Das Weihnachtsgeld hilft in diesem Jahr nicht nur beim Geschenkkauf – viele Beschäftigte brauchen es auch, um die hohen Energiekosten zu zahlen. Foto: mago Images/Eibner/Fleig

Gut jeder zweite Beschäftigte in Baden-Württemberg bekommt Weihnachtsgeld. Doch in welchen Branchen und Firmen gibt es am meisten? Und wer legt wie Porsche und Kärcher noch etwas obendrauf?

Nie war das Weihnachtsgeld so wertvoll wie heute: Angesichts der Rekordinflation von mehr als zehn Prozent können gerade in diesem Jahr die Beschäftigten das Extrageld besonders gut gebrauchen. Die Sonderzahlung, die zumeist mit dem Novembergehalt überwiesen wird, ist aber nur in tarifgebundenen Unternehmen eine sichere Bank: Mehr als acht von zehn Beschäftigten mit Tarifvertrag erhalten in diesem Jahr ein Weihnachtsgeld, stellt das Statistische Bundesamt fest. Im Schnitt werden 2747 Euro gezahlt – 2,6 Prozent mehr als im Vorjahr.

Das Internetportal Lohnspiegel.de der Hans-Böckler-Stiftung hat errechnet, dass der Anteil der begünstigten Arbeitnehmer in tarifgebundenen Betrieben mit 79 Prozent fast doppelt so hoch ist wie in Betrieben ohne Tarifvertrag, in denen 42 Prozent davon profitieren. Insgesamt stehe 54 Prozent aller Beschäftigten ein Weihnachtsgeld zu. Doch in welchen Branchen und Firmen in Baden-Württemberg ist das Weihnachtsgeld am höchsten? Wir haben nachgefragt.

Automobil- und Maschinenbau: Porsche und Kärcher stocken das Weihnachtsgeld auf

In der Metall- und Elektroindustrie beträgt die sogenannte Jahressonderzahlung im Tarifgebiet Nordwürttemberg/Nordbaden zwischen 25 und 55 Prozent eines Monatsverdienstes – je nach Betriebszugehörigkeit. Davon profitieren direkt mehr als 500 000 Beschäftigte im Land.

Dies trifft beispielsweise aufMercedes-Benz zu. Porsche geht einen Schritt weiter und stockt die 55 Prozent bereits seit vielen Jahren auf ein volles 13. Monatsgehalt auf. Bosch, ebenso tarifgebunden, hat unter den 130 000 Beschäftigten zu 70 Prozent Tarifmitarbeiter, die ebenfalls vom Extrageld profitieren.

Der Ditzinger Maschinenbauer Trumpf macht die Höhe des Weihnachtsgelds abhängig von der Betriebszugehörigkeit und der Entgeltgruppe, nennt ansonsten keine Zahlen. Verwiesen wird aber auch auf die Gewinnbeteiligung, die dieses Jahr 2400 Euro brutto beträgt.

Kärcher aus Winnenden gewährt zusätzlich zum tariforientierten ein freiwilliges „Kärcher-Weihnachtsgeld“, das sich an der Betriebszugehörigkeit bemisst.

Auch das Waiblinger Unternehmen Stihl verweist neben der Weihnachtsgratifikation zwischen zehn und 55 Prozent eines Monatseinkommens auf die im Mai ausgezahlte Erfolgsprämie in Höhe von 75 Prozent eines Monatsentgelts.

Der Verband Südwestmetall sieht derweil keinen Trend, dass das Weihnachtsgeld diesmal vielfach aufgestockt werden könnte. Dies könnte auch mit der im Tarifabschluss vereinbarten Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro zusammenhängen, die den Drang der Unternehmen zu weiteren Kostenbelastungen bremsen dürfte.

Handel: Bei Lidl, Kaufland und dm gibt es als Extra eine Sonderzahlung

Im Handel beträgt das tarifliche Weihnachtsgeld 62,5 Prozent des individuellen Tarifentgelts. Ziemlich genau jeder zweite Arbeitnehmer der Branche im Südwesten ist in einem tariflich gebundenen Unternehmen angestellt. Das bedeutet aber auch: Jeder zweite Beschäftigte geht leer aus.

Lidl sei Mitglied der Arbeitgeberverbände und halte sich an die Tarifverträge, heißt es beim Discounter – der folglich ein Weihnachtsgeld zahlt. Die Schwarz-Gruppe, zu der neben Lidl auch Kaufland zählt, will die staatlich initiierte Inflationsausgleichsprämie nutzen, ohne jedoch die 3000 Euro voll auszuschöpfen. Vielmehr lassen die Handelssparten Lidl und Kaufland sowie weitere Firmen der Gruppe ihren Tarifbeschäftigten einen Bonus von 250 Euro zukommen.

Aldi Süd teilt lediglich mit, dass den Beschäftigten „in der Regel“ ein übertarifliches Gehalt gezahlt werde. Dazu kämen seit je Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Auch Edeka mag keine Zahlen nennen, weil die Mehrzahl der Märkte von selbstständigen Kaufleuten betrieben werde, in deren Verantwortung die Vergütung läge.

Bei dm betont man, dass die Mitarbeitenden sämtliche tarifliche Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhielten. Zudem kündigt Geschäftsführer Christian Harms für Dezember eine Sonderzahlung an – „mit der wir dazu beitragen möchten, den gestiegenen Lebenshaltungskosten und der Inflation entgegenzuwirken“. Die Sonderzahlungen hätten ein Volumen von knapp 16 Millionen Euro.

Beim Waldenbucher Schokofabrikanten Ritter Sport kommt das 13. Gehalt als tarifliche Leistung je zur Hälfte im Sommer sowie Ende November zur Auszahlung – demzufolge entspricht das Weihnachtsgeld sozusagen einem halben Monatsgehalt. Für die nicht tarifgebundenen Kräfte sei diese Leistung individualvertraglich als Sonderzahlung festgehalten.

Breuninger zahlt in diesem Jahr wieder ein freiwilliges Weihnachtsgeld. Bezogen auf das monatliche Grundgehalt erhalten die Angestellten im aktuellen Monat eine Zusatzzahlung von 50 Prozent ihres Bruttolohns.

Handwerk: Hier gibt es zwischen 20 Prozent und annähernd 100 Prozent eines Monatsgehalts

Unübersichtlich zeigt sich die Lage im Handwerk: „In aller Regel wird auch in diesem Jahr Weihnachtsgeld gezahlt“, sagt Peter Haas, Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstags. Dies sei meist in Tarifverträgen geregelt, aber auch in nicht tarifgebundenen Betrieben sei ein Weihnachtsgeld üblich. Die Höhe schwanke je nach Branche und Betriebszugehörigkeit zwischen 20 Prozent und der Auszahlung von fast einem 13. Monatsgehalt.

Gastronomie: Viele Betriebe stocken das Weihnachtsgeld freiwillig auf

Auch die Gastronomie gewährt ein Weihnachtsgeld – wenngleich wiederum sehr uneinheitlich. Mitarbeitende im baden-württembergischen Hotel- und Gaststättengewerbe, die am 1. November länger als zwei Jahre im gleichen Betrieb beschäftigt seien, hätten gemäß Manteltarifvertrag Anspruch auf eine Jahressondervergütung in Höhe von 750 Euro, sagt Daniel Ohl vom Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Teilzeitbeschäftigte würden anteilig bedacht. Viele Betriebe zahlten aber auch freiwillig ein 13. Monatsgehalt als Weihnachtsgeld.

Allerdings sei der wirtschaftliche Druck aufgrund der Verluste in der Coronakrise und der Kostensteigerungen so groß, dass nicht alle Betriebe in der Lage seien, mehr als die tariflich vereinbarten Zahlungen zu leisten.

Der allgemein verbindliche Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe, in dem die Jahressonderzahlung geregelt ist, gilt für alle Betriebe der Branche.

Banken und Versicherungen: Die LBBW zahlt auch eine Inflationsausgleichsprämie

Die LBBW zahlt im November das im Bankgewerbe tariflich vereinbarte 13. Monatsgehalt. Unabhängig davon gewährt sie all ihren Beschäftigten noch eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 2000 Euro. Die steuerfreie Sonderzahlung soll in zwei Tranchen ausgezahlt werden: zunächst 1200 Euro zum 1. Dezember, die weiteren 800 Euro dann im Februar 2023.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Allianz in Stuttgart erhalten eine tarifliche Sonderzahlung (Weihnachtsgeld) in Höhe von 80 Prozent eines Monatsgehalts.

Baubranche: Bei Züblin beträgt das Weihnachtsgeld rund drei Viertel eines Monatsgehalts

Der Strabag-Konzern, zu dem auch das Stuttgarter Bauunternehmen Züblin gehört, zahlt das tarifliche Weihnachtsgeld. Es beträgt für gewerbliche Arbeitnehmer das 123-Fache des Gesamttarifstundenlohns und für Angestellte 72 Prozent des Tarifgehalts – grob gesagt erhalten damit fast alle Beschäftigten rund drei Viertel einer tariflichen Monatsvergütung.

Der Verband der Bauwirtschaft Baden-Württemberg schätzt den Anteil der verbandsgebundenen Betriebe im Bauhauptgewerbe auf ungefähr 70 Prozent. Trotz Inflation werde kein Trend zur Aufstockung des Weihnachtsgelds festgestellt. „Die Bauwirtschaft blickt derzeit sehr skeptisch in die Zukunft“, heißt es. Überall – und insbesondere im Wohnungs- und Wirtschaftsbau – gingen die Auftragsbestände deutlich zurück. Bezüglich der Inflationsausgleichsprämie deutet sich keine tarifliche Regelung an. Insofern müssten die Betriebe wohl jeweils eine individuelle Lösung finden, heißt es. Viele Betriebe beabsichtigten eher, von 2023 an die Inflation mit kleineren monatlichen Zusatzbeträgen auszugleichen.

Energiebranche: Die EnBW zahlt nur tariflich Beschäftigten Weihnachtsgeld

Bei der EnBW erhalten alle Mitarbeiter in tariflich gebundenen Beschäftigungsverhältnissen Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts – eine Aufstockung ist nicht vorgesehen. In außertariflichen Arbeitsverträgen ist in aller Regel kein solcher Anspruch geregelt.

IT-Branche: Weihnachtsgeld? Hier zählen meist andere Vergütungen

In der IT-Branche sind die Vergütungen variabler – Tarifverträge und Weihnachtsgeld sind für viele Unternehmen Begriffe aus der alten Wirtschaft. SAP teilt mit, dass es kein Weihnachtsgeld oder 13. Monatsgehalt gebe – „stattdessen haben wir ein Zielgehaltsystem mit einem Grundgehalt und einer leistungsbezogenen Komponente, also einen Bonus“, so ein Sprecher. Dieser bemesse sich nach bestimmten Faktoren, unterschiedlich je nach Bereich und Jobprofil.

Auch der Stuttgarter Softwareentwickler GFT zahlt kein Weihnachtsgeld.