Die Spaltung in der Gesellschaft wirkt auf manchen „befremdlich.“ Foto: dpa/Christoph Schmidt

Beim MZ-Talk haben die Gesprächspartner einen Einblick gegeben, wie sie die Corona-Situation wahrnehmen und welche Wünsche sie für die kommenden Wochen und Monate haben.

Marbach - Beim MZ-Talk haben die Gesprächspartner einen Einblick gegeben, wie sie die Corona-Situation wahrnehmen und welche Wünsche sie für die kommenden Wochen und Monate haben.

Christine Klotz, Leiterin des Steinheimer Kinderhauses, sprach den anderen Talkgästen aus der Seele, als sie mit Blick auf den Krisenbeginn von einer „Entschleunigung“ sprach. „Ich war viel zuhause und hatte dieses Mal nicht das Gefühl, etwas zu verpassen.“ Allerdings seien die Sorgen gewachsen, etwa was aus den 18 Mitarbeitern des Kinderhauses wird. „Das hat mich belastet.“ Der eigenen Mutter beizubringen, jetzt für sie einzukaufen, sei auch nicht einfach gewesen, ein Besuch der Tochter aus Kanada musste ausfallen. Für die Zukunft wünscht sie sich neben einer baldigen Normalität eine Wertschätzung der Familien ihrem Berufsstand gegenüber. „Sie haben jetzt gesehen, was wir in der Betreuung jeden Tag leisten.“ Auch sei wichtig, sich mehr auf Werte zu besinnen: Was ist im Leben wirklich wichtig?

Anja Wild, Vorsitzende des Marbacher Gesamtelternbeirats, beobachtet eine Spaltung in der Gesellschaft, was auch in der Elternschaft zu spüren sei. „Das ist für mich befremdlich. Wir im ländlichen Raum haben ja, anders als in den Städten, viel Freiraum.“ Die Situation sei zu nehmen, wie sie ist. Für die Eltern wünscht sich Wild eine Perspektive – oder zumindest Anhaltspunkte. „Es gibt viele offene Fragen.“ Sie hofft auf eine gute Kommunikation zwischen Land und Schulen sowie auf Vertrauen in die Verantwortlichen.

Letzterem Punkt schließt sich Jochen Bär, Leiter des Herzog-Christoph-Gymnasiums in Beilstein, an. Egal, ob das das Vertrauen gegenüber Kitaleitern, Elternbeiräten, Politikern oder Vereinsvorständen betrifft. „Ich würde mir auch wünschen, dass mancher Dinge bereut, die er noch Mitte, Ende März losgelassen und an Leute rangeklatscht hat. Dass man sich heute sagt: ‚Mensch, was habe ich damals gesagt. Das war ja total Banane.’“ Generell würde er sich freuen, wenn es die Menschen schaffen, gelassen zu bleiben. Sorgenvolle Nächte bereite ihm die Frage, wie das nächste Schuljahr aussehen wird. Hier sei die Politik gefragt.

Ulrich Hammerle, Vorsitzender des TSG Steinheim, komme die Situation surreal vor, gerade was die Spaltung der Gesellschaft angehe. „Das kann ich nicht verstehen. Und ich frage mich, ob die Menschen, die jetzt auf das Grundgesetz pochen, dieses überhaupt kennen und ob sie die Bilder aus anderen Ländern gesehen haben.“ Er habe in den zehn Wochen nicht den Eindruck gehabt, eingesperrt zu sein. „Die Menschen in Spanien und Frankreich sind seit zwei Monaten in ihren Wohnungen und brauchen zum Einkaufen einen Passierschein“, verdeutlicht er. Er sehe die Situation als Staudamm, in dem sich der Druck langsam aufbaut, und den man nun langsam anbohrt. „Ich hoffe, das Ablassen funktioniert.“ Für die Zukunft wünscht er sich, dass die Politik ihre Souveränität wahrt, die sie zu Krisenbeginn gehabt habe. „Es allen recht zu machen, funktioniert nicht. In unserer Situation zweimal nicht.“ Für die Vereine hofft er auf eine habhafte Perspektive – gerade, was das zweite Halbjahr angeht. „Das erste habe ich gedanklich schon abgehakt.“

Der CDU-Landtagsabgeordnete Fabian Gramling spricht von einem schwierigen Spannungsfeld, was einerseits die Freiheit und andererseits die körperliche Unversehrtheit der Menschen angeht. Gesehen habe man, dass das Gesundheitssystem hierzulande leistungsstark sei. Die Spaltung in der Gesellschaft habe mit den ersten Lockerungen begonnen. Er wünscht sich, dass die Menschen besonnen bleiben, dass sie sich ihrer Eigenverantwortung bewusst sind, damit die Lockerungen nicht zurückgenommen werden müssen – und dass die Gesellschaft aus dieser Situation mitnehmen kann, dass sie in schwierigen Zeiten zusammensteht.

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