Die Industrialisierung war ein Grund dafür, dass Formen der Kinderbetreuung eingeführt wurden. Foto: dpa

Familienpolitik im Laufe der Zeit – Folge 2

Familienpolitik im Laufe der Zeit – Folge 2

17./18. Jahrhundert Einflüsse der Naturphilosophie und Aufklärung: Staatlich-gesellschaftlicher Umgang mit Ehe und Familie wird geprägt. Die juristische und die philosophische Literatur dieser Zeit setzten sich mit Fragen des Ursprungs, des Zweckes, der Notwendigkeit und der Natur der Ehe auseinander. Die Rollen von Mann, Frau und Kindern wurden zunehmend auch losgelöst von religiös-moralischen Vorgaben beschrieben. Beispiele dafür finden sich in Jean Jacques Rousseaus "Émile" von 1762 oder im Werk von Joachim Heinrich Campe (1746-1818), der als Begründer der Kinderpsychologie gelten kann.

1794 Allgemeines Preußisches Landrecht/1804 Code Napoleon: Diese stark von den Gedanken der Aufklärung geprägten Theoriefragmente fanden Eingang in die ersten modernen Kodifizierungen von Familienrecht im "Code Napoleon" (1804) sowie im Allgemeinen Preußischen Landrecht (1794). Letzteres nahm zwar die Erkenntnisse der Kinderpsychologie auf, regelte aber gleichzeitig im Sinne des (aufgeklärten) Absolutismus "staatsunmittelbar" und im Detail das Binnenverhältnis der Familie. So schrieb es zum Beispiel der Mutter vor, die "Kinder selbst zu säugen" (Paragraph 76 II 2), und forderte von den Eltern, sie seien "schuldig, ihre Kinder zu künftigen brauchbaren Mitgliedern des Staates" zu erziehen und in "einer nützlichen Wissenschaft, Kunst oder (einem) Gewerbe" zu unterweisen (Paragraph 108 II 2). Dies sollte ausdrücklich in Abstimmung mit den Söhnen geschehen (die Töchter waren mangels Gleichberechtigung nicht betroffen).

1802 Detmold, 1844 Paris und 1849 Wien : Die ersten Kinderkrippen wurden im 19 Jahrhundert – meist von Adligen – eröffnet: Die Industrialisierung und die damit verbundene Landflucht waren Grund dafür, dass sich Formen der Kinderbetreuung – jenseits des Familienverbandes – etablierten. Das Angebot der Kinderbetreuung richtete sich damals in erster Linie an verarmte Familien oder verwitwete Frauen, die durch Erwerbsarbeit den Unterhalt der Familie sichern mussten.

19. Jahrhundert Entstehung der Sozialen Frage – erste Maßnahmen der sozialstaatlichen Absicherung: Krankheit, Unfall, Invalidität und Alter. Mit dieser "Sozialisierung" von Lebensrisiken wurden die Arbeitnehmer und ihre Familien ein Stück weit entlastet.

1914-1918 Erster Weltkrieg: Ausbau der Kinderkrippen, da junge Mütter als zusätzliche Arbeitskräfte gebraucht wurden.

1919-1933 In der Zeit der Weimarer Republik wurden die meisten Betreuungseinrichtungen aufgrund der nicht realisierbaren Finanzierung geschlossen.

1917 Der neue russische Staat erließ nach der Revolution schon im Dezember 1917 zwei Dekrete über die "Zivilehe, die Kinder und die Führung des Personenstandsregisters" sowie über die "Ehescheidung",die Ehe und Familie dem Verständnis des "neuen", freien, sozialistischen Menschen anpassten. So wurden Scheidungen erleichtert, der Mutterschutz ausformuliert und das Prinzip der Gleichberechtigung in der Ehe eingeführt.