Der Dorfplatz steht zur Diskussion Foto:  

Im Langen Feld soll ein weiteres Neubaugebiet erschlossen werden.

Murr - Die Murrer Schatztruhe ist immer noch prall gefüllt. Bei Rücklagen von rund 38 Millionen Euro strotzt der Wirtschaftsriese nach wie vor voller Kraft. Nutznießer sind die Bürger, die dank niedriger Gebühren und Steuersätze vom Wohlstand der Gemeinde profitieren. Aber der Reichtum der öffentlichen Hand ist keine Garantie dafür, dass der einzelne Bürger seinen Traum mit Wohneigentum oder zumindest günstigen Mieten verwirklichen kann. Es fehlt trotz erheblicher Anstrengungen an Wohnraum – und dessen sind sich die Verwaltung und die Gemeinderäte bewusst.

Drei Millionen Euro für bezahlbaren Wohnraum

In den nächsten drei Jahren will die Kommune drei Millionen Euro in die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum investieren. Über den Modus dürfte noch diskutiert werden. Im Gespräch sind genossenschaftliche Modelle wie etwa in Wien, aber auch die Zusammenarbeit mit privaten Investoren.

Ein Beleg für den anhaltenden Run auf Wohnraum ist das Neubaugebiet Langes Feld IV, wo im dritten Bauabschnitt 28 Plätze in Windeseile vergriffen waren. „Wir hatten 128 Bewerbungen“, blickt der Bürgermeister Torsten Bartzsch zurück. Von diesem Andrang leitet das Ortsoberhaupt ab, weiteren Wohnraum auf dem Langen Feld zu schaffen. Sein Leitbild: Auf der grünen Wiese erneut im klassischen Baustil mit Bauunternehmen kooperieren – im Innern der Gemeinde die Nachverdichtung vorantreiben und dort den sozialen Wohnungsbau verwirklichen. Ob die Gemeinde selbst als Bauherrin auftreten oder etwa Grundstücke in Erbpacht zur Verfügung stellen soll? Da sei er „ziemlich offen“. Bartzsch verweist auf die Projekte im ehemaligen Thürrauch-Areal und auf dem alten Eberhardt-Gelände im Ortszentrum. „Jede entstehende Wohnung ist wichtig“, sagt er, denn schließlich würden durch Umzüge aus älteren Wohnungen dort Kapazitäten für Menschen mit einem weniger dicken Geldbeutel frei.

Dass die Gemeinde bereits jetzt rund 50  eigene Wohnungen günstig vermiete, werde oft übersehen, meint Bartzsch, dessen Gemeinde auch bei den Grundstückspreisen im Langen Feld weit unter dem Niveau des freien Marktes blieb und damit jungen Familien aus dem Ort eine Chance gab, sich Wohneigentum zu schaffen. Wie man aber wirtschaftlich schwächeren Menschen erschwingliches Wohnen ermöglicht, darüber werde der neu gewählte Gemeinderat entscheiden. Immerhin steht mit dem Areal am Alten Rathaus schon ein konkretes Projekt an. Es ist aber recht klein und wird den Bedarf beileibe nicht decken können. Auch die Module für geflüchtete Menschen werden trotz weniger Hilfesuchenden vorerst nicht für andere Personengruppen freigegeben.

Erweiterung des Kleeblatt-Heims

Mehr ältere Menschen werden beim Kleeblatt-Heim wohnen, da die Gemeinde diese Einrichtung erweitert. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang der Erhalt der guten Infrastruktur am Dorfplatz. Dort können Bürger fußläufig beim Bäcker oder beim Metzger einkaufen und einen Schwatz halten. Aber nicht nur Ältere auch Kinder werde es in den nächsten Jahren vermehrt in der Gemeinde geben, so Bartzsch. Die Betreuung sei gerade im Ganztagsbereich des Kindergartens am Mühlweg weiterentwickelt worden, „aber bei der Kinderbetreuung kommt man als Gemeinde nie an ein Ende“. So habe man am Kindergarten Lindenweg eine neue Gruppe geschaffen. Offen sei aber noch, ob die Lindenschule in ein Ganztageskonzept einsteigen soll oder ob die Form der klassischen Halbtagsschule beibehalten wird. „Wir warten seit fast einem Jahr darauf, dass das Land den Kommunen konkrete Vorschläge macht, aber es kommt nichts.“

In der Warteschleife hängt auch die Untersuchung von Knotenpunkten an den Landesstraßen 1100 von Marbach nach Murr und auf dem Autobahnzubringer nach Pleidelsheim. „Wir hoffen, dort den Verkehrsfluss optimieren zu können“, sagt Torsten Bartzsch. In Richtung Bietigheim-Bissingen sollte es auch mehr Busverbindungen der Linie 314 geben als bisher. Dies betreffe vor allem Pendler, etwa ins Industriegebiet Bottenäcker.

Autofreier Sonntag

Einen autofreien Dorfplatz am Sonntag wünschten sich bisher nur die Grünen. Wirtschaftliche Gründe sprechen bisher dagegen, da etwa der Bäckerladen dort auch sonntags geöffnet hat. „Wir können froh sein, wenn wir die Infrastruktur an dem Platz erhalten können“, sagt Torsten Bartzsch. Der Bürgermeister richtet den Fokus eher auf die Gestaltung des Platzes. „Wir müssen uns Gedanken machen, wie er künftig aussehen soll.“ Eine Sanierung stehe in den nächsten Jahren irgendwann einmal an. Wichtig sei, die Fußläufigkeit im Ortskern auch für ältere Menschen zu fördern. Die Nachverdichtung am Thürrauch-Areal und am ehemaligen Eberhardt-Gelände in der Frauenstraße erfordere eine bewusste Gestaltung des Verkehrs.