Die Produktionsanlagen der Firma Werzalit sind seit Ende April nicht mehr in Betrieb. Foto:  

Der Insolvenzverwalter erarbeitet mit dem Investor und den Behörden Konzepte und verhandelt wegen des Verkaufs des Areals.

Oberstenfeld - Die Nachricht vom Verkauf des Unternehmens Werzalit an den österreichischen Investor Martin Troyer ist ein halbes Jahr alt. Sie ging mit der Aussicht einher, dass der Produktionsstandort in Oberstenfeld geschlossen wird und 120 Arbeitnehmer ihre Stelle verlieren. Außerdem stand die Frage im Raum, wer das Betriebsgelände kauft und was auf ihm passieren wird. Geduld spielt bei den Vorgängen eine zentrale Rolle.

Was ist zwischenzeitlich auf dem Werksgelände passiert?

Die Produktion von Werzalit in Oberstenfeld ist Ende April eingestellt worden, berichtet der Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz. Die Mitarbeiter aus den einzelnen 15 Gesellschaften auf dem 10,6  Hektar großen Werksgelände seien zum 30. April gekündigt worden. Einzige Ausnahmen: die Arbeitnehmer der kaufmännischen und verwaltenden Gesellschaften, denn diese Kräfte seien vom Erwerber des Werzalit-Werkes in Niederorschel übernommen worden.

Wie ist die Lage auf dem Grundstück?
Die Behörden erarbeiten aktuell ein Stilllegungskonzept und setzen es um, erklärt Jochen Sedlitz. Bestehende Anlagen würden abgebaut und entsorgt. Der Investor verwerte noch vorhandene Vorräte. In Oberstenfeld seien zwei Mitarbeiter angestellt, um die Stilllegung zu begleiten. Dies werde noch dauern, da dieser Prozess umwelttechnisch sehr zeitraubend und aufwendig sei. Das bestätigt der Oberstenfelder Bürgermeister Markus Kleemann, der allerdings alle Probleme rund um Umweltlasten im Boden und in den Gebäuden für „gut lösbar“ und aus Gemeindesicht für „keinen Hemmschuh“ hält. Die Kommune hatte während des Insolvenzverfahrens im Mai 2018 eine Veränderungssperre über das Gebiet Bottwarwiesen erlassen, um über dessen Zukunft mitbestimmen zu können.

Wie steht es um den Verkauf des Geländes?

Der Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz verhandelt seit Monaten mit mehreren Interessenten. Er dürfe darüber keine Informationen preisgeben, bittet er auf Nachfrage um Verständnis. Wegen der hohen Nachfrage nach Wohn- und Gewerberaum favorisiert die Gemeinde einen Verkauf an ein Wohnbauunternehmen mit der Option Gewerbe anzusiedeln.

Wie wichtig ist der Gemeinde die Fläche für Gewerbeansiedlung?

Der Landrat Rainer Haas begründete das Nein zu einem interkommunalen Gewerbegebiet in der Nähe der A 81 vor einigen Jahren vor allem mit dem Landschaftsschutz dort. Für die Erweiterung ortsansässiger Betriebe könnte das Werzalit-Gelände eine Rolle spielen, prophezeite der Kreis-Chef schon damals. Will der Bürgermeister Markus Kleemann den Ball aufnehmen? „Ich kann mir Dienstleistungs- oder emissionsarmes Gewerbe dort in einer Mischform mit Wohnen vorstellen.“ Kleemann will sich aber nach wie vor parallel für ein interkommunales Gewerbegebiet an der Autobahn 81 einsetzen. „Ich bin überzeugt, dass der Verkehr raus aus unserem schönen, engen Tal muss und eine Lösung an der Autobahn für uns am besten ist.“ Oberstenfeld sollte bei der Gewerbeansiedlung nicht abgehängt bleiben, es gebe nur noch sehr wenige Flächen. Es sei sein Wunsch an einen Nachfolger des Landrats, dass er der Gemeinde bei einem interkommunalen Gebiet helfe.

Wie geht es vor dem Arbeitsgericht zwischen Werzalit-Arbeitnehmern und dem Insolvenzverwalter weiter?

Erfolgreich hatten 58 Arbeitnehmer aus Oberstenfeld auf Wiedereinstellung bei Werzalit geklagt und im März 2018 vor dem Bundesarbeitsgericht Erfurt Recht bekommen. Ein Vergleichsangebot des Insolvenzverwalters lehnte die Mehrheit der Arbeiter dann jedoch ab – was aus Sicht von Jochen Sedlitz nicht nachvollziehbar sei, da er ein relativ gutes Angebot unterbreitet habe. Etwa zwei Drittel der Arbeiter setze das Verfahren vor dem Arbeitsgericht Stuttgart fort, berichtet Jelena Kulic, Juristin bei der DGB Rechtsschutz in Stuttgart. Im Gegensatz zu den Arbeitnehmern vertritt Jochen Sedlitz die Meinung, er habe bei Werzalit keine Arbeitsplätze mehr anbieten können.