuser wie geplant entstanden. Doch der ganz große Zeitdruck ist erst mal passé: Bürgermeister Marcus Kohler gab am Freitag bekannt, dass die Abstimmungen vertagt werden – wie bereits im Technischen Ausschuss.

Zeitliche Anpassung mit Bebauungsplanverfahren

„Wir möchten der Bürgerbeteiligung hier mehr Raum geben“, begründet Marcus Kohler die Entscheidung. So findet am Montagabend auf Bürgerinitiative ein Vor-Ort-Termin mit dem Bürgermeister und Gemeinderäten statt. Zudem habe man aufgeschoben, so Kohler, da parallel ein Verfahren läuft, bei dem der Bebauungsplan im betroffenen Gebiet Ellenberg angepasst wird. „Wir möchten warten, bis dieses Verfahren fortgeschritten ist.“ Aktuell wird das Habitat analysiert. Erst dann können Bürger Stellungnahmen abgeben – was für die geplanten Mehrfamilienhäuser aber hinfällig gewesen wäre, wenn die Bauanträge schon abgesegnet gewesen wären. So werden beide Verfahren nun zeitlich angepasst. Beim Bebauungsplan rechnet Bauamtsleiterin Larissa Claus damit, das dieser in spätestens einem Jahr steht – abhängig von möglichen Stellungnahmen.

Doch worum geht’s den Bürgern beim Bau der Häuser, die Platz für neun und acht Wohneinheiten bieten sollen? Es sind vier Punkte, denen eine Unterschriftenliste neues Gewicht verleiht. An zwei Tagen kamen 80  Unterschriften aus der Nachbarschaft und anderen Teilen des Ortes zusammen.

Kritik beruht auf vier Themenfeldern

Untergrund Entlang der Bahnhofstraße kam es in der Vergangenheit beim Bau neuer Häuser zu Setzungen an Nachbarhäusern. Grund ist das Lockergestein im Untergrund. Einer der Fälle wird gar vor dem Landgericht verhandelt. „Wir befürchten, dass uns dasselbe blüht und Schäden entstehen“, sagt Anwohnerin Petra Tonhäuser aufgrund der Größe der Baugruben für die Tiefgaragen. Bauamtsleiterin Claus merkt hierzu an, dass im veränderten Bebauungsplan notiert sein wird, dass es zu Setzungen kommen kann und künftige Bauherren angehalten sind, ein Gutachten erstellen zu lassen.

Ökologie Die Nachbarn sprechen sich für doppelte Innenentwicklung aus, die vom Bundes-Umweltamt beworben wird. Heißt: Der Ökologie wird mehr Bedeutung zugemessen. Auf beiden Grundstücken gibt es viel Natur, die verschwinden würde. „Der Schaden für die Tierwelt, die Artenvielfalt und den Menschen wäre höher, als es eine Ausgleichsfläche auffangen könnte“, sagt Anwohner und Umweltingenieur Johann Hönes, der auf den Verbund mehrerer größerer Gärten hinweist. Bislang ist die einfache Innenentwicklung vorgesehen, bei der es um die maximale Größe des Baus geht. Zwar soll es einen Grünstreifen geben. Aus Sicht der Bürgerinitiative helfe der aber nicht der Ökostruktur. Bauamtsleiterin Claus merkt an, dass mit dem neuen Bebauungsplan zwei große Grünriegel freigehalten werden.

Verkehr Die Parksituation gerade in der Kirchberger Straße sei bereits schlimm, schildert Anwohner Philipp Schöttner. Selbst im Halteverbot werde geparkt. Es komme zu gefährlichen Situationen, weil Autos auf den Gehweg ausweichen müssten. „Dabei ist das ein stark frequentierter Schulweg.“ Die Gemeinde hält ihre Stellplatzverordnung dagegen, die mehr Parkplätze pro Wohneinheit vorschreibt, als üblich.

Baukörper Die Größe der Bauten soll laut der Nachbarn nach Maß erfolgen, sodass nicht die Lebensqualität aller darunter leide. „Es ist nachvollziehbar, dass Häuser gebaut werden. Aber muss es so massiv sein?“, fragt Johann Hönes. Er befürchtet, dass ein ungutes Klima entsteht, wenn die Anwohner nicht einverstanden sind. „Und in einer kleinen Gemeinde will man miteinander leben.“

Treffen am Montag mit Bürgermeister und Gemeinderat

Bürgermeister Kohler zeigt sich vor dem Vor-Ort-Treffen aufgeschlossen. „Ich möchte mir das erst anhören, bevor ich auf die Argumente eingehe.“ Klar sei aber, dass Gemeinderat und Verwaltung auch ihre Argumente hätten, und die Verpflichtung, Wohnraum zu schaffen. In welcher Form das einmal passieren wird, wird sich nun zeigen.