Redebedarf: Anwohner in Großbottwar tauschen sich mit der Politik aus. Foto: avanti

Beim Lärmschutz an Hauptverkehrsstraßen braucht es oft erst einen Straßenausbau, bis Maßnahmen ergriffen werden. Das ist nicht im Sinne des Erfinders, findet Redakteur Andreas Hennings.

Déjà-Vu. Das kommt auf, wenn irgendwo das Thema Lärmschutz diskutiert wird. Wie etwa diese Woche in Großbottwar am Autobahnzubringer, wo sich betroffene Bürger mit der Politik austauschten. Die Abfolge hat immer wieder dasselbe Muster: Anwohner von Hauptverkehrsstraßen hoffen auf eine Verbesserung – meist seit Jahrzehnten. Darauf, dass ihr Empfinden endlich Beachtung findet und bauliche Maßnahmen ergriffen werden. Womit sie jedoch immer wieder auf Granit beißen – wie auch Kommune und Gemeinderat, die auf die Unterstützung von Landratsamt oder Regierungspräsidium angewiesen sind. Oft tut sich über Jahre wenig bis nichts. Abgesehen von Gutachten. Weil Grenzwerte nicht überschritten werden oder Prioritäten anders gesetzt sind. Finanziell „in keinem Verhältnis“ steht etwa ein Lärmschutz an der A 81 bei Winzerhausen, hieß es vor wenigen Jahren.

Die A 8 bei Pforzheim als Paradebeispiel

Ein Paradebeispiel, welchen Stellenwert Lärmschutz hat – oder eben nicht – ist die A 8, auf der Hunderttausende Autos und Brummis in der markanten Senke nahe Pforzheim den Anwohnern quasi über die Terrasse fahren. Die wichtigste Ost-West-Verbindung Deutschlands und Europas verfügt seit jeher über keinerlei Lärmschutz.

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Mit dem inzwischen gestarteten Ausbau auf sechs Spuren tut sich hier nun etwas, die Fahrbahn wird auf mehreren hundert Metern eingehaust. Die Anwohner, die schon 2008 eine Bürgerinitiative gegründet hatten, hofften auf eine längere Hülle. Am übrigen Abschnitt ist eine Wand vorgesehen – nachdem den Planern, das besagten Presseberichte, nach sieben Jahren aufgefallen war, dass für die Kombination Erdwall plus Wand der Platz teils nicht ausreicht. Ausgerechnet das Lärmschutzkonzept verzögerte nun den Ausbau – Bäume, die den einzigen Puffer zur Bebauung darstellten, wurden dennoch Jahre vor Beginn der Bauarbeiten gefällt.

Für Großbottwar tut sich eine Krux auf

Das Beispiel zeigt: Entlang großer Straßen wird der Lärmschutz oft erst verbessert, wenn die Fahrbahn im großen Stil ausgebaut oder saniert wird. Die übrige A 8 und jetzt auch die A 6 sind mit dem Lärmschutz ja – in positivem Sinne – nicht mehr wiederzuerkennen. Nötig waren dafür aber die Ausbau-Großprojekte. Was zur Krux führt: Es scheint, als müsse Großbottwar hoffen, dass der Autobahnzubringer tatsächlich zur Bundesstraße ausgebaut wird. Was in der Stadt eigentlich umstritten ist, denn so würde noch mehr Verkehr noch mehr Lärm verursachen. Die B 328 als Drohkulisse. Doch offenbar braucht’s genau das, um doch noch den erhofften lückenlosen Lärmschutz hinzubekommen. Ob das im Sinne des Erfinders ist?