Leihläden wie hier in Stuttgart gibt es bereits. Doch der in Marbach kommt ganz ohne Regale aus. Foto: Archiv (Carolin Holowiecki

Die Marbacher Nachhaltigkeitsgruppe hat einen Online-Leihshop eingerichtet. Ziel ist, damit die Umwelt zu entlasten. Doch auch die Nutzer profitieren von dem Angebot.

Marbach - Der Reflex ist nur schwer zu unterdrücken und meldet sich immer wieder aufs Neue: Man meint beim Schlendern durch ein Geschäft oder den Baumarkt dies und jenes unbedingt zu brauchen, packt es in den Einkaufswagen und zuhause kommt es dann alle Schaltjahre zum Einsatz. Dabei muss das gar nicht sein. Vieles kann man auch leihen, das kostet unterm Strich meistens weniger – oder sogar überhaupt nichts wie bei dem neuen Projekt der umtriebigen Marbacher Nachhaltigkeitsgruppe (n-Gruppe). Das Team hat nun einen virtuellen Leihladen an den Start gebracht.

Das Prinzip ist relativ einfach

„Dahinter steckt der Grundgedanke der Wiederverwertbarkeit. Es soll sich beispielsweise nicht jeder einen Rasenmäher kaufen müssen“, erklärt Andrea von Smercek, die bei der Stadt das bürgerschaftliche Engagement koordiniert und selbst Mitglied der n-Gruppe ist. „Es geht darum, im Alltag Ressourcen zu schonen und weniger zu verbrauchen“, bestätigt Eva Kissel, die die Idee zum Marbacher Nachhaltigkeitskonzept hatte.

Das Prinzip ist relativ einfach. Jeder, der möchte, kann über die Homepage der ökologisch denkenden Ehrenamtlichen einen Artikel zum Verleihen anbieten. Dazu müsse man nur eine kurze Beschreibung und ein Foto mitliefern, erklärt Eva Kissel. Umgekehrt hat auch jeder die Möglichkeit, sich aus dem Portfolio des virtuellen Ladens kostenfrei zu bedienen. Kissel stellt auf Anfrage jeweils den Kontakt zwischen den beiden Parteien her, die sich dann untereinander über das weitere Prozedere austauschen.

Hohe Beteiligung gewünscht

Aktuell sind rund 20 Artikel eingestellt, vom Hochdruckreiniger über die Sackkarre bis zum Fondue und der Kühlbox. Doch das soll nur der Anfang sein und die Produktpalette nach und nach größer werden. Man sei bislang mit dem Projekt noch nicht an die breite Öffentlichkeit gegangen, die Angebote stammten bislang ausschließlich von Mitgliedern der n-gruppe, betont die Marbacherin. Insofern sei das Ganze naturgemäß auch noch nicht richtig ins Rollen gekommen. „Ich würde mir aber wünschen, dass sich jetzt so viele wie möglich beteiligen“, sagt Eva Kissel, die am Ende nur vermeiden möchte, dass einige Produkte zu häufig im virtuellen Regal stehen, also fünf Raclettes auf Abnehmer warten.

Inspiration bei einer Stadtführung

Dass in der Schillerstadt nun eine so außergewöhnliche Plattform etabliert wird, ist übrigens auch dem Umstand geschuldet, dass sich der ursprüngliche Gedanke nicht realisieren ließ. Eva Kissel schwebte zunächst die Entwicklung einer so genannten Bibliothek der Dinge vor. Dabei verleihen öffentlichen Büchereien nicht nur Romane, CDs oder Spiele, sondern auch Gegenstände des sonstigen Bedarfs wie Nähmaschinen oder Werkzeug. Wenn man so will, handelt es sich dabei um leibhaftige kleine Leihläden. Inspiriert wurde die Marbacher n-Gruppe zudem von einer nachhaltigen Stadtführung in Stuttgart, bei der Interessierte einen Einblick vom Konzept der Teilbar in Stuttgart bekamen. Hier haben Bürger Dinge wie ein Feldbett, eine Eiscrememaschine oder ein Laminiergerät gespendet, die andere nach einer Registrierung und dem Bezahlen eines frei wählbaren Mitgliedsbeitrags ausleihen können.

Eva Kissel ging mit dem Konzept auf die Marbacher Stadtbücherei zu, um vielleicht auch dort eine Bibliothek der Dinge aufbauen zu können. Die Leiterin der Einrichtung, Franziska Kunz, musste jedoch fürs Erste passen, denn ihr fehlt derzeit schlicht der Platz dafür, um weitere Artikel zum Verleihen ins Programm zu nehmen. „Daraufhin haben wir überlegt, wie wir das dezentral anbieten könnten“, berichtet Eva Kissel. Und so sei letztendlich die Idee mit dem virtuellen Leihladen entstanden.

Zum virtuellen Marbacher Leihladen kommt man unter https://www.n-gruppe.org/virtueller-leihladen/

Die Bibliothek der Dinge

Etabliert
In Städten wie Dresden oder Waiblingen gibt es bereits eine Bibliothek der Dinge. Heißt: Man kann dort nicht nur Medien, sondern auch andere Gegenstände ausleihen. In Marbach fehlt derzeit der Platz dafür, sagt die Büchereileiterin Franziska Kunz. „Aber längerfristig kann ich mir das gut vorstellen“, betont sie.

Veränderung
Kunz weist darauf hin, dass die Bücherei mehr und mehr zu einem Treffpunkt werde, zu einem Ort mit Aufenthaltsqualität. In dem Zusammenhang ändere sich auch der Bestand, benötige man eher weniger Regalfläche zum Aufbewahren der klassischen Medien. Und ein neues Sortiment an Leihangeboten könne die Attraktivität steigern. „Das ist ein hoch spannendes Thema und könnte im Zuge der Umstrukturierung möglich werden“, resümiert Kunz.