Ministerin Susanne Eisenmann hat sich über das Projekt informiert und ist überzeugt: Bildungsinhalte müssen durch außerschulische Lernorte gefüllt werden. Foto: Werner Kuhnle

Das Wasserbüffelprojekt soll in den Schulen in der Fläche verankert werden. Das betonte Kultusministerin Susanne Eisenmann bei einem Besuch auf der Weide.

Großbottwar - Gerade mal acht Grad zeigt das Thermometer. Der Wind fegt eisig durchs Landschaftsschutzgebiet zwischen Großbottwar und Kleinbottwar, es regnet und regnet. Die Umweltstiftung NatureLife-International und der Verein für Landschaftspflege und Naturschutz durch Beweidung im Bottwartal haben sich an diesem Samstagnachmittag auf die Wasserbüffelweide in den Auen hohen Besuch aus der Landeshauptstadt eingeladen. Kurz nach 14 Uhr wird Susanne Eisenmann im schwarzen Daimler vorgefahren. Schwarze Hose, königsblaue Jacke, schicke Lackschuhe – die Kultusministerin kommt von einem Indoor-Termin, das ist nicht zu übersehen. „Ich bekomme noch Gummistiefel“, ruft sie dem grünen Landtagsabgeordneten Daniel Renkonen zu, dessen Blick schmunzelnd an ihrem Schuhwerk haften bleibt. Bevor es zu den zehn Wasserbüffeln geht, die an diesem Samstagnachmittag die traute Eintracht auf der anderen Seite der Bottwar genießen, lädt Claus-Peter Hutter, der Präsident der Umweltstiftung, in den geräumigen Unterstand der Weidetiere gleich am Radweg, der von Kleinbottwar nach Großbottwar führt, ein. An seiner Seite: Rainer Luick von der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg und Alois Kapfer, der Vorsitzende des vor drei Jahren gegründeten Vereins zur Förderung naturnaher Landentwicklung in Tuttlingen. Er beschäftige sich seit 25 Jahren mit dem Thema Beweidung, so Kapfer. „Bis vor 150 Jahren wurde unsere gesamte Landschaft beweidet. Weidetiere sind große Pflanzenfresser und wunderbare Landschaftsingenieure.“ Doch leider sei es billiger, Maschinen einzusetzen als mit Weidetieren zu arbeiten und deshalb spielten sie beim Erstellen von Naturschutzkonzepten auch keine Rolle mehr. Dabei beschleunigten Wasserbüffel oder andere Weidetiere biologische Vorgänge. „Prozesse ohne Weidetiere brauchen 40 Jahre, mit ihnen sind es nur vier.“

Seit Ende Mai 2019 grasen die Wasserbüffel in dem rund 15 Hektar großen Gebiet. Schon jetzt sei eine Veränderung der Landschaft, aber auch der Artenvielfalt erkennbar. So habe es vor Einzug der kleinen Herde so gut wie keine Heuschrecken mehr gegeben, berichtet Hutter. Inzwischen gebe es aber wieder welche. Das Wasserbüffelprojekt, sei eine Art „Laborprojekt“, das Administrationen auf allen Ebenen hinter sich brauche, ebenso wie engagierte Mitstreiter wie die Landwirte Andreas und Uli Weigle sowie den Vereinsvorsitzenden Gerhard Fahr, betonte Luick. Sie seien die „Teslas“ des Naturschutzes.Die Drei sind es auch, die die Gruppe zu den gewichtigen Vierbeinern auf die Weide führen. Bis zu 500 Kilogramm bringt ein ausgewachsenes Tier auf die Waage, das von Haus aus friedlich ist, wie Andreas Weigle versichert. Und neugierig, wie sich herausstellt. Die zweibeinigen Besucher werden nicht aus dem Blick gelassen. Als es für einen Moment etwas lauter wird, stellt sich der Chef im Ring demonstrativ vor seine Herde. Das flößt selbst der Ministerin einen gewissen Respekt ein. „Im Moment sind es ihnen zu viele Leute“, erklärt Gerhard Fahr das Verhalten der Tiere. Was nicht heißen soll, dass die Büffel keine Gäste gewohnt sind. Das anfangs durchaus umstrittene Projekt sei längst akzeptiert, versichert der Großbottwarer Bürgermeister Ralf Zimmermann. „Zwischenzeitlich ist auch der letzte Zweifler überzeugt.“

Susanne Eisenmann wundert das nicht. Auch sie ist sichtlich angetan, von dem was sie an diesem Nachmittag sieht und hört. Nachhaltigkeit, Natur und Umwelt seien bildungspolitische Leitziele, so die Kultusministerin. „Aber nur das, was ich kenne, schütze ich auch.“ Corona habe gezeigt, dass es einen Nachholbedarf im Bereich der Digitalisierung gebe. „Aber digitales Lernen allein wird uns nicht weiterhelfen – es wird auf die Mischung ankommen“, ist sie sicher. Bildungsinhalte müssten durch außerschulische Lernorte, wie etwa durch den Besuch auf der Wasserbüffelweide, gefüllt werden. „Deshalb ist die Frage, was wir tun können, um dieses Projekt in den Schulen in der Fläche zu verankern. Der Lernort Natur ist unersetzlich.“ Es brauche nicht nur Nahrungsketten, ergänzte Claus Peter Hutter, sondern Bildungsketten. „Die Leute haben Sehnsucht nach der Natur, aber sie wissen zu wenig.“ Corona habe die Ehrenamtlichen mit Plänen für Führungen und Projekten mit Kindergärten oder Schulen etwas ausgebremst, aber Materialien für Lehrer seien bereits erarbeitet. Außerdem soll ein Natur-, Kultur- und Weinerlebnispfad eingerichtet werden, der nicht nur die Büffelweide einbezieht, sondern auch angrenzende Biotope wie Obstwiesen, Weinberge und den Wald. Die Internet-gestützten Info-Module sollen dann vor Ort, aber auch von daheim aus abrufbar sein.