In Murr steht ein kommunalpolitischer Umbruch an. Foto: Werner Kuhnle

Einige Räte treten bei der Kommunalwahl nicht mehr an – darunter drei langjährige Fraktionsvorsitzende.

Murr - D

ie Kommunalpolitik in Murr steht vor einem Umbruch. Schwergewichte wie die Fraktionsvorsitzenden Gunter Hekel (Freie Wähler), Eugen Hofmann (CDU) und Rainer Fröbel (SPD) werden bei der Wahl für den Gemeinderat am 26. Mai nicht mehr kandidieren. Die Suche nach geeigneten Nachfolgern hat schon vor Jahren begonnen – mit unterschiedlichem Erfolg. CDU, Freie Wähler und Grüne haben nach eigenen Angaben schon genügend Kandidaten für ihre Liste gefunden. Nur die SPD muss sich noch strecken, um dieses Ziel zu erreichen.

Bei der SPD hatte der Fraktionsvorsitzende Rainer Fröbel bereits vor einigen Wochen seinen Abschied aus dem Gemeinderat bekannt gegeben. Der langjährige Leiter der Erich Kästner Realschule, der seit 1989 in der Ratsrunde vertreten und auch für die SPD im Kreistag gewählt worden ist, gab familiäre Gründe an. Weiter kandidieren werden Guido Seitz und Said Benali. Man sei immer noch auf der Suche nach Kandidaten für die Liste, berichtet Seitz. Viele mögliche Mitstreiter gäben an, keine Zeit zu haben. „Die Arbeit im Gemeinderat erfordert nicht nur Zeit, sie macht auch Spaß“, sagt der Bankkaufmann, der als Ortsvereinsvorsitzender im neuen Jahr einen neuen Anlauf unternehmen will, um Bürger für die SPD-Liste zu gewinnen. Er denke, dass die soziale Frage nach wie vor Menschen bewege, sich zu engagieren und als Kandidat Verantwortung zu übernehmen, auch wenn es generell leichter sei, nur zu kritisieren. Er sehe auch, dass es reizvoll sei, sich im Ort für wichtige Themen wie niedrigere Kindergartengebühren und bezahlbaren Wohnraum einzusetzen. Bei der Wahl 2014 erreichte die SPD 23,5  Prozent. Sie musste schon damals mit einem Sitz weniger Federn lassen, auch weil die Grünen erstmals mit einer Liste in Murr antraten. Dass es seit den Konflikten der Großen Koalition in Berlin nicht leichter geworden ist, will Guido Seitz trotz der lokalen Ausrichtung einer Kommunalwahl nicht bestreiten. „Unser Ziel ist, den dritten Sitz zu halten.“

Platzhirsche in Murr sind die Freien Wähler – sie holten bei der Wahl vor fünf Jahren rund 37,2 Prozent der Stimmen und haben fünf Sitze in der 14-köpfigen Ratsrunde. „Wir sind eine gewachsene Hochburg“, erklärt der scheidende Fraktionsvorsitzende Gunter Hekel. Der Getränkehändler steht seit 25 Jahren als Gemeinderat und Bürgermeister-Stellvertreter in der ersten Reihe. „Wenn die Alten nicht gehen, können die Jungen nicht kommen“, sagt der 64-Jährige. Weil er nicht erst mit 69  Jahren aufhören wollte, habe er schon vor vier Jahren mit der Suche nach geeigneten Nachfolgern („alles bekannte Persönlichkeiten im Ort zwischen 30 und 40 Jahren“) begonnen und den Ortsvorsitz an den Ratskollgen Uwe Riedel abgegeben. Der Vorsitzende des örtlichen Handels- und Gewerbevereins wird mit der Hauswirtschaftsmeisterin und Vorsitzenden des Sport- und Gesangvereins, Liane Sinn, weiter antreten. Aufhören werden aufseiten der Freien Wähler Dr. Knut Etzel und Dorothe Heidinger. Der Zahnarzt Etzel ist seit 1999 im Amt, die Arztfachhelferin Heidinger seit 2009. Ob es den Freien Wählern gelingt, den vor fünf Jahren verlorenen sechsten Sitz zurückzuerobern, erscheint offen. „Das neuere Wahlrecht begünstigt eher kleinere Listen“, sagt Gunter Hekel.

Bei der Murrer CDU hören Eugen Hofmann und Harry Max auf. Die Räte Gunter Eberhardt und der Stimmenkönig Markus Kaiser machen weiter. Das ist der Stand bei den Christdemokraten, die vor fünf Jahren 28,3 Prozent erzielten und damit bei leichten Verlusten von 1,3 Prozent relativ stabil blieben. Der Fraktionsvorsitzende Hofmann ist seit 25 Jahren im Amt und möchte sich nach der langen Zeit anderen Dingen widmen. „Wenn erst mal eine sechs vorne steht, wird es Zeit, ans Aufhören zu denken“, sagt der 63-jährige Bäckermeister, der mehrere Filialen im Umkreis von Murr unterhält und seine Nachfolge eingeleitet hat. „Ich bleibe noch im Geschäft aktiv, außerdem kommt im Februar unser drittes Enkelkind zur Welt“, erzählt der langjährige Rat, der bei der CDU noch als stellvertretender Ortsvorsitzender im Amt bleibt. Der Tankstellenbetreiber und Kfz-Mechanikermeister Harry Max ist seit 2004 im Rat. Die Suche nach Kandidaten für die Kommunalwahl im Mai habe der Ortsverband schon erfolgreich abgeschlossen – allerdings werde erst bei der Nominierungsversammlung in wenigen Wochen ein Knopf dran gemacht.

Die Grünen-Räte Tayfun Tok und Ellen Mohr-Essig wollen ihre Arbeit fortsetzen. „Wir sind sehr motiviert“, sagt Tok und schätzt den bundespolitischen Rückenwind aus Berlin, der sich auch bei der Kandidatensuche positiv ausgewirkt habe. „Wir haben alle 14 Plätze voll und auch die Quote von 50 zu 50 bei Männern und Frauen erreicht“, berichtet der Grüne, der früher im Büro von Cem Özdemir mitgearbeitet, sich aber inzwischen beruflich verändert hat. Nach 11,1 Prozent bei der Wahl von 2014 strebe man jetzt einen dritten Sitz an. „Wir hatten damals nur 13 Kandidaten und haben jetzt auch noch mal qualitativ zugelegt“, so Tok. Die Architektin Mohr-Essig kenne andere Menschen als er, sagt der Betriebswirt. Als Gemeinderäte habe man neue Bekanntschaften gemacht, was sich bei der Suche positiv ausgewirkt habe. Die Nominierungsversammlung finde am 8.  Februar statt.