Die meisten Smartphones sind nicht sehr reparaturfreundlich. Foto: /Gottfried Stoppel

Apple ermöglicht jetzt auf politischen Druck hin die Selbstreparatur. Greentech-Unternehmen wie Shift und Fairphone hingegen denken bereits beim Design ihrer Smartphones an Reparierbarkeit.

Bisher war Reparieren für viele Nutzer keine Option: Laut einer Umfrage von Kantar Emnid haben rund drei Viertel der Verbraucher Elektronikgeräte entsorgt, weil die Reparatur zu teuer gewesen wäre. Der Grund: Die Reparatur sei nur direkt beim Hersteller möglich gewesen.

Verbraucherschützer in Deutschland, Europa und den USA fordern deshalb schon länger, dass der Gesetzgeber einschreitet. Im US-Bundesstaat New York wurde im Juni 2022 ein Recht auf Reparatur von Elektronik eingeführt. Hersteller sollen Ersatzteile, Werkzeuge und Reparaturanleitungen den Verbrauchern und freien Werkstätten zur Verfügung stellen, so dass jeder in der Lage ist, seine Geräte eigenständig zu reparieren.

Hersteller wie zum Beispiel Apple sorgten lange Zeit bewusst dafür, dass die Reparaturen aufwendig wurden: Sie verklebten Bauteile, verlangten spezielle Werkzeuge und erlaubten die Reparatur nur in sogenannten autorisierten Service-Werkstätten. Die Upgrade-Fähigkeit vieler Geräte ist schlecht, denn Kamera oder Speicher konnten nicht einfach durch leistungsfähigere Versionen ersetzet werden. Erst seit Kurzem bieten Hersteller für hochwertige Modelle Software-Updates nicht mehr nur für zwei, sondern auch bis zu sechs Jahren an.

Apple reagiert auf Druck von Verbraucherschützern

Apple ändert jetzt gerade auf Druck von Verbraucherschützern und Politik seine restriktiven Reparaturregeln, wohl um drohenden gesetzlichen Regelungen zuvorzukommen: Im Frühjahr startete das Unternehmen in den USA sein Selbstreparatur-Programm für neun Smartphone-Modelle, weitere Modelle und Geräte sollen folgen.

Ein „Repair Tool Kit“ enthält alle notwendigen Materialien für iPhone-Reparaturen und kann für 49 Dollar sieben Tage lang gemietet werden. Mit verschiedenen Pressen können beispielsweise der Akku und das Displayglas hitzebasiert entfernt und wieder verklebt werden. Je nach iPhone-Modell wird die Kreditkarte mit einer Kaution zwischen 915 und 1280 Dollar belastet. Schickt man den Reparaturkoffer nicht zurück, zieht Apple die Kautionssumme ein. Einzelne Teile wie die Pressen können aber auch separat erworben werden.

Begleitend dazu können Endkunden erstmals Originalteile von iPhones direkt bei Apple kaufen. Ausführliche Reparatur-Handbücher stehen kostenlos im Netz zur Verfügung. Noch können nicht alle Modelle selbst repariert werden. Im Moment sind das das iPhone 12 und iPhone 13 in jeweils vier Varianten sowie das neue iPhone SE mit 5G-Chip. Ältere Modelle sind im Moment nicht geplant, dafür sollen auch M1-Macs in das Reparaturprogramm aufgenommen werden.

Modulbauweise erleichtert Reparaturen

Apples Geräte sind jedoch nicht für Selbstreparatur designt. Smartphones des niederländischen Unternehmens Fairphone und des deutschen Unternehmens Shift setzen hingegen bewusst auf Modularbau: Einzelne Bausteine und Module wie Kamera, Akku und Speicherkarte können besonders leicht getauscht werden. Nutzer können mithilfe von Reparaturhandbüchern selbst den Austausch vornehmen, wenn sie keine Reparaturdienste nutzen möchten.

Beide Unternehmen sorgen für verfügbare Ersatzteile über Jahre hinweg und eine freie technische Dokumentation, damit Kunden selbst reparieren können. Die Geräte sind so designt, dass sie den Aufwand für Reparatur und Austausch, insbesondere für Display, Batterie und Ladestecker niedrig halten. Der passende Schraubenzieher gehört zum Lieferumfang. Ziel der Macher ist es, den Lebenszyklus der Geräte um mehrere Jahre zu verlängern und damit dem Wegwerftrend entgegenzuwirken.

BlauerEngel für das Fairphone 2

Das Fairphone 2 war 2016 das erste modulare Smartphone. Das Gerät lässt sich in sieben Einzelelemente wie Display oder Kamera zerlegen. Es wurde so konzipiert, dass die Ersatzteile möglichst verfügbar sind. Auch wurde eine längere Update-Fähigkeit für Android über ein neues Design abgesichert. Es erhielt daher als erstes Smartphone 2016 das Nachhaltigkeitssiegel Blauer Engel. Inzwischen gibt es vier Modelle. Sie laufen nicht nur auf dem Android-Betriebssystem, sondern auch auf Alternativen wie Ubuntu Touch und Sailfish OS.

Bereits elf Modelle der deutschen Firma Shift sind erschienen – alle in einer konsequent modularen Bauweise und mit einem Android-Betriebssystem. Alle Ersatzteile lassen sich bestellen und austauschen. Der Speicher des Shiftphone ist erweiterbar und der Akku einfach zu tauschen. Die Gewährleistung verfällt nicht, wenn Nutzer ihr Gerät aufschrauben oder mit einem neuen Betriebssystem versehen. Im Jahr 2021 erhielt das Unternehmen für das Konzept den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Design. Bereits in den nächsten Wochen will Shift mit Shift13mi sein erstes modulares Notebook auf den Markt bringen.