Bezirkskantor Andreas Willberg hat die Bandbreite der Lieb-Orgel ausgelotet Foto: avanti

Gut 60 Besucher lauschen bei „Musik zur Marktzeit“ dem Orgelspiel von Bezirkskantor Andreas Willberg.

Marbach - Der Wochenendeinkauf auf dem Marbacher Wochenmarkt dürfte jetzt noch einmal an Attraktivität gewonnen haben: Denn wer mag, der kann sich nicht nur mit frischen Lebensmitteln versorgen, sondern sich zudem mit einer Pause der besonderen Art belohnen. Seit vergangenem Samstag nämlich ertönt ab 11 Uhr die Lieb-Orgel in der Stadtkirche und lädt für ein knappes halbes Stündchen zum Verweilen ein.

Den letzten Ton des 11-Uhr-Läutens wartet Andreas Willberg noch ab, dann lässt er die Pfeifen des eindrucksvollen Musikinstruments ertönen. 60 Besucher sitzen da corona-konform in der Kirche – auch auf der Empore – und lassen sich auf das musikalische Geschehen ein. Das Spiel des Bezirkskantors bewirkt, dass kaum jemand seinen Platz verlässt. Gelegentlich geht noch einmal die Tür auf, weil weitere Liebhaber vom dröhnenden Lockruf des Instruments angezogen, zu dem Konzert hinzustoßen – das Alltagstreiben bleibt draußen. Gut sichtbar sitzt Willberg vor den Tasten und Pedalen und lässt Michael Praetorius´ Werk „Ein feste Burg ist unser Gott“ in verschiedenen Variationen erklingen. Willberg hat das Repertoire mit Bedacht gewählt, denn es fällt an diesem Samstag auf den Reformationstag, der von den evangelischen Christen im Gedenken an die Reformation durch Martin Luther gefeiert wird. Das Stück ist so vital und von dramatischen, treibenden Akzenten geleitet, dass Thomas Meyer, selbst Organist, beim Umblättern der Noten hilft.

Das ist beim zweiten Stück nicht nötig. Die Bach-Komposition „Wir glauben all an einen Gott“ ist ein weiches Werk, dessen sanftes Dahingleiten ganz andere Klänge anbietet und ein gefühlvolles Klangbild vermittelt, das viel Raum für die eigenen Gedanken lässt. Außerdem wird es mit Doppelpedal gespielt – eine Facette, die man in der Stadtkirche optisch begleiten kann, weil der Organist, anders als in der Alexanderkirche, gesehen werden kann. Im Kontrast zum vorigen Werk erklingen schließlich „Praeludium und Fuge in C-Dur“, ein frühes Werk von Bach, dem ein straffer, scharfer und gleichsam strahlender Klangcharakter innewohnt. Willberg lotet die akustische Bandbreite der Lieb-Orgel, die mit ihrem Stil für die „frühen barocken Stücke und den Hochbarock, wie gemacht ist“, weiter gut aus. Anwesend beim Konzert sind auch der Orgelbauer Friedrich Lieb und Mitarbeiter Andreas Klaiber, der einen Tag zuvor noch einmal nach dem Instrument geschaut hat.

Die „Musik zur Marktzeit“ soll auch an den folgenden Samstagen angeboten werden. Durch die Besonderheiten der Zeit erhält die Veranstaltung aber eine kleine Format-Änderung, die sich in Form von „Musik und Gebet zur Marktzeit“ niederschlägt. „Wir wollen uns somit auch den Sorgen und Ängsten der Besucher annehmen“, sagt dazu Dekan Ekkehard Graf.