Mahir Kizilbel gießt die Mango-Masse in die Eismaschine. Foto: Sandra Brock

Mahir Kizilbel betreibt seit gut vier Jahren sein Eiscafé Mille Miglia. Das Eis stellt er immer in aller Frühe selbst her.

Murr - Ein blaues Eis, bitte“, ordert der junge Mann an der Eistheke von Mille Miglia. Die Höhe des Verkaufstresen erreicht er noch lange nicht. Sein Bruder hebt ihn deshalb hoch – und bekommt dafür im Anschluss gleich auch noch ein blaues Eis.

Engelblau oder Schlumpfeis ist der Renner bei den Kindern, weiß Mahir Kizilbel, der Inhaber von Mille Miglia. Dabei ist eigentlich außer Vanillegeschmack und Farbstoff nicht viel drin im Schlumpfeis. Sein einziges Eis mit Farbstoff übrigens, betont Mahir Kizilbel und verkauft nebenher weiter fleißig Eis, denn zwei Familien sind gerade mit den Fahrrädern auf dem Dorfplatz angekommen. Diesmal landen die Klassiker in den Waffeln und Bechern: Haselnuss, Himbeer, Schokolade und Vanille, Erdbeere. Die zwei Mütter mit ihren Kindern lassen sich auf den Stufen vor dem Eiscafé nieder und schnell kehrt bei der Kinderschar Ruhe ein. Konzentriert wird Eis geschleckt.

Das hat Mahir Kizilbel in aller Frühe am gleichen Tag oder einem der Vortage hergestellt. Immer abends macht er in der Eistheke eine Bestandsaufnahme. Davon hängt ab, welche Sorten er am nächsten Vormittag herstellt. An diesem Morgen sind es insgesamt zehn Fünf-Liter-Schalen voll. Joghurt, Stracciatella, Cookies, Haselnuss, Schoko, Mango, Erdbeer und Vanille – letzteres gleich dreimal, es ist die Lieblingssorte seiner Kunden.

Aber auch Mango steht in Murr hoch im Kurs. Es besteht unter anderem aus Mangopüree, Wasser, Zucker und Bindemittel. Die Rezepte hat Mahir Kizilbel alle im Kopf. Routiniert wiegt er die einzelnen Zutaten ab und mischt sie mit einem überdimensionalen Mixer. Dann kommt die große Eismaschine zum Einsatz. Binnen Minuten kühlt sie die Eismasse auf minus zehn Grad Celsius herunter – unter ständigem Rühren einer Messerspindel.

„Wenn’s piept, ist es fertig“, sagt Mahir Kizilbel, als das Signal ertönt. Er öffnet die Trommel und holt das fertige Mango-Eis aus der Maschine, deckt es ab und stellt es in den Gefrierschrank. „In drei Stunden ist es durchgekühlt und ich kann es verkaufen“, sagt der Inhaber des Mille Miglia und macht sich ans Erdbeereis.

Grundsätzlich gilt: Milcheis und Fruchteis werden getrennt voneinander hergestellt. Außerdem wird von hell nach dunkel, beziehungsweise von mild nach geschmacksintensiv produziert. „Zum Beispiel also erst Vanille, dann Cookies, dann Haselnuss und zum Schluss Schokolade“, erklärt Mahir Kizilbel.

Der Murrer hat, bevor er im März 2011 sein Mille Miglia eröffnet hat, eigens eine Ausbildung bei einem Speiseeishersteller gemacht. Seine Rezepte hat er seither peu à peu verfeinert. Unter anderem hat er den Zuckergehalt heruntergeschraubt. „In Italien und Spanien wird sehr gerne sehr süßes Eis gegessen“, weiß Kizilbel. „Hierzulande mag man es nicht zu süß.“

Das komme bei seinen Kunden ebenso gut an, wie die Tatsache, dass er seit einem guten Jahr auf frische Biomilch vom Murrer Bühler-Bauernhof setzt. Mahir Kizilbel wollte für sein Eis gerne Frischmilch statt H-Milch verwenden und fragte beim örtlichen Bio-Bauern an. „Man kennt sich ja im Ort.“ Seither gibt es (fast) jeden Morgen frische Milch. Die ist nicht nur bio, sie macht sich auch gut im Eis. „Weil sie einen höheren Fettanteil hat, wird das Eis cremiger“, erklärt der 40-Jährige.

Unter anderem kommt die Milch ins Schokoeis. Zunächst wird aber nur ein wenig von der Milch mit 100-prozentigem Kakaopulver aufgekocht, später wird es mit der Milch und den restlichen Zutaten verrührt – auch hier kommt der Riesenmixer wieder zum Einsatz. Die Eismaschine hat beim Milcheis noch eine zweite, wichtige Funktion. Bevor sie die flüssige Masse zu Eis rührt, pasteurisiert sie sie. Acht Sekunden bei 85 Grad reichen dazu aus.

Meist sind es die klassischen Sorten, die Mahir Kizilbel herstellt. Um die 18 hat er jeweils im Angebot. Aber er bietet auch immer mal wieder Exoten an: Feige-Dattel-Balsamico zum Beispiel oder Quark-Sesam-Karamell – mit selbst gemachtem Karamell, versteht sich. „Das nimmt nicht jeder“, weiß er. Aber ab- und zu möchte er schon „ein solches Highlight reinbringen“.

Fantasie ist aber auch bei der Gestaltung der Eisbecher gefragt. Auch hier verlangen die Kunden die Klassiker. Nussknacker, Fruchtbecher, Bananengondel, Erdbeerbecher. Großteils werden auch selbstgemachte Saucen zum Eis verwendet, das Obst wird frisch geschnitten. „Es bringt ja nichts, wenn ich beim Eis so großen Wert auf die Qualität lege und dann bei den Saucen Fertigprodukte kaufe“, sagt Mahir Kizilbel, während er den Erdbeerbecher noch mit Ananasblättern dekoriert.

Mahir Kizilbels Eiscafé ist übrigens zudem Vinothek und Trattoria. „Wir haben seit diesem Jahr die Speisekarte deutlich ausgebaut und bieten auch einen Mittagstisch an“, berichtet er. Deshalb ist es auch gut, dass er in aller Frühe mit der Eisherstellung beginnt und dass sich die Edelstahlbehälter wie am Schnürchen füllen. Denn gegen 10 Uhr kommt Romeo Ferrari. Dann gehört die Küche dem Koch des Mille Miglia, der sich auf den Mittagstisch vorbereitet.

Ein Angebot, das sich herumspricht. Das heißt aber nicht, dass es in Sachen Eis Rückschritte gibt. „Im Gegenteil“, sagt Kizilbel. „Das eine unterstützt das andere.“ Er hat gerade wegen dieser Abwechslung immer große Freude an der Sache. Eis mag Mahir Kizilbel übrigens selbst auch ganz gern – allerdings „nur mal eine Kugel“. Und dann auch eher kein Schlumpfeis.