Viele Kandidaten möchten künftig im Rathaus den Takt vorgeben. Foto: Archiv (KS-Images.de)

Der Amtsinhaber Jan Trost hat etliche Konkurrenten bekommen: Außer ihm treten sechs Kandidaten zur Bürgermeisterwahl an. Sie werden in zwei digitalen Formaten vorgestellt.

Marbach - Die Spatzen pfiffen es schon im Vorfeld von den Dächern, dass Amtsinhaber Jan Trost bei der Bürgermeisterwahl am 24. Januar mit Konkurrenz zu rechnen hat. Dass aber bis zum Bewerberschluss am Dienstag um 18 Uhr gleich sieben Kandidaten ihren Hut in den Ring werfen würden, damit hatten wahrscheinlich die Wenigsten gerechnet. Hendrik Lüdke von der Gemeinderatsliste Puls kann sich vorstellen, dass dabei der Ausschreibungstext für die Stelle keine ganz unwesentliche Rolle gespielt hat. Hier war auf Initiative von CDU und Grünen der Passus gestrichen worden, wonach sich der bisherige Rathauschef wieder bewirbt. „Ich denke das und die Querelen in der Stadtverwaltung mit dem Abschied des stellvertretenden Bauamtsleiters Ralf Lobert an der Spitze hat doch einige Kandidaten dazu motiviert, sich zu bewerben“, vermutet Lüdke. Fakt ist jedenfalls, dass die Bürger aus einem breiten Portfolio an Interessenten wählen können.

Ganz oben auf dem Stimmzettel wird Jan Trost stehen, der als Erster seine Unterlagen im Rathaus abgegeben hat. Ihm folgte Timo Jung, der als Leiter der Zentralen Dienste beim Städtetag Baden-Württemberg arbeitet. Ebenfalls ins Rennen um den Bürgermeisterposten gehen der Dozent Edwin Kubotat, die Betriebsräte Tobias Möhle und Andreas Freund sowie der Student Dennis Rickert, der Die Partei im Rücken hat. Außerdem wird Dauerbewerber Ulrich Raisch am Start sein.

Die größten Chancen räumen alle Beobachter Jan Trost und Timo Jung ein. Letzterer kann im Wahlkampf auf die Unterstützung von CDU und Grünen bauen. Beide Parteien haben sich ausdrücklich für den 31-jährigen Stuttgarter als neuen Schultes der Schillerstadt ausgesprochen. „Wir können uns sehr gut eine Zukunft mit Timo Jung als Bürgermeister vorstellen“, sagt Heike Breitenbücher, die Fraktionsvorsitzende der Konservativen. Folglich werde man in Gesprächen auch den Bürgern ans Herz legen, dem Aspiranten aus der Landeshauptstadt die Stimme zu geben. In ähnlicher Weise wollen die Grünen Jung in den nächsten Tagen unter die Arme greifen. „Wenn mich jemand fragt, werde ich offen sagen, dass ich ihn wähle“, erklärt die Fraktionssprecherin Barbara Eßlinger. Die SPD will am 5. Januar entscheiden, ob sie eine Empfehlung abgibt. Die Freien Wähler und Puls werden keinen Kandidat aktiv unterstützen. „Nach wie vor gehe ich davon aus, dass jeder Wähler mündig genug ist, sich ein eigenes Bild zu machen, sich eine Meinung zu bilden und dass es keine Wahlempfehlung braucht“, erklärt Lüdke.

Der Puls-Mann sieht bei Jan Trost zwar durchaus Mängel, zum Beispiel in puncto Mitarbeiterführung. „Er hat aber auch Stärken“, betont er. Alle Fraktionen, auch die kleineren, würden gleich behandelt. Zudem sei von Trost in der Flüchtlingsfrage „nie ein böses Wort zu hören gewesen“. Und in Sachen Mitarbeiterführung habe der amtierende Schultes hinzugelernt. Wen er wähle, wisse er aber noch nicht, sagt Lüdke. Er warte die Antworten auf dem Fragebogen ab, den die Bewerber von Puls bekommen haben. Zudem kann er sich Video-Gespräche vorstellen, um die Aspiranten kennenzulernen.

Ernst Morlock, der Fraktionsvorsitzende der SPD, zeigt sich ebenfalls offen für den Austausch mit den Kandidaten. Allerdings: Bislang seien lediglich Trost und Jung auf die Sozialdemokraten zugegangen. Insofern könne er sich über das Bewerberfeld in Gänze auch nicht äußern. Aber mit Trost und Jung hätten die Marbacher Bürger auf jeden Fall schon eine gute Auswahl.

Das kann Martin Mistele, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, nur unterstreichen. „Wir haben zwei einschlägig qualifizierte Verwaltungsfachleute zur Auswahl“, sagt er. Und dass so jemand an der Spitze im Rathaus steht und kein „wilder Quereinsteiger“, dafür hätten sich die Freien Wähler stets starkgemacht. Mistele sieht zudem all jene, die sich weit nach Trost und Jung beworben haben, „eher nicht auf den vorderen Plätzen“.

Unabhängig von den Präferenzen ihrer beiden Fraktionen für Timo Jung sind auch Barbara Eßlinger und Heike Breitenbücher mit dem Bewerberfeld zufrieden. „Wir haben eine Auswahl und uns steht ein interessanter Wahlkampf bevor. Das ist gut. Üblich ist doch sonst oft, dass der Amtsinhaber bereitsteht und dazu noch der eine oder andere Kandidat, der kaum Aussicht auf Erfolg hat“, sagt Eßlinger. Mit den anderen Interessenten habe sie noch keinen Kontakt gehabt, aber mit Timo Jung und Jan Trost gebe es mindestens zwei ernsthafte Bewerber, ergänzt Heike Breitenbücher. „Das ist das, was Marbach verdient“, findet die CDU-Fraktionschefin.

Die spannende Frage wird nun sein, was Marbach aus dem Angebot macht. Und bis zum Urnengang am 24. Januar werden die mutmaßlichen Favoriten Trost und Jung versuchen, viele Bürger hinter sich zu bringen. „Neben Homepage und Facebook setze ich coronakonform auf das persönliche Gespräch, unter anderem bei meinen Marktständen“, berichtet Jan Trost. Darüber hinaus führe er viele Telefonate. So erreiche er auch die Älteren, „die aufgrund der Pandemie keinen direkten Kontakt haben können“. Die Resonanz der „Bürger war bislang überwiegend sehr positiv und bestärkend. Vor allem die klar benannten Ziele kommen gut an.“

Timo Jung freut sich ebenfalls über das „sehr gute Feedback“, das ihn bislang erreicht habe. Der Rückhalt aus der Bürgerschaft stehe auf einer immer breiteren Basis, sagt der Stuttgarter, der zwar von den Grünen und der CDU offiziell unterstützt wird, der aber als unabhängiger Bewerber ins Rennen geht.

Er versuche, verschiedene Formate anzubieten. So kaufe er beispielsweise für ältere Bürger ein oder führe Gespräche über den Gartenzaun hinweg. Alles in allem gehe es darum, das Beste aus der Situation zu machen, die wegen Corona manches ausschließt – was Timo Jung bedauert. „Ich würde natürlich lieber in einem Wirtshaus oder einer vollen Halle sprechen“, sagt er.

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