Eine Büste am Gebäude Strohgasse 14 zeigt Dietrich Wunderlich. Foto: Stadtarchiv/ Michael Weber

Geschichte kann spannend sein. Das beweist der Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring. Er beleuchtet die Geschichte der Familie Wunderlich.

Marbach - Viele Geschichten handeln vom Tellerwäscher, der zum Millionär geworden ist. Diese hingegen von einem Hutmacher, dessen Nachkommen es zu einem beträchtlichen Vermögen gebracht haben. Aufgeschrieben hat die Geschichte der Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring, sie dreht sich um die Familie Wunderlich in Marbach. Schon lange wollte er die mal angehen, berichtet Gühring. Als er dann vom Verein für Familienkunde für einen Beitrag zum Jubiläumsband zum 100-jährigen Vereinsbestehen angefragt wurde, machte er Nägel mit Köpfen. Zwar wurde aufgrund der Pandemie das Jubiläum nicht gefeiert und „nur“ ein ganz normales Jahrbuch herausgegeben. Die Geschichte der Familie Wunderlich ist trotzdem zu Papier gebracht.

Sie beginnt mit dem Stammvater Alexander Wunderlich, der Hutmacher war und im 16. Jahrhundert in Marbach lebte. Er legte auch den Grundstein für das später exorbitant hohe Vermögen seiner Nachkommen. Einer davon war Daniel Wunderlich. Er lebte von 1617 bis 1670 und war ein reicher Handelsmann in Marbach. Gemeinsam mit seiner Frau stiftete er den Kanzeldeckel in der Alexanderkirche, doch zwei Jahre später erlag er der Gelbsucht, die auch eine Badekur in Wildbad nicht hatte heilen können. Zu seinem Vermögen zählten neben einem Haus und einer Scheune auch „Kleinodien“ wie ein Siegelring, zwei silberne Ketten und mehrere silberne Löffel. Hinzu kamen 28  Pfund Zinngeschirr, 21 Eimer Wein der Jahrgänge 1667 bis 1669 und „Hantierungswaren“ im Wert von 587 Gulden und 38 Kreuzer. Zum Vergleich: „20 Gulden kostete etwa eine Kuh“, erklärt der Marbacher Stadtarchivar. „Und für 200 bis 300 Gulden konnte man sich ein ganz nettes Häusle bauen.“

Noch beeindruckender liest sich in diesem Zusammenhang die Vermögensauflistung von Daniel Wunderlichs Sohn Dietrich. Um das Jahr 1650 geboren, wurde er wie sein Vater Kauf- und Handelsmann, hatte aber auch das Amt des Marbacher Amtsbürgermeisters inne. Wie er aussah, kann man noch heute sehen: Eine Büste zeigt ihn am Erdgeschoss des Gebäudes Strohgasse 14 – einem seiner Häuser. Dietrich Wunderlich war zweimal verheiratet, seine erste Frau starb früh, mehrte aber sein Vermögen nicht unerheblich: 574 Gulden Bargeld, aber auch mehrere Silberbesteckteile, Zahnstocher, Röcke, Hut, Mieder, Hamburger Strümpfe, englische Winterstrümpfe, eine gesteppte Schlafhaube und vieles mehr sind aufgelistet – was übrigens anno dazumal Vorschrift war, wie Gühring erklärt. „Bei Verheiratung und im Todesfall wurde das Vermögen aufgenommen, das diente der Besteuerung und Erbteilung.“

Der Stadtarchivar weiß diese Bücher sehr zu schätzen. „Da ist alles drin bis zum letzten Taschentuch und zur letzten Socke.“ Und das Buch über die Vermögensverhältnisse von Dietrich Wunderlich war ihm gleich ins Auge gefallen. „Es ist wahnsinnig dick.“ Seitenweise wird aufgeführt, was Dietrich Wunderlich an Vermögen angehäuft hatte – von einer schwarzen Kuh mit weißen Flecken über fünf alte Schafe, einen mit Fuchspelz gefütterten braunen Rock bis hin zu Handschuhen mit Seidenfransen, zwölf zarten Schnupftüchern, Waffen, Geschirr, Mundelsheimer und Marbacher Wein, und, und, und . . . Nicht zu vergessen tausende von Gulden. Gühring: „Da kommt man auf Millionenwerte.“