Solche Bilder vom beleuchteten Torturm wird es nicht mehr geben. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Um Insekten zu schützen, dürfen öffentliche Fassaden nicht mehr beleuchtet werden. Die Stadt Marbach hat darauf reagiert – was Konsequenzen für zwei Wahrzeichen hat.

Marbach/Ludwigsburg - Dem Marbacher Puls-Rat Hendrik Lüdke ist es eigentlich schon immer ein Dorn im Auge, dass in den Abendstunden städtische Wahrzeichen wie Tor- oder Haspelturm illuminiert werden. Dabei werde Energie verbraucht, Kosten entstünden ebenfalls, moniert er. Außerdem könne das Licht Insekten schaden, sagt Lüdke, der mit seinem Ansinnen, die Lampen auszumachen, allerdings auf verlorenem Posten stand. Bislang jedenfalls. Inzwischen gab es in Baden-Württemberg eine Novelle des Naturschutzgesetzes, durch die Lüdke sein Ziel quasi durch die Hintertür doch noch erreicht. Demnach dürfen Gebäude der öffentlichen Hand nur noch in Ausnahmefällen illuminiert werden, worauf die Stadt Marbach jetzt auch reagiert hat.

Stadtmauer nicht betroffen

„Über die Sommermonate wird die Beleuchtung beispielsweise des Torturms und des Haspelturms abgeschaltet“, teilt Jan Trost, Bürgermeister der Schillerstadt, auf Nachfrage mit. Nicht betroffen sei von der Neuregelung indes die Stadtmauer. „Dort, wo es aus Verkehrssicherheitsgründen erforderlich ist, so zum Beispiel im Bereich der Stadtmauer wegen des dort angelegten Fußweges, muss die Beleuchtung ähnlich wie die Straßenbeleuchtung an bleiben“, betont der Rathauschef. Diese Einschätzung der Sachlage bestätigt Mathias Schmid, Pressesprecher des Umweltministeriums. Grundsätzlich sei es nicht mehr gestattet, Fassaden der öffentlichen Hand in den Wintermonaten von 22 bis 6  Uhr zu beleuchten. Von April bis Ende September gelte das Verbot rund um die Uhr. Allerdings greife diese Vorschrift unter anderem nicht, wenn Passanten nicht mehr gefahrlos einen Gehweg benutzen könnten. Wenn Sicherheitsgründe wie an Gefängnissen dagegen sprechen, dürfe es ebenfalls nicht stockduster werden. Außerdem könnten bei der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Anträge auf Ausnahmegenehmigungen gestellt werden. „Da muss dann abgewogen werden, ob das öffentliche Interesse an der Beleuchtung höher zu gewichten ist als der Insektenschutz“, erklärt Schmid. Als Argument nicht ausreichend sei allerdings, dass ein Gebäude mit Beleuchtung einfach hübscher aussehe.

Das ist auch dem Großbottwarer Bürgermeister Ralf Zimmermann bewusst. Im Fall des Rathauses, das als eines von zwei städtischen Gebäuden beleuchtet werde, verweist er denn auch auf die historisch gewachsene Tradition der Bestrahlung des Amtssitzes. Zudem werde die Fassade auch nicht rund um die Uhr in Licht getaucht, sondern nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt am Abend. Man sei aber gerade dabei, den Sachverhalt aufzuarbeiten und auf rechtssichere Beine zu stellen. Keinerlei potenziellen Konfliktstoff sieht Zimmermann bei der Stadthalle, dem zweiten betroffenen Gebäude. Hier würden zwar der Vorplatz und der Eingangsbereich beleuchtet, aber aus Gründen der Verkehrssicherheit. Im Übrigen verwende man hier wie beim Rathaus insektenschonendes LED-Licht. „Das Thema ist uns wichtig“, betont er. Sein Marbacher Amtskollege Jan Trost hebt ebenfalls hervor, dass man generell in der Stadt auf ökologische Lampen setze. „Im Bereich der Straßenbeleuchtung haben wir vor Jahren bereits große Teile der Beleuchtung in der Kernstadt auf umweltfreundliche und moderne LED-Leuchtkörper umgestellt. Auch im Hörnle sind und werden die Beleuchtungen im Rahmen der Straßensanierungen auf moderne LED-Leuchten umgerüstet“, erklärt Trost, der gespannt ist, wie das Land bei seinen eigenen Sehenswürdigkeiten die Novelle zum Naturschutzgesetz umsetzt.

Ausnahmen für Ludwigsburger Schlösser

Zumindest, was die beiden wohl wichtigsten Aushängeschilder in Ludwigsburg angeht, werden die Lichter trotz der Verschärfung der Vorgaben nicht ausgehen. „Für das Residenzschloss Ludwigsburg und das Schloss Favorite wurde aus Sicherheitsgründen und aufgrund der kulturhistorischen Bedeutung des Schlosses unter Auflagen eine Ausnahme erteilt“, erklärt Andreas Fritz, Pressesprecher des Landratsamts in der Barockstadt. Den Antrag dazu hatte das Land gestellt.

Das bestätigt Steffen Baumann, Pressesprecher des Finanzministeriums Baden-Württemberg. Er verweist darauf, dass für Gebäude von besonderer kultureller, historischer, heimatgeschichtlicher oder architektonischer Bedeutung eine Befreiung gewährt werden kann, wenn „keine besonders schädliche Wirkung auf Insekten zu befürchten“ sei. Baumann berichtet, dass für rund die Hälfte der 62  Monumente, für die die Staatlichen Schlösser und Gärten zuständig sind, Ausnahmegenehmigungen von dem Beleuchtungs-Gesetz wegen besagter „besonderer Bedeutung“ beantragt wurden. Abgesehen von den beiden Ludwigsburger Wahrzeichen habe man bislang für das Kloster Lorch und das Schloss Rastatt grünes Licht erhalten. „Nicht genehmigt wurden Anträge für die Schlösser Mannheim und Favorite in Rastatt-Förch. Die weiteren Anträge sind noch in Bearbeitung“, teilt Baumann mit. Der Pressesprecher beteuert, dass man bei der Beleuchtung den Umweltschutzgedanken im Blick hat. So achte man beispielsweise auf geeignete Lichtfarben und -stärken sowie einen schonenden Abstrahlungswinkel. Tatsache sei freilich auch, dass das Land mit seinen historischen Baudenkmälern, Schlössern, Klöstern, Burgen und Gärten über ein einzigartiges historisches Erbe verfüge. „Dieses Erbe enthält die Verpflichtung, die Kulturdenkmale als lebendige Orte für die Menschen im Land zu erhalten und, soweit möglich, zugänglich zu machen. So gilt es, das Schutzziel des Gesetzes mit dem Bedürfnis der Sichtbarkeit der bedeutenden Monumente in Einklang zu bringen“, erklärt er.

Am Thema dran

Bei der Stadt Ludwigsburg hat man beim Einsatz der Beleuchtung grundsätzlich ebenfalls den Umweltgedanken auf dem Schirm. Man beschäftige sich schon seit einigen Jahren intensiv mit dem Thema Slow Light, erklärt Pressesprecherin Meike Wätjen. „Das heißt, die Stadt setzt Licht sehr sparsam ein: um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und moderate städtebauliche Akzente zu setzen“, erläutert sie. Inwieweit aber nun die Novelle Einfluss auf das Bestrahlen einzelner Gebäude hat, könne sie nicht sagen, da einige zuständige Kollegen aus der Verwaltung diese Woche nicht am Arbeitsplatz seien. „Das Rathaus wird aber zum Beispiel sowieso gar nicht beleuchtet“, betont sie.