Wegen der Masken nur schwer beim Spatenstich zu erkennen (von links): Dirk Güsewell (EnBW), Bürgermeister Jan Trost, Foto: Werner Kuhnle

Der Umweltminister Franz Untersteller sieht beim Spatenstich für die mehr als 100 Millionen Euro teure Gasturbinen-Anlage in Marbach den Aufwand und den Betriebsstoff Heizöl als gerechtfertigt an.

Marbach - Leichtes Heizöl als Brennstoff für ein Kraftwerk – das kann einen Grünen-Politiker im Normalfall nicht zufriedenstellen. Für Franz Untersteller, Umweltminister des Landes Baden-Württemberg, ist jedoch der Neubau der Netzstabilitätsanlage in Marbach ein notwendiger Schritt zu einer Energieversorgung mit möglichst geringem CO2-Ausstoß. Das erklärte er am Montagmittag beim Spatenstich zum zweijährigen Bauprojekt der Energie Baden-Württemberg (EnBW), die mehr als 100  Millionen Euro in ihren Standort im Marbacher Energie- und Technologiepark investiert.

Die Versorgungssicherheit verlange eine solche Netzstabilitätsanlage, erklärte Franz Untersteller. Das Land steige Ende 2022 endgültig aus der Kernenergie aus, und spätestens im Jahr 2038 sollen die Kohlekraftwerke abgeschaltet sein. „Es ist für mich nicht einfach, eine Anlage mit fossilen Brennstoffen zu bauen“, sagte Untersteller, doch das sei in der Übergangszeit vertretbar. Der Ausbau von Stromtrassen für die Windenergie aus dem Norden Deutschlands in den Süden stocke – deshalb müsse für die Energiespitzen in Baden-Württemberg eine „Netz-Feuerwehr“ geschaffen werden. „Nichts würde der Energiewende mehr schaden, als wenn der Eindruck entstünde, unsere Energieversorgung würde durch die verstärkte Nutzung der erneuerbaren Energien unsicherer.“ Die Gasturbinenanlage in Marbach soll von 2022 bis 2032 zehn Jahre lang in Betrieb bleiben. Danach soll sie wieder abgebaut werden.

Den Auftrag zum Bau der Gasturbinen-Anlage hatte der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW GmbH im vergangenen Jahr an die EnBW vergeben. Dem war der Beschluss der Bundesnetzagentur im Jahr 2018 vorausgegangen, die Netzstabilität mit den flexiblen Anlagen zu sichern. „Die Energiewende stellt unser Netz vor eine große Herausforderung“, erklärte Werner Götz, Vorsitzender der TransnetBW-Geschäftsführung. Bewusst habe man sich für den Brennstoff Heizöl entschieden. Schließlich könne in den Öltanks mehr als 70 000 Kubikmeter Öl gelagert werden – das entspreche einem maximalen Bedarf von etwa einem Jahr. Damit sei man unabhängig von kurzfristigen Lieferengpässen, wie sie bei anderen Brennstoffen wie etwa Erdgas auftreten könnten.

Die neue 300-Megawatt-Anlage mit einem 80 Meter hohen Schornstein werde selten in Betrieb gehen, da sie nur als Puffer für Notsituationen diene, versicherte Hans-Josef Zimmer, Technik-Vorsitzender der EnBW. „Sie ist vor allem schnell – und kann binnen 30 Minuten hochgefahren werden“, sagte Zimmer. Er lobte das gute Zusammenspiel der Beteiligten. „Bis zur Baugenehmigung dauerte es nur fünf Monate“, sagte er und dankte diesbezüglich dem Regierungspräsidium Stuttgart. Es habe auch keine privaten Einwände gegeben. „Die positive Haltung der Stadt Marbach war maßgeblich.“ Die Herausforderungen der Energiewende könnten nur mit einem partnerschaftlichen Miteinander gelöst werden.

Das Bauprojekt der EnBW sei eine der größten Investitionen in der Geschichte der Stadt und für die Kommune in schwierigen Zeiten wie ein kleines Konjunkturprogramm, sagte der Marbacher Bürgermeister Jan Trost. Marbach sei auch deshalb im Auswahlverfahren zum Zuge gekommen, weil Heizöl neben Erdgas aus Sicherheitsgründen einen Mix bilde. Da das Kraftwerk als „letzter Notanker“ nur wenige Stunden im Jahr Strom erzeugen soll, habe es im Gemeinderat eine breite Mehrheit gegeben. Jan Trost lobe die Transparenz der EnBW bei der Information der Bevölkerung. Er erwähnte auch die Neubauvorhaben der Unternehmen Jetter und Leopold im Energie- und Technologiepark und sprach von einer positiven Entwicklung der Wirtschaft.