Das Gericht hat ein Geständnis strafmildernd gewertet. Foto: Archiv (dpa)

Der 56-Jährige hat von dem Kind für seine Hilfe beim Schaukeln sexuelle Gegenleistungen verlangt.

Murr - Auf der Schaukel im eigenen Garten zu schweben, gehört für viele sicherlich in die Kategorie „schöne Kindheitserinnerung“. Für eine junge Frau ist das Schaukeln traumatisch geworden, denn es hat sich in ihr Gedächtnis eingebrannt mit den sexuellen Gegenleistungen des besten Freundes ihres Stiefvaters. Am Dienstag musste sich der 56 Jahre alte ehemalige Stuckateur für die Taten vor dem Amtsgericht Marbach verantworten.

Damit hatte der in Murr lebende Mann ganz offensichtlich große Schwierigkeiten. Mit roten Flecken am Hals und immer wieder die Hände zusammenfaltend bestritt er die Vorwürfe und sagte mehrmals nur „Ich habe nichts gemacht“. Die Schaukel im Garten des Freundes in Marbach habe man aufgebaut und befestigt gehabt. „Wir hatten ein gutes Verhältnis, haben miteinander rumgebubelt, ich habe sie gekitzelt oder im Planschbecken nass gespritzt“, erklärte er.

Laut Anklage hatte der 56-Jährige das Mädchen im Alter zwischen acht und zehn Jahren mehrmals sexuell missbraucht. Er hatte ihr beim Schaukeln geholfen, aber stets eine Gegenleistung in Form von sexuellen Handlungen verlangt. Dafür war er mit ihr hinter eine Hütte auf dem Grundstück gegangen. Das Mädchen hatte damit bereits traurige Erfahrungen gehabt: Ihr Stiefvater war bis dahin in der eigenen Wohnung auch schon mehrfach sexuell übergriffig gewesen.

Um dem Opfer die Aussage vor Gericht zu ersparen und das Verfahren nicht weiter auszubreiten, wies das Gericht den Angeklagten darauf hin, dass sich ein Geständnis strafmildernd auswirken würde. Der blieb, wenn auch schon weniger forsch als zu Beginn des Prozesses, dabei: „Ich kann doch nicht etwas gestehen, dass ich nicht gemacht habe.“

Die Mutter hatte einen Verdacht gegen ihren Ehemann, von dem sie inzwischen geschieden ist, gehegt, doch weil das Kind ihr keine Details genannt hatte, hatte sie nichts weiter unternommen. Einmal hatte sie das Mädchen angeherrscht: „Rutsch’ nicht so auf dem Schoss des Freundes rum“. Die weitere Befragung der Frau vor Gericht machte klar, warum sich das hilflose Mädchen dieser Mutter nicht offenbart hatte.

Vor rund zwei Jahren hatte die inzwischen junge Frau, die seit Jahren therapeutische Hilfe braucht, die Sache selbst in die Hand genommen und sich zu einer Anzeige bei der Polizei entschlossen. Drei Mal hatte ein Kriminalbeamter die Frau zu den Vorwürfen, die sich gegen den Stiefvater, dessen Freund und den Bruder der Mutter richten, vernommen. „Ich hatte einen guten Eindruck, sie hat sich nicht grundlegend widersprochen und die Angaben sind sehr schlüssig gewesen“, berichtete der Mann als Zeuge vor Gericht. „Der Stiefvater ist hier bereits verurteilt worden und hat gestanden. Er sagte wörtlich, dass das Mädchen die Wahrheit gesagt hat“, unternahm Richterin Ursula Ziegler-Göller einen weiteren Versuch, dem Angeklagten seine Situation aufzuzeigen. Doch der blieb unwillig. Über eine Stunde lang stand das Opfer daraufhin ¬ unter Ausschluss der Öffentlichkeit ¬ den Prozessbeteiligten im Gerichtssaal Rede und Antwort. Als die Richterin anschließend klar machte, dass die Aussagen des Opfers aus Sicht des Gerichts glaubwürdig waren, knickte der Angeklagte ein und ließ nach einer kurzen Pause seinen Verteidiger erklären, er räume die Taten vollumfänglich ein und bedauere sein Verhalten. Er ging auf den Vorschlag des Gerichts ein, ein Schmerzensgeld von 2000 Euro an das Opfer zu zahlen.

Das Strafgesetzbuch sieht für Täter, die sexuelle Handlungen an einem Kind vornehmen oder an sich vornehmen lassen, eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Die Staatsanwaltschaft beantragte zu der Geldstrafe eine Strafe von einem Jahr und sechs Monaten mit einer dreijährigen Bewährungszeit. Das Gericht wertete das Geständnis strafmildernd und verurteilte den 56-Jährigen, der strafrechtlich noch nie in Erscheinung getreten war, zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einer zweijährigen Bewährungszeit. Weil er schuldig gesprochen wurde, muss der Mann zudem die Kosten des Verfahrens tragen.