In Beilstein wird am 14. März ein neuer Bürgermeister gewählt. Foto: Karsten Schmalz

Die öffentliche Kandidatenvorstellung zur Bürgermeisterwahl in Beilstein hat aufgrund von Corona nur virtuell stattfinden können. Die Videos der Bewerber sind seit Samstagvormittag auf der Homepage der Stadt zu sehen. Ein kleiner Einblick.

Beilstein - Patrick Holl ist nicht mehr Rathauschef. Heute beginnt er seinen neuen Job beim Gemeindetag. Beilstein braucht also einen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin. Gewählt wird am 14. März. Alle sechs Bewerber haben von der Stadt die Möglichkeit bekommen, sich öffentlich vorzustellen. Aufgrund von Corona nicht live in der Stadthalle, sondern per Video. Die Reden wurden am vergangenen Donnerstagabend in der Stadthalle aufgenommen und können seit Samstag auf der Homepage der Stadt angesehen werden. Wie ein Kandidat seine Redezeit nutzt, war ganz ihm überlassen. Klar war nur: Es gab nur eine Aufnahme und die Redezeit durfte 15 Minuten nicht überschreiten. Zwei Kandidaten – Samuel Speitelsbach und Ulrich Raisch – verzichteten auf die Möglichkeit eines virtuellen Auftritts. Gottfried Göbbel, Barbara Schoenfeld, Georg Kobiela und Björn Mischiok traten vor die Kamera.

Gottfried Göbbel
Der 38-Jährige bezeichnet sich selbst als bodenständig, heimatverbunden und als Naturliebhaber. Geboren und aufgewachsen sei er zwar in Heilbronn und heute lebe er in Stuttgart, Beilstein sei für ihn aber schon immer ein attraktives Ziel gewesen. „Das Freibad, die Rodelpisten und Bolzplätze haben mich hergelockt“, gibt Gottfried Göbbel preis. Mit seinem beruflichen Hintergrund als Entwicklungsingenieur mit Personalverantwortung bei Audi und als politisch engagierter Mensch wolle er bewusst parteiunabhängig mit den Bürgern die Zukunft Beilsteins gestalten. „Denn Sie wissen am Besten, was Beilstein lebenswert macht“, spricht er die Zuschauer immer wieder direkt an. Seine Rede liest er größtenteils ab, gestikuliert viel mit den Händen, gerät auch das ein oder andere Mal ins Stocken. Sei es bei seinem persönlichen Werdegang oder bei den Punkten, die auf seiner Agenda stehen. Bezahlbaren Wohnraum will er schaffen, Familien nach Beilstein locken, das Thema Betreuungsangebote anpacken und sich um die Dauerbrenner Mobilität und Infrastruktur kümmern. „Die Bottwartalbahn ist fester Bestandteil eines ganzheitlichen Verkehrskonzepts und darf nicht nur ein Traum oder eine Vision bleiben“, meint er. Aber auch eine Umgehungsstraße und der Ausbau von Fahrradschnellstraßen „gehören für mich zu einer modernen Infrastruktur dazu“. Beim Thema Breitband müsse man in Beilstein endlich „im 21. Jahrhundert ankommen“, ein Gründerhaus wäre zudem ein Mehrwert für die Langhansstadt. Und auch die interkommunale Zusammenarbeit wolle er ausbauen – bei den Themen Tourismus, Klimaschutz und Verkehrsinfrastruktur beispielsweise.

Barbara Schoenfeld
Von Beginn an spricht Barbara Schoenfeld recht frei. Warum sie, die aktuell Schulamtsdirektorin in Frankfurt am Main ist, Bürgermeisterin werden wolle? „Das ist eine reizvolle Herausforderung, um politisch und sozial etwas zu bewirken. Und das für alle Generationen.“ Sie trete als unabhängige Kandidatin ein, „denn ich glaube, das passt auch gut zu Beilstein. Man sollte sich allen verpflichtet fühlen.“ Was die Projekte angeht, die sie angehen wolle, gebe es einige. Die 60-Jährige reißt sie kurz an: den Verkehr durch die Innenstadt, Lärmreduzierung, Verbesserung der Radwege, der Breitbandausbau, das Seniorenheim und zusätzliche Angebote an Betreutem Wohnen. „Für junge Familien möchte ich auf das Betreuungsangebot schauen. 70 Prozent der Menschen sind zudem in Vereinen tätig, deshalb ist für mich die Unterstützung der Vereine eine zentrale Aufgabe.“ Konkreter wird sie nicht. Aus einem Grund. „Wir brauchen kein Schaulaufen im Wahlkampf, keine sich überbietenden Kandidaten oder Illusionen.“ Wichtig sei die Realität. Man sollte, so ihre Überzeugung, als Kandidat nicht so tun, als ob man ein komplexes Problem mal eben so umsetzt. Es gelte, mit fundierten Argumenten zu überzeugen und nicht darum, im Wahlkampf Dinge zu versprechen, die der Gemeinderat dann nicht umsetzen könne. Ihre Devise: „Erst mit den Kollegen sprechen, dann aus dem Fenster lehnen.“ Zudem verspricht sie: „Ich werde viel bewegen.“ Zu guter Letzt geht sie noch auf den Punkt Umweltschutz ein – und belegt ihr Handeln anhand von zwei Beispielen: „Ich fahre ein E-Auto und meine Plakate sind aus recycelbarem Material.“

Georg Kobiela
Ein Bild, das an Lagerfeuerromantik erinnert, beschwört Georg Kobiela zu Beginn und dann wieder zum Ende seiner Rede. Der 39-jährige Physiker am Institut für Klima, Umwelt und Energie in Wuppertal erzählt davon, wie er mit seiner Freundin Mitte des Jahres eine zehntägige Fahrradtour unternommen hat und rund 500 Kilometer unterwegs war. Eine Reise zu seinen Wurzeln und seiner Familie sei die Tour gewesen. Als er dann die Silhouette von Beilstein, den Langhans und das Ortsschild gesehen, den Geruch in der Stadt wahrgenommen und den Geschmack des Wassers geschmeckt habe, habe er sich zuhause und angekommen gefühlt. Bereits während der Tour habe er sich am Feuer an seine Zeit als Beilsteiner Pfadfinder erinnert – und an diese würde der studierte Ökonom, Politologe und Physiker gerne anknüpfen. In anderer Rolle und mit reichlich Erfahrung im Gepäck. „Ich will hier am Ort meiner Wurzeln tätig werden und mit meiner Erfahrung an politischen Prozessen, aus der Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung dazu beitragen, dass Sie alle dieses Gefühl von Zuhause und Angekommen sein teilen können“, spricht er die Bürger direkt an. Wie Gottfried Göbbel liest auch er größtenteils ab, hat seine Hände jedoch recht ruhig auf dem Tisch liegen. „Ein Teilorterat sowie ein Jugendgemeinderat sollen feste Stimmen in unserer Stadt werden“, erklärt der „Beilsteiner Bub“, wie er sich selbst bezeichnet. Kobiela will den Breitbandausbau, den Bahnanschluss sowie den Ausbau von Radwegen vorantreiben, ein Nahwärmekonzept erarbeiten und die Wasserversorgung modernisieren. „Bei den Themen Infrastruktur und Mobilität gilt es, passende Lösungen für unsere Teilorte zu finden, zum Beispiel Ruf-Taxen oder einen Bürgerbus.“

Björn Mischiok
Kurz und knapp stellt sich Björn Mischiok vor – er sei 44 Jahre alt, lebe seit 13 Jahren in Beilstein, sei Fußball-Schiedsrichter beim TGV und aktuell Abteilungsleiter bei der Insolvenzservice-AG –, ehe er konkret ein Thema nach dem anderen angeht. Diese aber meist nicht als Wunsch, sondern direkt als Tatsache präsentiert, sollte er zum Rathauschef gewählt werden. So solle es mit ihm laufen. „Ich möchte in Beilstein etwas ändern“, sagt er und fügt an: „Alle Entscheidungen, die in Beilstein getroffen werden, dürfen nicht alleine vom Gemeinderat und Bürgermeister entschieden werden. Es muss eine Zustimmung der Bevölkerung vorliegen. Deshalb wird es in Zukunft mehr direkte Bürgerentscheide geben. Wir sind ein Team. Ich will ein Team Beilstein.“ Er würde sich für eine autofreie Innenstadt einsetzen. „Die Hauptstraße wird zu einer Fahrradstraße“, sagt er. Die Bushaltestellen Apotheke und Langhans müssten umgesiedelt werden. Eine Strecke für eine Umgehungsstraße solle erarbeitet werden, dazu solle es wie zum Standort eines Kita-Neubaus dann einen Bürgerentscheid geben. Die Bottwartalbahn befürworte er. Das Stadtfest werde unter ihm zurückkommen, einen konkreten Termin im September nennt er auch direkt. Das Weinbergfest solle ausgeweitet werden, Müllsünder in Beilstein bestraft werden, die öffentliche Tiefgarage eine Videoüberwachung erhalten, das Jugendhaus von den Jugendlichen selbst verwaltet werden. „Außerdem braucht jeder, der in Beilstein wohnt, schnelles Internet“, fordert er.

Die Videos der Kandidaten sind auf der Homepage der Stadt Beilstein zu sehen. Die Marbacher Zeitung veranstaltet am Donnerstag, 4. März, ein Leser Forum zur BM-Wahl. Die Veranstaltung wird von 19 Uhr an live auf www.marbacher-zeitung.de zu sehen sein. Fragen können auf der Homepage vorab in einem Portal eingereicht werden.

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