Barbara Gräsle, Stephan Kalinke und Rudolf Guckelsberger (von links) haben bestens unterhalten. Foto: avanti/Ralf Poller

Der SWR-Moderator Rudolf Guckelsberger hat am Samstagabend im Rathaus Kriminalgeschichten gelesen, das Duo Bitter Green hat dazu musiziert,

Murr - Tatort ist das Rathaus in Murr. Rund 50 Personen halten sich genau zur Tatzeit im Bürgersaal auf. Sie lauschen angeregt „Hauptkommissar“ Rudolf Guckelsberger, der ihnen prickelnde Kriminalgeschichten vorsetzt. Auf äußerst faszinierende, weil lautmalerisch anregende und dabei recht haarsträubende Vortragsweise, versteht sich. Dass die Konzertlesung „Tödlich im Abgang“ in Murr stattfinden kann, ist dem Veranstalter, dem Kulturprisma Murr zu verdanken. Doch Matthias Bader vom Kulturamt begrüßt die Gäste mit einer beruhigenden Nachricht, was zumindest den Besorgnis erregenden Titel anbetrifft. „Das gilt nicht für Sie. Alle kommen heil nach Hause“ garantiert er schmunzelnd und heißt danach nicht nur das Duo Bitter Green willkommen, sondern auch Rudolf Guckelsberger. Der beliebte Sprecher ist bekannt dafür, dass er seine Stimme hingebungsvoll und betont effektiv modulieren kann. Den meisten dürfte er aber auch als Moderator beim SWR bekannt sein. Doch mit dem Krimiabend zeigt Guckelsberger eine ganz neue Dimension: er wechselt sprachlich derart mannigfach die Rollen, dass es für die Zuhörer eine reine Freude ist. Seine spannende, vielseitige Erzählstimme ersetzt gar ein ganzes Schauspielteam. So schlüpft er bei einem Weinkrimi von Wolfgang Ohler, sprachlich originell etwa in die Rolle des weinliebenden Kommissars Panter, der überraschend viel Mitleid mit dem Täter hat. Aber auch den weiteren Handlungsträgern, wie dem dienstbeflissenen Hauptwachmeister Brauner und dem Mörder selbst, gibt er stimmlich signifikante Wesenszüge. Der Wein aber spielt bei dem Krimiabend unter dem Motto „Weinkrimis und Musik“ beileibe keine Nebenrolle, denn Bezug nehmend auf den Kriminhalt, gibt es diverse Weine auch vor Ort im Angebot. So wird vom bewährten Kulturprisma Bewirtungsteam – Karin Schmudde und das Ehepaar Martina und Konrad Storz – zwar kein Champagner ausgeschenkt, dafür aber die Sekt-Hausmarke der Gemeinde, um schließlich auf die sprachlichen Ausführungen von „Cleopatras Erbin“ hinzuführen. Beim ersten Krimi des Abends soll nämlich der Sammler von über 4000 Euro teuren Champagnerflaschen zum Mörder werden, weil seine unwissende neue Freundin, sich ausgerechnet mit dem sprudelnden Luxusgetränk ein Bad nahm. Eine hasserfüllte, herzlos-böse Stimme gibt Guckelsberger einem Ehemann, der den Tod seiner Frau herbeiwünschte und am Ende selber dran glauben muss. Während Guckelsberger literarisch die dunklen Seiten der menschlichen Seele auslotet, läuft seine wohltönende Stimme zur Hochform auf: sie grollt, nörgelt, droht wutschnaubend, surrt süßlich-falsch oder auch genussvoll-diabolisch und gibt selbst einer weiblichen Protagonistin und späterem Mordopfer, eine kieksig-exaltiert klingende Stimmfarbe, mit Hilfe derer er die Szene wirkungsvoll nachzeichnet.

Regelrecht beruhigend für die „mörderisch angespannten“ Nerven der Zuhörer aber ist das Duo Bittergreen: die Instrumente von Barbara Gräsle (Akustische Gitarre und Banjo) und von Stephan Kalinke (Akustik-Bass) ertönen, wie deren menschliche Stimmen auch, im steten Wechsel mit den skurrilen, tiefschwarzen Stories des Sprechers. Bitter Green steht dabei für zeitlose Lieder, vorwiegend aus den 70er und 80er Jahren, die ihre Geschichten erzählen. Die ausdrucksstark gesungenen Lieder, oft auch im Duett, gehen den Besuchern durchaus geschmeidig ins Ohr. In bester Singer-Songwriter Manier bringen die beiden Musiker gefühlvolle Songs aus der Feder etwa von Carol King oder Jim Croce, aber auch deutsche wie der Song „Kugel im Colt“ von Udo Lindenberg auf die Bühne und zeigen obendrein ein anmutiges, freudiges Spiel auf den Saiten. Doch nicht nur das: Guckelsberger sorgt gemeinsam mit den Musikern für einen vielseitigen, unterhaltsamen Abend. Die sorgfältige Auswahl der Krimis, darunter auch der tragische „Tod einer Weinkönigin“ gestattet – glücklicherweise nur akustisch – eine gelungene, mörderische Stimmung, die weniger Gänsehaut, dafür aber eine Menge Heiterkeit und bestes Amüsement erzeugt.