Die Freude bei den 22 Jugendlichen nach getaner Arbeit ist groß. Foto: KS-Images.de

Die Jungen und Mädchen hatten für ihre Aufgabe 72 Stunden Zeit.

Murr - Donnerstag, 17.07 Uhr: Die 22 Jugendlichen aus der katholischen Seelsorgeeinheit Freiberg-Ingersheim-Pleidelsheim erfahren ihre Aufgabe bei der 72-Stunden-Aktion des Bunds der deutschen katholischen Jugend (BDKJ): Eine „Chillout Lounge“ für die jungen Leute bauen, die als „unbegleitete minderjährige Ausländer“ in der Unterkunft im Industriegebiet in Murr leben.

Den Außenbereich des betreuten Jugendwohnens in Murr aufzuhübschen, bedeutet eine Terrasse vorzubereiten und zusammenzuschrauben, Sitzmöbel und einen Tisch aus Palettenmöbeln bauen und Erde und Steine für schöne Grünflächen zu schleppen.

Beim abendlichen Treff im Jugendhaus rätseln die jungen Leute zwischen zwölf und 22 Jahren, wie sie das bewerkstelligen sollen. Wie machen wir das? Was brauchen wir? Wer kann helfen? Und wie kommen wir da überhaupt hin?

Zu der 72-Stunden-Aktion, die alle vier Jahre stattfindet, gehört neben dem eigentlichen Schaffen auch die selbstständige Planung und Organisation der drei Tage. „Wir haben uns erstmal Gedanken gemacht, wie wir das angehen und was wir dafür alles brauchen“, berichtet Jugendreferentin Julia Hanus.

Doch die jungen Leute, viele sind Ministranten, sind es gewohnt, ungewohnte Aufgaben mit Spaß und Energie anzugehen. „Jetzt 72 Stunden Vollgas geben!“, war das Motto.

Am frühen Freitagmorgen geht es gut gelaunt von Freiberg nach Murr, die Pleidelsheimer sind von ihren Eltern zur Flüchtlingsunterkunft gebracht worden – ausgestattet schon mal mit Werkzeugen, großzügigem Vesper und vielen guten Wünschen. Für die Sitzmöbel klopften Helen und Lea und all die anderen bei einer Spedition um die Ecke an und wurden wie oft an diesen drei Tagen nicht enttäuscht. Mit dem Motto „Uns schickt der Himmel“ bekamen die jungen Leute viel Unterstützung, sei es beim Material, mit Essensspenden oder beim tatkräftigen Anpacken.

Nach anfänglicher Skepsis schauen auch die Bewohner auf dem Hof vorbei. „Viele verstehen nicht, was hier abgeht, aber sie helfen gerne mit und freuen sich, dass was passiert“, hat Laura beobachtet. Die Praktikantin bei der Caritas, die das Wohnheim betreut, kennt die Bewohner schon ganz gut.

Drei Gruppen kümmern sich um die Außenanlage. Die „Terrassengruppe“ bereitet den Boden für die Lounge vor, die „Gartengruppe“ gräbt mit Hilfe eines Baggers – samt Fahrer von einer örtlichen Firma gesponsert – und von Hand Steine aus und schüttet Erde auf, die „Möbelgruppe“ fängt schon mal an, die Paletten abzuschleifen, was sich als langwierige und staubige Angelegenheit herausstellt.

Immer mittendrin mit Rat und Tat, Schraubenziehern und Bohraufsätzen dabei ist Hausmeister Jörg Steudle, der wie die jungen Leute einen Heidenspaß an der sinnvollen Aktion hat. Jörg hilft, organisiert, fährt und schwätzt einfach gerne. Elinor und Helen rätseln, wie sie die Armlehnen an die Sitzmöbel anbringen können. „Wir wollen da noch Pflanzen unterbringen, dann sieht das schön aus“, sagt Helen.

Die Gartengruppe walzt den frisch ausgesäten Rasen. „Ich schaff das nicht“, ruft Katharina, und Chiara rennt los, um zu helfen. „Alleine kann man fast gar nichts machen, aber zu zweit oder im Team klappt alles viel besser“, hat Eva schnell festgestellt.

Die Jungs sind eher für die Spaßfraktion: Daniel fährt die Kleineren in der Schubkarre spazieren und Stefan „gießt“ nicht nur die neu gesetzten Büsche, sondern auch seine Mitstreiterinnen mit dem Gartenschlauch. Zum Glück scheint die Sonne und alles trocknet schnell wieder. Aber für die Idee, die alte Badewanne aus dem Pfarrhaus in einen Gartenteich umzufunktionieren, schuften die jungen Männer sich richtig ab.

„Es fehlen noch neun Schrauben!“, stellt Kirsten von der Terrassengruppe am Sonntagmorgen entsetzt fest. Statt in den Baumarkt zu fahren, was sonntags halt nicht geht, wird die Werkstatt zu Hause geplündert, um die letzten Arbeiten noch fertig zu bekommen. Viele haben zum ersten Mal gesägt und geschraubt und mussten manches nochmal wieder auseinander nehmen, aber „es ist schon ein Erfolgserlebnis, wenn man es tatsächlich geschafft hat“, findet Jessica.

Lea hat sich ans Telefon gehängt und eine Firma aufgetrieben, die kostenlos am Samstag noch ein Schild mit all den Unterstützern fertigt. Jörg hängt das Emblem der 72-Stunden-Aktion unter großem Applaus der Teilnehmer auf.

Beim – ebenfalls selbst organisierten – Fest am Sonntag zählt Stefan den Countdown um 17.07 Uhr rückwärts. „Geschafft!“, jubeln die Jugendlichen mit ihren Eltern und Freunden von der Kirchengemeinde. „Die letzten 72 Stunden sind so schnell vergangen, es ist so viel passiert und vor allem haben wir total viel Spaß und Gemeinschaft erlebt“, ist das Fazit der Teilnehmer.

Auch Ali feiert gerne mit. Der junge Mann aus Pakistan hat viel mit angepackt und sich gefreut, dass junge Menschen einfach so vorbeigekommen sind, um seine Unterkunft und die seiner Mitbewohner schöner zu machen.