Gähnende Leere im Mineralfreibad Oberes Bottwartal – geht es nach der Aktionsgruppe, soll das im Sommer nicht so bleiben. Foto: Werner Kuhnle

Die Aktionsgruppe „Bottwartaler Freibadretter“ sammelt Unterschriften, damit das Bad nicht geschlossen bleibt.

Oberstenfeld/Beilstein - Nachdem der Zweckverband Mineralfreibad Oberes Bottwartal vor einer Woche beschlossen hat, dass das Freibad diese Saison geschlossen bleibt (wir berichteten), regt sich nun Widerstand gegen diese Entscheidung. „Wie kann man das Familien jetzt antun?“, fragt die Beilsteinerin Dagmar Gemmrich und gründete am Wochenende kurzerhand die Aktionsgruppe „Bottwartaler Freibadretter“ und sammelt nun fleißig Unterschriften gegen die Schließung.

„Kinder und Familien brauchen ihren Freibad-Spaß gerade jetzt“, sagt Dagmar Gemmrich. Sie fordert daher, dass im Falle des Mineralfreibads Oberes Bottwartal nun nicht finanzielle Erwägungen, sondern die konkrete Hilfe für Familien im Vordergrund steht. „Gerade nach den belastenden Einschränkungen während des Corona-Lockdowns bräuchten die Familien in Beilstein und Oberstenfeld keinen Freibad-Lockdown, sondern die Möglichkeit wenigstens in Fahrradreichweite ein kleines bisschen Urlaub im Freibad genießen zu können“, erläutert Dagmar Gemmrich. Viele Familien hätten angesichts der Corona-Krise dieses Jahr keinen Urlaub gebucht oder könnten sich diesen angesichts von Kurzarbeit oder drohendem Arbeitsplatzverlust der Eltern gar nicht leisten.

Die Aktionsgruppe appelliert an den Zweckverband, die Entscheidung zu revidieren. Es dürfe nicht das Geld im Vordergrund stehen, sondern das Allgemeinwohl. „Nach der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg in der Fassung vom 4. Juni ist der Betrieb von Schwimmbädern ab 6. Juni erlaubt. Hygieneregeln müssen eingehalten werden. Viele Freibäder in Baden-Württemberg haben inzwischen geöffnet, doch das Mineralfreibad Oberes Bottwartal darf in dieser Saison nicht genutzt werden. Der Hauptgrund ist nicht das Ansteckungsrisiko, sondern finanzielle Bedenken“, heißt es seitens der Aktionsgruppe.Doch für Dagmar Gemmrich und ihre Mitstreiter gibt es viele zwingende Gründe für eine baldige Öffnung, die sie in einem Schreiben zusammengefasst haben: Neben dem Argument als Urlaubs-Ersatz, sei nämlich auch der Schwimmunterricht für die Kinder absolut notwendig. „Noch mehr Nichtschwimmer – das ist verantwortungslos.“ Zudem sei Schwimmen für alle ein Beitrag zur Verbesserung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit. „Kein Schwimmtraining für Mitglieder der Sportvereine für eine Saison hat verheerende Auswirkungen.“ Und auch in Zeiten der Kontaktbeschränkungen ist ein Treffen mit Freunden notwendig. „Das Freibad ist im Sommer der Ort der Begegnung.“

Dagmar Gemmrich ist sich sicher, dass unter den besonderen Einschränkungen ein begrenztes Angebot erstellt werden kann. Es könnten sich zum Beispiel auch einzelne Besucher an den zusätzlichen Arbeiten wie Desinfektion, Abstandskontrolle und Ähnliches beteiligen. „Eine Öffnung trägt zur Zufriedenheit der Bürger von Oberstenfeld und Beilstein bei. Eine Schließung ist für viele unerträglich“, betont die überzeugte Frühschwimmerin, die die Signaturen der Bürger an der Brücke zwischen Aldi und Rewe entgegennimmt. Die gesammelten Unterschriften will sie in der Beilsteiner Gemeinderatssitzung am Dienstagabend in der Stadthalle übergeben und dort ihre Forderungen vorstellen.

Dass Bürger mit der Freibad-Schließung nicht einverstanden sind, kann der Beilsteiner Bürgermeister Patrick Holl gut nachvollziehen. „Das war zu erwarten es ist klar, dass eine solche Entscheidung nicht völlig regungslos hingenommen wird“, betont Holl. Allerdings bliebe wohl nichts anderes übrig, „auch wenn es schmerzlich ist“. Denn selbst wenn man wollte, gebe es formal keine Möglichkeit, das Thema nochmals auf die Tagesordnung zu bekommen. „Laut Gemeindeordnung darf innerhalb eines halben Jahres nicht noch einmal über einen Sachverhalt beschlossen werden“, erklärt der Beilsteiner Bürgermeister. Sein Oberstenfelder Kollege Markus Kleemann verweist ebenfalls auf die gefasste Entscheidung der demokratisch gewählten Gemeinderäte beider Kommunen. „Das war eine emotional und kontrovers geführte Debatte mit einem ganz knappen Ergebnis“, so Kleemann. „Nichtsdestotrotz gab es ein Ergebnis – und das bedeutet, dass das Mineralfreibad Oberes Bottwartal nicht öffnen wird, auch, wenn es ein tragfähiges Konzept gegeben hätte.“ Er selbst sei zwar für die Öffnung gewesen, werde aber selbstverständlich die Entscheidung der Gremien mittragen. „Diese ist zu akzeptieren.“ Entsprechend habe man auch gleich am Tag nach der Sitzung damit begonnen, das Freibad winterfest zu machen. Verständnis, dass die Leute damit nicht zufrieden sind, hat Kleemann. „Die zu erwartende Aufregung kann ich gut verstehen. Das Freibad ist für die Menschen hier sehr wichtig.“