Wenn die Bienen an andere Orte transportiert werden, haben sie Stress. Roland Bröckel achtet darauf, dass die Fahrten kurz sind. Roland Bröckel ist der Vorsitzende des Bienenzüchtervereins Marbach. Foto: Oliver Bürkle

Bienen brauchen heute Hilfe – von Imkern wie Roland Bröckel, aber auch vom Honigkäufer. Dafür sorgen die Tiere für ein intaktes Ökosystem: 80 Prozent aller Pflanzen werden von ihnen bestäubt.

Murr - Bienen – egal, ob Wild- oder Honigbiene – sind seit Millionen von Jahren quasi die personifizierte Nachhaltigkeit. Sie holen von den blühenden Pflanzen zwar Nektar und Pollen, den sie verbrauchen, aber sie tragen dabei auch Pollen weiter. 80 Prozent aller Pflanzen von der Blume bis zum Obstbaum werden so bestäubt und ihr Überleben als Art gesichert. Auch die menschliche Ernährung hängt zu ungefähr einem Drittel von der Bestäubung durch Bienen ab. Ohne sie gäbe es kein Obst und kein Gemüse. Kurz gesagt: Bienen sind unverzichtbar für das Ökosystem. Und wer nachhaltig leben möchte, für den führt an den Bienen kein Weg vorbei.

Roland Bröckel, der Vorsitzende des Bienenzüchtervereins Marbach, ist einer von schätzungsweise 120 000 Hobbyimkern in Deutschland. Rund 60 Völker hat er. Und er möchte, dass es seinen Bienen gut geht. Denn er weiß: „Ohne Imker hätten die Bienen kaum noch eine Überlebenschance.“ Pestizide in der Landwirtschaft, Krankheiten oder Parasiten wie die Varroamilbe, nicht zuletzt aber auch Nahrungsmangel, setzen den Bienen massiv zu. Wo früher bunte Wiesen waren, blüht durch Überdüngung heute kaum noch etwas, Klatschmohn oder Kornblumen in einem Getreidefeld sind leider kaum noch zu sehen.

Das ist einer der Gründe, warum Roland Bröckel seine Wiesen nur noch zweimal im Jahr mäht. „Früher bin ich mit dem Aufsitzrasenmäher drüber gefahren. Bis mir nach drei oder vier Jahren aufgefallen ist, dass kaum noch etwas geblüht hat,“ erinnert er sich. Und genauso lang, erzählt er, habe es gedauert, bis sich die Blumenwiesen wieder erholt hätten. Heute nutzt er einen Balkenmäher, der auch mit höherem Gras zurechtkommt. Auch bei Freunden und Bekannten setzen er und seine Frau Carmen sich dafür ein, dass sie wenigstens eine „wilde Ecke“ im Hausgarten oder auf der Obstwiese dulden. Der Imker bringt aber auch Blumensamen aus – von einheimischen Pflanzen.

Das sei wichtig, betont er: „Durch fremde Samen wurde hier beispielsweise das giftige Jakobskreuzkraut eingeschleppt.“ Zudem engagiert er sich in der Arbeitsgemeinschaft Streuobstwiesen, weil er weiß, dass Insekten wie Hornissen oder Feldwespen, die ebenfalls wichtig für ein intaktes Ökosystem sind, auf Totholz als Nistplätze angewiesen sind. Dieses Wissen gibt Bröckel gerne auch an die Jugend weiter, sei es beim Kinderferienprogramm oder in Jungimkerkursen. Denn Nachhaltigkeit braucht Nachwuchs.

Bei seinen Bienen ist es ihm wichtig, dass sie nicht etwa in Styroporbehausungen leben, sondern in Beuten aus Holz, das er mit Leinöl vor der Witterung schützt. „Holz kann Feuchtigkeit aufnehmen und auch wieder abgeben, das ist wichtig, weil die Bienen den Nektar erst trocknen müssen“, erklärt er. Gegen die Varroamilbe behandelt er seine Völker ausschließlich mit den natürlichen Stoffen Ameisen- und Oxalsäure. Und er arbeitet zwar mit Mittelwänden, wie man die Wachsplatten mit Wabenmuster nennt, aber er lässt auch Naturwabenbau zu. Ohne Drähte, so, wie es die Bienen schon immer gemacht haben. Demeter-Imker beispielsweise sind davon überzeugt, dass man Bienen so natürlich wie möglich leben lassen muss, um sie nicht zu stressen.

Stress für die Bienen ist es aber auch, wenn ihre Behausungen, die Beuten, ständig an andere Orte transportiert werden. Viele Berufsimker machen das, weil sie den Blüten für möglichst hohen Honigertrag oder viele verschiedene Sorten hinterher reisen. In manchen Gegenden werden sie auch für die Bestäubung bezahlt. Roland Bröckel dagegen fährt mit seinen Bienen maximal bis in den Schwäbischen Wald; länger als eine Stunde Fahrt mutet er ihnen nicht zu, und auch die nur bei Nacht, wenn die Tiere ohnehin im Stock sind.

Auch bei der Verpackung des von ihm geernteten Honigs legt er Wert auf Nachhaltigkeit. Statt Plastikdeckeln haben seine Honiggläser einen aus recycelbarem Weißblech. Und auf den Gläsern steht ausdrücklich drauf, dass es sich um Mehrwegglas handelt, das heißt, er nimmt sie gerne zurück. Denn auch die Etiketten kann man leicht lösen, sagt Carmen Bröckel: „Wir drucken die selber auf normalem Papier.“

Und wie kann man als Kunde die Nachhaltigkeit in der Imkerei unterstützen? „Indem man heimischen Honig kauft“, sagt Bröckel. Denn Honig kann man importieren, Bestäubung nicht. Dann könne man auch sicher sein, gute Qualität und kein nachgemachtes Produkt zu bekommen. Allerdings, so räumt er ein, reiche die heimische Produktion nicht aus, um den Honighunger der Deutschen zu stillen. „Hundertprozentige Nachhaltigkeit gibt es nicht“, hat er erkannt. Aber auch viele kleinere Schritte sind wertvoll.