In der Galluskirche gibt es viel zu entdecken. Foto: avanti

Die Galluskirche ist 275 Jahre alt geworden. Für die evangelische Kirchengemeinde ein Anlass, das Gebäudeder Öffentlichkeit zu präsentieren.

Oberstenfeld - Drei Namen hat die kleine Kirche, die neben der weithin bekannten Stiftskirche in Oberstenfeld nur scheinbar ein Schattendasein fristet. Denn die Galluskirche, die im Volksmund auch „Dorfkirche“ oder auch „Fleckenkirche“ genannt wird, erfreut sich großer Beliebtheit – was auch daran liegt, dass die evangelische Kirchengemeinde sie fleißig nutzt: vor allem in den kühlen Monaten von September bis April, wenn es in der Stiftskirche für Gottesdienste zu kalt geworden ist.

Am Sonntag stand die Galluskirche im besonderen Maße im Blickpunkt. Der Heimatforscher Ernst Schedler führte, unterstützt vom Fotografen Dietrich Peylo, rund 60 Gäste durch die Kirche. Anlass war der 275. Geburtstag des Gotteshauses, das eine bewegte Geschichte hinter sich hat – wovon die Architektur zeugt. Sehenswert ist bereits der Bogen über dem nördlichen Portal. Das aus Stein gemeißelte Wappen mit einem reitenden Oberst deutet den Ortsnamen Oberstenfeld an. Schedler löste bei der Führung auch das Rätsel der lateinischen Inschriften auf der Steintafel gleich darüber: „Deo Triuno Optimo Maximo“, was mit „Gott, dem Dreieinigen, Besten, Höchsten (geweiht)“ zu übersetzen ist. „Das ist das einzige Chronogramm, das ich bis jetzt im Kreis Ludwigsburg entdeckt habe“, erzählt der verdienstvolle Forscher.

Solche Details faszinieren – die wechselhafte Geschichte Oberstenfelds spiegelt sich auch in der Historie der Kirche, deren Wurzeln bis ins 9. Jahrhundert zurückreichen. Es waren die Franzosen, die dem Gotteshaus, das dem Heiligen Gallus gewidmet war, im Jahr 1693 gehörige Schäden zufügten. Jahrelang mussten die Oberstenfelder nach den Wirren des Pfälzischen Erbfolgekrieges warten, bis ein Wiederaufbau 1738 möglich war. Damals gingen Spendeneintreiber auf lange Wanderschaften. Ein Beilsteiner „Strumpfwirker“ namens Mayer gelangte in den Jahren 1742 bis 1744 sogar bis nach London – 26 Wochen lang lag er in dieser Zeit krank nieder. „Ich hätte diese Wege nicht gehen wollen“, erzählt Ernst Schedler unserer Zeitung. Schließlich habe es damals keine Landkarten gegeben, die Wege seien schlecht und die Arbeit als Spendeneintreiber sei auch keine leichte gewesen. Der Heimatforscher, der in seinen Geschichtsbüchern über Oberstenfeld detailliert auf die Galluskirche eingeht, erläuterte den Gästen die Wetterfahne, die Kanzel und die Empore, wo Jesus Christus von Petrus und Johannes flankiert wird.Erwähnung fand auch die geschnitzte Kanzel, die von einem Bürger, der nach Schwäbisch Hall gezogen war, gespendet worden war.

Architektonisch handelt es sich bei der Galluskirche übrigens um eine sogenannte Chorturmkirche. Das heißt, der Chorraum liegt direkt unter dem quadratischen Kirchturm. Laut Schedler keine Seltenheit, „aber dass gleich drei Kirchen in einem Ort so gebaut sind, ist schon bemerkenswert“. Eine Geschichte rankt sich auch um die Orgel in der Kirche. Das Musikinstrument stand früher auf der Empore. Die Baufälligkeit der Orgel führte jedoch um 1960 dazu, dass die Empore abgebaut und die Orgel seitdem ebenerdig im Chorraum steht. Der Oberstenfelder Hans Bierlein erinnerte sich bei der Führung daran, dass er eigenhändig beim Abbau der Orgel mitwirkt und dabei einigen Staub abbekommen hatte.