Hebammen sind für Geburt und Eltern-Kind-Bindung Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Eine Hebamme zu bekommen, die Mutter und Kinde betreut, ist oft ein Glücksspiel. In Oberstenfeld wollen sich fünf Hebammen im Lauf des Jahres in einer Gemeinschaftspraxis zusammenschließen.

Oberstenfeld - Als Einzelkämpferin möchte Ines Pantle nicht weitermachen. Die Hebamme aus Großbottwar ist froh, dass sie mit vier Kolleginnen aus dem Bottwartal demnächst in Oberstenfeld eine Praxis gründen kann. „So können wir uns gemeinsam viel besser organisieren“, erklärt sie – und ist der Gemeinde Oberstenfeld und dem Landkreis Ludwigsburg dankbar für die finanzielle Förderung. „Ohne diese Hilfen könnten wir das nicht machen.“ So aber könne in einem Haus in Oberstenfeld die Hebammenpraxis Bottwartal im Laufe des nächsten Jahres in Betrieb gehen.

Die Weichen für die Finanzspritze von 5000 Euro als einmalige Zahlung sowie den jährlichen Mietzuschuss von 3600 Euro hat die Gemeinde Oberstenfeld erst vor wenigen Tagen mit einem einstimmigen Gemeinderatsbeschluss gestellt. „Die Hebammen waren vor einigen Jahren auf mich zugekommen“, berichtet der Bürgermeister Markus Kleemann. Er sei froh, dass der Sozialausschuss des Kreistags das Förderkonzept auf den Weg gebracht habe. „Die dezentrale Versorgung durch die Hebammen wird damit gestärkt“, ist sich Kleemann sicher. Immer mehr Eltern hätten Probleme, eine Hebamme zu finden. Auch im Bottwartal liegt die Absagequote bei Anfragen bei etwa 150  jährlich pro Hebamme. Was wohl auch daran liegt, dass manche Schwangere nach den ersten Absagen auch im erweiterten Umkreis sucht.

Das Fördermodell des Landratsamts Ludwigsburg sieht nicht nur vor, den Zusammenschluss von mindestens zwei Hebammen in einer Praxis zu fördern, sondern auch den Anschluss an eine Kinder- oder Frauenarztpraxis. Ein solches Projekt muss mindestens fünf Jahre lang laufen. Flankierend sollten Eltern, denen der Zugang zu einer Hebamme erschwert ist, zusätzliche Angebote wie etwa Stillgruppen, Paarkurse und Ernährungsseminare kostenlos erhalten. „Wir wollen damit Anreize schaffen, die es Hebammen erleichtern, in ihrem Beruf tätig zu sein“, sagt Frank Wittmer, Pressesprecher des Landratsamts Ludwigsburg.

Erst vor drei Jahren hatten die Hebammen im Bottwartal Alarm geschlagen. Stark steigende Kosten der Haftpflichtversicherung und die strikte Begrenzung des Beratungsbudgets auf 20 Minuten durch die gesetzlichen Krankenkassen machten den Beruf immer unattraktiver. Hinzu kommen hohe Fahrtkosten bei den Hausbesuchen. Zwar werden die Hebammen auch künftig die Wöchnerinnen daheim besuchen, kündigt die Großbottwarer Hebamme Ines Pantle an, doch ergäben sich insgesamt in einer Gemeinschaftspraxis Sparpotenziale, weil Ratsuchende im Verlauf ihrer Schwangerschaft oder auch in der fortgeschrittenen Zeit nach der Geburt zur Beratung nach Oberstenfeld kommen könnten. „So können wir die Besuche besser vertakten, wie in einer Arztpraxis auch“, erzählt Ines Pantle. Insgesamt werde man mehr im Team arbeiten und sich gegenseitig vertreten können. Außerdem stehe in dem Haus ein Gruppenraum für Kurse oder ähnliche Veranstaltungen zur Verfügung.

Außer in Oberstenfeld ist auch in Besigheim eine Förderung in Planung, wie der Bürgermeister Steffen Bühler auf Nachfrage berichtet. Die Hebamme Katja Bürger habe sich bereits der Kinderarztpraxis 3KÄSEhoch angeschlossen, dessen Team zum Beispiel die Terminvereinbarung für die Geburtshelferin übernimmt. „Wir haben das im Gemeinderat schon zwei- oder dreimal besprochen und warten noch auf die genaue Berechnung des Landratsamtes“, erklärt der Bürgermeister. Er denke, dass dann der Gemeinderat im Frühjahr einen rückwirkenden Beschluss fassen könne.