Michael Rupflin ist ein Meister seines Fachs. Foto: privat

Michael Rupflin ist seiner Berufung gefolgt. Der Oberstenfelder arbeitet bei dem Sternekoch Franz Feckl in Ehningen. Seine Lehre hat er nach dem Realschulabschluss in Großbottwar beim Ochsen in Oberstenfeld gemacht.

Oberstenfeld - Der Weg in die Spitzengastronomie ist kein Spaziergang. Er gleicht einer beschwerlichen Wanderung, auf der Steine aus dem Weg geräumt und Täler durchschritten werden müssen. Ohne Ausdauer, Kraft, Begeisterung und Menschen, die an einen glauben und fördern, gelingt der Weg an die Spitze nicht. Michael Rupflin hatte alles. Der Oberstenfelder arbeitet nach Gastspielen in der preisgekrönten Gastronomie Österreichs im Team von Sternekoch Franz Feckl in Ehningen. Wieder.

Die Basis für seine Karriere legte der 29-Jährige zunächst jedoch in Oberstenfeld im Ochsen. Der Großvater war Metzger und der Enkel liebte es, dem Opa über die Schulter zu schauen und ihm zu helfen. „Das hat mir unheimlich viel Spaß gemacht“, erinnert sich Rupflin an die Kindheit. Als es darum ging, welchen beruflichen Weg nach dem Abschluss der Realschule in Großbottwar eingeschlagen werden soll, stand für den Teenager eigentlich fest, dass er eine Kochlehre machen will. Doch die Familie – abgesehen von Mutter und Vater – war wenig begeistert. „Sie rieten mir vor allem wegen der Arbeitszeiten ab“, erzählt Michael Rupflin. Der Genussbegeisterte ließ sich jedoch nicht beirren und traf eine Entscheidung, die er bis heute nicht bereut – trotz der Arbeitszeiten.

Nach der dreijährigen Ausbildung arbeitet Rupflin noch drei Jahre als Jungkoch im Ochsen. Schon damals mit dem Ziel, später einmal in der Sternegastronomie zu arbeiten. Ein Ziel, das Lehrmeister Fritz Schick unterstützt. Der Oberstenfelder lässt seine Kontakte spielen und vermittelt seinen Jungkoch zum Kollegen Franz Feckl ins Landhaus Feckl nach Ehningen. „In der Gastronomie hat man es nicht so mit Bewerbungsgesprächen“, erzählt Rupflin und schmunzelt. „Man arbeitet Probe.“ Nach zwei Tagen hat er den Job und ist fünf Jahre lang Teil des Teams Feckl.

Im Sommer 2018 geht es dann für einige Monate nach Oberlech, zum Drei-Hauben-Koch Thorsten Probost, der in der Kochszene als revolutionärer Kräuterkoch gilt. Es folgt eine erneute Zwischenstation im Landhaus Feckl, bevor sich Michael Rupflin wieder auf die Schulbank setzt und in einem Intensivkurs an der Hotelfachschule und Akademie in Heidelberg in knapp fünf Monaten das lernt, was sonst in einem Jahr vermittelt wird. Freizeit? Fehlanzeige. „Der Lernalltag bestand aus sieben Tagen die Woche von früh bis spät. Anders wäre aus Kostengründen eine Meisterausbildung nicht möglich gewesen“, erzählt Vater Martin Rupflin, der mächtig stolz auf seinen Sohn ist. Nach einem erneuten Zwischenstopp in Ehningen macht sich Michael Rupflin im November 2019 für eine Wintersaison zu Martin Sieberer, Tirols konstant höchstdekoriertem Haubenkoch, auf. Rupflin arbeitet mit ihm in der berühmten Paznauner Stube im Gourmethotel Trofana in Ischgl. „Das war eine harte Zeit“, sagt der 29-Jährige. Aber auch eine lehrreiche.

Dann kommt Corona. Der Oberstenfelder bekommt anfangs gar nicht so viel mit. „Wir hatten eine Sechs-Tage-Woche und so gut wie keine Freizeit, aber ich hab’ natürlich die Bilder von Hamsterkäufen in Deutschland gesehen.“ Am 13. März findet die Wintersaison in Ischgl dann ihr abruptes Ende. Knapp zwei Monate vor dem eigentlichen Ende. Der Schock sitzt tief. „Ich hab zuerst einmal daheim angerufen und gefragt, was ich denn jetzt tun muss. Irgendwie ging alles so schnell“, erzählt Rupflin. Er setzt sich in sein Auto und fährt Richtung Bottwartal. Mit dabei zwei Kollegen, die ohne Pkw unterwegs waren – der eine aus Bönnigheim, der andere aus Dortmund. Die drei kommen gerade noch so über die Grenze. Daheim in Oberstenfeld wird dann gleich ein Coronatest gemacht. Auch wenn der negativ ist, verbringt der 29-Jährige die ersten Wochen in Quarantäne in der Einliegerwohnung im Elternhaus. Dann der nächste Schock. Einer der Mitfahrer hat sich infiziert. Für Michael Rupflin bedeutet das ein erneuter Test. Doch auch der ist negativ.

Mit dem Lockdown kommt für den aufstrebenden Koch dann die Arbeitslosigkeit und die Ungewissheit, wie es weitergeht. Aber es geht weiter – und zwar am 18. Mai beim ehemaligen Chef Franz Feckl. Dem Sternekoch fühlt sich Rupflin sehr verbunden. Er ist ein Mentor des 29-Jährigen. „Er hat mich in all den Jahren unterstützt und gefördert. Ich habe unglaublich viel von ihm gelernt.“ Fachlich, aber auch menschlich. Jeder Arbeitstag beginnt im Team Feckl mit einem gemeinsamen Frühstück, bei dem der Tag besprochen wird. Auch mittags und abends wird zusammen gegessen. In der Branche ist das keine Selbstverständlichkeit wie Rupflin weiß. „Oft passiert das im Stehen hektisch zwischendrin.“ Das gemeinsame Essen stärkt hingegen das Teamgefühl.

Und der oft kritisierte raue Ton in der Küche? Rupflin lacht. „Das ist auch so ein Thema – wie die Arbeitszeiten, aber ich hatte auch da bisher immer Glück. Klar, wird es auch mal rauer, aber nie beleidigend.“ Allerdings wisse er von Kollegen, dass dieser respektvolle Umgang miteinander durchaus nicht selbstverständlich ist. Ebenso wenig wie das Auslebenkönnen der eigenen Kreativität in Form von neuen Gerichten und Kompositionen. Rupflins Liebe gehört den Beilagen und Vorspeisen. „Seit Ischgl sind Gemüsevariationen in allen Texturen mein Ding. Zum Beispiel Karotten – roh, gebacken, geschmort und mariniert auf einem Teller mit einem Fisch dazu.“ Geschmackserlebnisse, in deren Genuss seine Familie in Oberstenfeld kommt, wenn er den freien Montag und Sonntag daheim verbringt. „Da kann es schon sein, dass ich für Familie und Freunde mal ein Fünf- oder Sechs-Gänge-Menü koche“, erzählt er. „Aber es muss nicht immer Schickimicki sein.“

Was er sich für seine berufliche Zukunft wünscht? Michael Rupflin muss nicht lange überlegen. Eine Stelle als Küchenchef in einem Sternelokal, dann ein eigenes Lokal und zu guter Letzt einen eigenen Stern. Das wäre der Traum. Wer sich die bisherige Biografie des Oberstenfelder anschaut, hat wenig Zweifel daran, dass es klappen kann.