Der ehemalige Edeka-Markt soll Asylbewerbern ein Dach über dem Kopf bieten. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Der Gemeinderat hat die Vermietung des ehemaligen Edeka für 100 Flüchtlinge gebilligt. Man wolle so verhindern, dass es in der Gemeinde in der Zukunft zu Zwangszuweisungen kommt. Gleichzeitig äußerten die Räte Kritik an Kommunen, die sich bislang nicht an der Unterbringung von Flüchtlingen beteiligen.

Oberstenfeld - Mit großer Mehrheit hat der Oberstenfelder Gemeinderat am Donnerstag die Vermietung des ehemaligen Edeka-Marktes an den Landkreis Ludwigsburg gebilligt, um 100 Flüchtlinge unterzubringen. Nur die beiden CDU-Gemeinderäte Wolfgang Streufert und Gert Friedrich verweigerten ihre Zustimmung.

Mit den neuen Flüchtlingen aus dem Gebiet In den Schafwiesen sowie dem ehemaligen Edeka steigt die Zahl in Oberstenfeld im kommenden Jahr auf 250 (wir berichteten). Damit würde die Kommune doppelt so viele Menschen aufnehmen wie bisher vom Landratsamt bei insgesamt 8000 Flüchtlingen als erforderlich errechnet. Im Kreis gebe es Städte und Gemeinden wie Ludwigsburg und Tamm, die sehr viel leisteten, erklärte Bürgermeister Markus Kleemann – es gebe aber auch Kommunen, die bisher sehr wenig getan hätten. Das Kreishaus hatte ihm am Donnerstag eine Liste gesendet, die er an die Räte weiterverteilte. Darin waren die Kommunen Affalterbach, Eberdingen, Erdmannhausen, Freudental, Hemmingen, Hessigheim, Marbach und Mundelsheim mit bisher null Plätzen für Flüchtlingen genannt. Kleemann wies aber auch darauf hin, dass die Flüchtlingszahlen für die Anschlussunterbringung im nächsten Jahr noch steigen werden – dann drohten unter Umständen auch Oberstenfeld Zwangszuweisungen wie etwa in Sporthallen, vermiete man nicht den Edeka.

Verärgert äußerte sich CDU-Fraktionschef Wolfgang Streufert darüber, tagelang auf die Liste mit den Flüchtlingszahlen in den Kreiskommunen warten zu müssen. „Wir schaffen die Aufgabe nur gemeinsam“, sagte Streufert und mahnte eine sozial gerechte Verteilung unter den Kommunen. Streufert stellte auch die Frage, ob das Landratsamt die geplanten 10,5 Quadratmeter pro Flüchtling im alten Edeka noch auf den gesetzlich festgelegten Mindestwert von 4,5  Quadratmeter reduzieren könne, sodass sogar noch mehr Flüchtlinge zugewiesen werden könnten. Dies sei über den Mietvertrag verhinderbar, so Markus Kleemann. Er rechne mit drei bis vier Monaten für Planung und Umbau. Die Wohneinheiten In den Schafwiesen sollen Mitte Januar bezogen werden. Streufert befürchtet, dass Gemeinden die guten Willen zeigen, immer wieder aufs Neue belastet würden. „Das ist sehr unglücklich.“

Er sei auch für eine gerechte Verteilung unter den Kreiskommunen, sagte Günter Perlinger (SPD). „Aber jetzt geht es darum, Flüchtlinge unterzubringen.“ Im Moment habe Oberstenfeld das Heft in der Hand und könne seine Pflicht vorab erfüllen. „Ich bin froh, dass wir sachlich diskutieren und keine irrationalen Ängste schüren.“ Polemik gegenüber Menschen in Not sei fehl am Platz. „Wir haben den Raum – warum sollten wir ihnen den verwehren und sie in Turnhallen oder Zelten unterbringen?“

In der Pflicht sahen sich trotz Bedenken auch andere Gemeinderäte, die sich äußerten. „Wenn die Leute zu uns kommen, müssen wir sie unterbringen“, sagte Rainer Kurz (Freie Wähler). Scharf kritisierte Monika Bächle (CDU) die Kommunen auf der Liste, die bisher keine Flüchtlinge aufgenommen haben. „Das ist eigentlich unverschämt – ich fordere diese Gemeinden auf, Menschen aufzunehmen.“ Jetzt der Unterbringung im alten Edeka zuzustimmen, sei „rational das Richtige“.

Die fehlende Bereitschaft anderer Kommunen ist auch Michael Meder (Freie Wähler ) ein Dorn im Auge. Wenn aber nächstes Jahr wieder mehr Flüchtlinge kämen, sei man womöglich um 100 Personen in der Unterbringung hinterher, wenn man jetzt nicht in der Erstunterbringung handele.

„Druck aufs Landratsamt ausüben“, empfahl Andreas Fender (FW), damit andere Gemeinden den Kopf nicht weiter in den Sand steckten. „Protestieren müssen wir schon“, sagte Hanns-Otto Oechsle (SPD). Erst hieße es, man müsse schnell handeln, dann aber dauere es, bis Flüchtlinge kämen. Rolf Lutz (SPD) sieht die große Welle der Anschlussunterbringung auf die Kommunen zukommen, „da werden einige noch große Augen bekommen“. CDU-Mann Gert Friedrich: „Es wird denen weiter zugeteilt, bei denen es flutscht“. Michael Sommer (FW) forderte das Kreishaus auf, „Prozentgrenzen einzuhalten.“