Kaffee zum Mitnehmen ist beliebt, die ordnungsgemäße Entsorgung weniger. Foto: dpa/B. v. Jutrczenka

Freie Wähler und Grüne wollen etwas gegen den überbordenden Verpackungsmüll beim Essen zum Mitnehmen unternehmen – und wünschen einen Umstieg auf Mehrwegsysteme.

Marbach - Es kann das reguläre Geschäft nicht ersetzen. Aber immerhin lässt sich für Gastronomen in der Coronakrise mit der Ausgabe von Mahlzeiten zum Mitnehmen der eine oder andere Euro verdienen. Doch auch vor der Pandemie war Essen to go ein aufstrebender Geschäftszweig. Daran haben auch die Freien Wähler und die Grünen im Marbacher Gemeinderat nichts auszusetzen. Was sie aber stört, sind die Abfallberge, die entstehen, wenn Kunden die Verpackungen achtlos in der Landschaft entsorgen. Zudem fällt fast immer zusätzlicher Müll an, weil die Behälter in der Regel nach einmaliger Benutzung nicht mehr zu gebrauchen sind. Deshalb wollen beide Fraktionen gegensteuern. Unabhängig voneinander haben sie beantragt, ein System in der Stadt zu etablieren, bei dem Mehrweggeschirr verwendet wird.

Von Mannheim inspiriert

Die Idee dazu kam Dr. Michael Herzog von den Freien Wählern, als er im Fernsehen einen Bericht über Mannheim verfolgt hat, wo die Umstellung auf wiederverwertbare Behältnisse bereits in Angriff genommen wurde. „Da habe ich mir gedacht: Was Mannheim kann, kann die Schillerstadt schon lange“, sagt er.

Wichtig sei dabei, einen Ansatz zu finden, mit dem die örtlichen Gastronomen mitgehen können. Insofern haben die Freien Wähler auch keinen Anbieter vorgeschlagen, der die Module bereitstellt. Klar ist aber für Michael Herzog und seine Fraktion, dass die Stadt sich finanziell einbringen und eine Anschubfinanzierung leisten sollte. Den Grünen schwebt ebenfalls vor, den Wirten am Anfang mit einem Zuschuss unter die Arme zu greifen, damit das Projekt in Schwung kommt. 250 Euro soll jeder Gastronom erhalten, der sich einklinkt. Im Gegensatz zu den Freien Wählern haben sie zudem nach längerer Recherche sogar ein bestimmtes System im Blick: Man schlage vor, mit der Firma Local to go aus Cleebronn zusammenzuarbeiten, berichtet Susanne Wichmann. „Das ist aus unserer Sicht das beste Konzept, es ist einfach und günstig“, erklärt die Grünen-Rätin. Zudem seien die Materialien sehr robust, erlitten zum Beispiel in der Spülmaschine keinen Schaden.

Das System soll so funktionieren, dass die Kunden pro Mehrwegschale eine Pfandgebühr von fünf Euro, je Becher 2,50 Euro bezahlen. Zurückgeben können sie das Geschirr bei einem beliebigen Wirt, der sich an dem Projekt beteiligt. Die Behälter werden von Local to go bereitgestellt, das sich über eine monatliche Gebühr pro Teilnehmer von 40 Euro finanziert, erläutert Susanne Wichmann.

Drei verschiedene Größen

Insgesamt sollen in Marbach drei verschiedene Behälterarten in den Umlauf gehen: einer für größere Mahlzeiten, ein kleinerer zum Beispiel für Salat sowie ein Becher für Getränke. Das Geschirr lasse sie eigens bei dem Mehrwegspezialisten Ornamin in Minden fertigen, sagt Stefanie Fischer von Local to go.

Michael Herzog von den Freien Wählern kann sich vorstellen, dass seine Fraktion ebenfalls auf dieses Pferd setzt und dem Grünen-Vorschlag folgt. Aber immer unter der Voraussetzung, dass damit der Nerv der Gastronomen getroffen wird, betont er.

Die Chancen dafür scheinen nicht schlecht zu stehen. Denn nicht nur die Grünen finden die Lösung von Local to go am charmantesten. „Der Impuls kommt von verschiedenen Seiten“, sagt Susanne Wichmann. Im Laufe der Recherchen sei man mit der Marbacher Nachhaltigkeitsgruppe und der Citymanagerin Heike Büttner zusammengetroffen, die parallel nach einer Alternative zu den To-go-Wegwerfbehältern Ausschau gehalten hatten. „Gemeinsam mit Mitgliedern der N-Gruppe und Frau Büttner haben wir vier Mehrwegsysteme begutachtet und sehen in der Firma Local to go das beste Angebot für Marbach“, schreiben die Grünen in ihrem Antrag. Eine Abfrage der Citymanagerin habe ergeben, dass sechs Gastronomen an der Einführung eines Mehrwegsystems Interesse haben.

Wie die Verwaltung zu der Idee steht, ist noch unklar. Man werde die Anträge aufarbeiten und eine Stellungnahme abgeben, wenn der Haushalt beraten werde, sagt Bürgermeister Jan Trost.