Der Moment des Aufbruchs: Männer sind unter sich, wenn’s aufs Moped geht. Foto: KS-Images.de/Karsten Schmalz

Reine Männersache war die Moped-Oldtimer-Ausfahrt von Murr nach Flein und zurück. Viel Nostalgie war mit am Start, die Laune entsprechend gut.

Murr - Eigentlich sind Aquarien das Haupthobby von Martin Bechle. Im Sommer reitet der Steinheimer jedoch auf einem zweiten Steckenpferd – und das hat zwei Räder: Mit seiner Kreidler RS, Baujahr 1977, ist er am Samstag der Erste, der zur 5. Oldtimer-Ausfahrt des Ski-Clubs Murr vor die Gemeindehalle fährt. Es ist 12.20 Uhr – und noch bleibt etwas Zeit bis zum Start um 13 Uhr. „Man kann sich hier treffen und mit Gleichgesinnten unterhalten“, sagt Bechle, während schon die nächsten Zweiräder knatternd eintreffen.

Der „schöne Geruch“ des Benzins und der Abgase zieht Martin Bechle jedes Mal ebenso in den Bann wie das Aufheulen und das Knattern der Motoren. Zum dritten Mal ist er bei der Murrer Ausfahrt dabei, die diesmal eine 56 Kilometer lange Strecke über Winzerhausen und Neckarwestheim nach Flein und zurück über Ilsfeld, Mundelsheim und Höpfigheim nach Murr bietet. „Bei Tempo  40  sieht man noch etwas von der Landschaft“, schwärmt Bechle, der während einer solchen Fahrt mit dem Oldtimer-Moped prima abschalten kann.

Allmählich füllt sich der Vorplatz. Die Maschinen stehen in Reih und Glied. Viele der etwa 50 Teilnehmer kennen sich. Erst vor zwei Wochen war eine große Ausfahrt in Haberschlacht, an der an die 400 Mopedfahrer teilnahmen. Eine original erhaltene NSU Quickly Baujahr 1957 zieht ebenso die Blicke auf sich wie eine Simson mit Blasebalg-Hupe, die 1963 im thüringischen Suhl gebaut wurde. „Damit sind damals die Erntearbeiterinnen in der DDR auf die Felder gefahren“, weiß Steffen Kretzschmar, der an diesem Tag die Kolonne nach hinten absichert. „Die Simsons dürfen 60 Stundenkilometer fahren, das ist im Einigungsvertrag so festgelegt worden“, berichtet Kretzschmar weiter. Vergleichbare westdeutsche Maschinen mit 50-Kubik-Motor unterlägen der 45-Stundenkilometer-Beschränkung.

Offenbar gibt es einen Markt für die Moped-Oldtimer. Ein interessierter Gast fragt, wie viel er für die ganz regulär auf 125 Kubik hochgetunte Kreidler RS von Dieter Brodbeck aus Großbottwar hinlegen müsste. „Bei 9000 Euro wäre meine Schmerzgrenze erreicht“, sagt der Metzger, der vor allem die Ersatzteile als Kostentreiber ansieht. Normalerweise gebe es Mopeds schon für 1000 bis 2000 Euro.

Es ist inzwischen schon 13 Uhr. Ralf Heidinger versammelt die Teilnehmer um sich. Der Murrer gehört einer sechsköpfigen Ausfahrgruppe an und vertritt Stephan Eckmaier vom Ski-Club, der sonst die Oldtimer-Tour leitet, aber diesmal urlaubsbedingt passen muss. Heidinger, erst vor zwei Jahren vom Moped-Virus infiziert, übernimmt Verantwortung und fährt an diesem Tag vorneweg. Er erklärt, worauf es ankommt, wenn die Kolonne auseinanderfallen sollte. Er weist die Teilnehmer an, im hinteren Abschnitt zu fahren, wenn sie über leistungsstarke und schnelle Maschinen verfügen. Die langsameren Fahrzeuge gehörten hingegen nach vorne. Und dann geht’s los. Der Schwarm brummt und knattert, die Gesichter der Männer blicken freudig und erwartungsvoll aus den Helmen hervor.