So voll war es im Juni 2019 im Mineralfreibad, doch ein Jahr später blieb es geschlossen. Foto: (Werner Kuhnle)

Die Verantwortlichen im Zweckverband Mineralfreibad Oberes Bottwartal überlegen, wie sie ein verlässliches Abstimmungsverhalten bei den Entscheidungen der Verbandsversammlung gewährleisten können.

Oberstenfeld/Beilstein - Traurig bis wütend reagierten viele Bürger, nachdem das Mineralfreibad Oberes Bottwartal im Sommer wegen der Corona-Pandemie geschlossen blieb, das Nachbarbad Wellarium in Steinheim aber öffnete (wir berichteten). Das Nein resultierte aus einer Versammlung des Zweckverbandes der beiden Kommunen Oberstenfeld und Beilstein. Doch weniger das Ergebnis, als vielmehr die Art und Weise wie der Beschluss zustande kam, beschäftigt derzeit die Verwaltungen und politischen Gremien. Denn einige Gemeinderäte scherten von den zuvor getroffenen Beschlüssen der Gemeinderäte aus – und machten durch die dadurch entstehende Uneinheitlichkeit innerhalb ihrer Zweckverbandsvertretung alle Stimmen ihrer Kommune zum Antrag auf die Freibad-Öffnung ungültig. Eine solche Konstellation soll es künftig nicht mehr geben.

Eine Aufarbeitung hatten damals der Oberstenfelder Bürgermeister Markus Kleemann und sein Beilsteiner Amtskollege Patrick Holl versprochen. „Mir ist wichtig, dass wir uns für die nächsten Jahrzehnte gut aufstellen“, sagt der Oberstenfelder Bürgermeister Markus Kleemann, der als Vorsitzender des Freibad-Zweckverbandes fungiert und nicht müde wird zu betonen, dass Beilsteiner und Oberstenfelder bei ihren Beschlüssen für das Freibad in den Jahren zuvor immer Einigkeit erzielt hätten. Während der Corona-Pandemie habe im April die Zeit gefehlt, um sich besser abzustimmen, die beiden Ratssitzungen hätten kurz vor der Zweckverbandssitzung stattgefunden.

Absolut verbindlich sei die Vorgabe des Kommunalrechts, nach der Vertreter einer Kommune einheitlich abstimmen müssen, erklärt Markus Kleemann. Gleichzeitig wolle der Zweckverband ermöglichen, dass niemand gegen seine Überzeugung abstimmen muss – denn genau dies führte ja zu dem Verhalten der Abweichler. „Deshalb ist derzeit das Instrument des Stimmführers als Idee im Gespräch und wird diskutiert“, informiert der Zweckverbands-Vorsitzende. In diesem Fall hebe nur ein Vertreter einer Kommune die Hand stellvertretend für alle anderen im Zweckverband vertretenen Räte. Dies ermögliche die vom Kommunalrecht geforderte Einheitlichkeit, habe aber natürlich auch den Nachteil, dass der einzelne Rat nicht mehr im Abstimmungsverhalten transparent erscheine.

Markus Kleemann selbst mag sich noch nicht positionieren. „Ich will nichts aufzwingen, es gibt sicherlich auch andere Lösungsansätze.“ Wie die Alternativen genau aussehen, wollte er im Gespräch mit dieser Zeitung nicht genau sagen. Es gehe aber auch darum, ob der Zweckverband als Form seine Aufgabe erfüllen könne oder ob es Alternativen gebe. Der Stimmführer sei eine Möglichkeit, im rechtlich zulässigen Rahmen das Problem zu lösen. Denn die Bürgervertreter könnten selbstverständlich in den Sitzungen nach wie vor ihre Meinung äußern.

Insbesondere auf Beilsteiner Seite scheint das Interesse groß, das Stimmrecht eines einzelnen Bürgervertreters nicht einfach aufzugeben – zumal bei einer Abstimmung en bloc die Oberstenfelder Seite wegen ihres höheren Bevölkerungsanteils immer die Mehrheit hätte. Ein Wechsel aus dem bisherigen Geschäftsmodell eines Zweckverbands scheint deshalb keineswegs mehr abwegig. „Die Zweckverbandsversammlung hat in ihrer jüngsten Sitzung die Verwaltung beauftragt, das Stimmverhalten in verschiedenen Rechtsformen wie etwa einer GmbH zu prüfen“, berichtet der Beilsteiner SPD-Fraktionsvorsitzende Bernd Kircher. Offenbar seien viele Beschlüsse des Freibad-Zweckverbands in den vergangenen Jahren formal ungültig gewesen, weil Räte beider Kommunen uneinheitlich abgestimmt hatten. „Das Hundeschwimmen im Jahr 2018 wäre bestimmt nicht zustande gekommen“, ist sich Bernd Kircher sicher.

Der Freibad-Zweckverband sei vor etwa einem Jahr von der Gemeindeprüfung wegen der uneinheitlichen Abstimmungen massiv gerügt worden, teilt Oliver Kämpf von der Beilsteiner Bürgerliste mit. Eine Gesellschaft als Alternativform biete die Chance, mehr Menschen an den Entscheidungen zu beteiligen. „Man könnte einen Beirat bilden, wie bei einer Musikschule, und Nutzer wie die DLRG, Schwimmabteilungen oder Anbieter aus dem Gesundheitsbereich hinzunehmen“, sagt Kämpf. Diese Beiratsmitglieder würden Stimmrecht erhalten – die finanzielle Oberhoheit bliebe bei den Kommunen. „Das würde rein bürokratische Entscheidungen verhindern.“

Offen für Beratung durch Nutzergruppen ist der Beilsteiner Bürgermeister Patrick Holl, allerdings würden diese schon durch die gewählten Räte im Gremium ihre Wünsche weitergeben. Man müsse auch sehen, dass die Verwaltungen die Verantwortung für Pflichtbereiche wie Arbeitsverhältnisse und Finanzen tragen. Unter dem Strich hält Holl eine Veränderung der Gesellschaftsform für das primäre Ziel: „Aus meiner Sicht ist wichtig, dass das freie Spiel der Argumente über die Lager hinweg erhalten bleibt.“ Das müsse nicht unbedingt in einem Zweckverband sein. „Wenn wir allerdings weiter auf einen Zweckverband mit entsprechenden Vorgaben festgelegt bleiben müssen, dann wäre der Stimmführer eine Möglichkeit, uneinheitliches Abstimmen zu vermeiden.“ Das habe dann auch nichts damit zu tun, dass ein Bürgermeister seinen Machtbereich erweitern wolle.

Und die Entscheidung, das Freibad nicht zu öffnen? Der Oberstenfelder CDU-Rat Gert Friedrich, selbst nicht in der Verbandsversammlung, hätte sie vertagt: „Ein paar Wochen später waren die Corona-Ängste nicht mehr so groß.“.