Vor dem Start gibt es eine Einweisung. Foto: avanti

Mit einem Segway lassen sich die Weinberge erkunden – vorausgesetzt, man traut sich.

Marbach - Zwischen Abenteuerlust und Bedenken haben einige der acht Weinliebhaber geschwankt, die sich am Sonntag zu einer Segway-Tour unter dem Motto „Dem Wein auf der Spur“ an der Kelter getroffen haben. Denn nur wenige hatten bereits Erfahrung mit den Elektrofahrzeugen gesammelt, bei denen man hinter einer Lenkstange auf einem mit Sensoren ausgestatteten Brett zwischen zwei dicken Gummireifen steht. „Das gibt sich meistens schnell, nach zwei Proberunden um die Kelter düsen die Leute los, als ob sie nie was anderes gemacht hätten“, schmunzelte Renate Lohfink.

Die zertifizierte Weinerlebnisführerin hat gemeinsam mit ihrem Mann Günther, genannt Tom, die Tour ausgetüftelt. Unterwegs gab es nicht nur jede Menge an Informationen, sondern auch traumhafte Ausblicke, kleine Leckereien und alkoholfreien Secco. Erst als nach knapp vier Stunden alle wieder sicher an der Kelter gelandet waren, wurde auch Alkoholisches kredenzt.Vor dem Start zur etwa 15 Kilometer langen Rundfahrt wurden die Teilnehmer mit Butterbrezeln und Informationen gefüttert. „Ein Ziel von mir ist, dass ihr gescheiter heimkommt, als ihr gekommen seid“, witzelte Günther Lohfink. Und sein Wissen schien ebenso wie das seiner Frau Renate, die zudem für die kulinarischen Genüsse und die hübsche Tischdeko an jedem der Haltepunkte verantwortlich zeichnete, schier unerschöpflich. Egal, ob es um die mit einem Moussierpunkt versehenen Gläser ging – „dann perlt es genau in der Mitte“, um die Besonderheiten bei der Herstellung alkoholfreien Sekts oder um die Bezeichnung „Agraffe“ für das Drahtgeflecht über dem Korken. „Das war mal eine Millionenfrage bei Günter Jauch, aber ich war leider kein Kandidat“, witzelte der Weinerlebnisführer. Nebenbei beruhigte er alle, die immer wieder vergeblich versuchen, dieselben Aromen wie die Profis wahrzunehmen. „Das, was ihr selber schmeckt, ist okay.“

Unterdessen machte Eric Bayer die Gefährte startklar. „Wir haben uns vor ein paar Jahren auf der CMT kennengelernt“, erzählte der Schwarzwälder Erlebnisführer. Seither ist er mindestens einmal jährlich im Raum Marbach mit den Lohfinks unterwegs. Er erklärte auch, wie die Fahrzeuge funktionieren: „Wenn man sich nach vorne lehnt, beschleunigt man, wenn man sich nach hinten lehnt, bremst man, und gelenkt wird, indem man den Lenker nach rechts oder links zieht.“

So instruiert und mit Schutzhelm ausgerüstet, wagte sich einer nach dem anderen auf seinen Segway, und nach der ersten, meist noch etwas verkrampft wirkenden Runde drehten sich einige Geschickte schon elegant auf der Stelle im Kreis.In der Nähe des Lembergs wurde es kurz kritisch; auf dem ungeteerten Feldweg hatte das Unwetter deutlich sichtbare Spuren in Form von Matsch, Pfützen und Geröll hinterlassen und führte dazu, dass einer der Wagemutigeren prompt in einer Wiese landete. Auch das Halten hatte seine Tücken. „Bleibt das jetzt von alleine stehen?“, fragte eine Frau, verließ sich auf die Zusage der anderen – und rannte wenig später ihrem Segway hinterher.

Doch mehr und mehr genossen die Teilnehmer ganz entspannt die Tour, die über Poppenweiler und Neckarweihingen führte. Hoch über der Schleuse sahen sie, was mit einem terrassierten Weinberg passiert, der nicht mehr bewirtschaftet wird: Die Mauern verfallen, Buschwerk breitet sich aus. Während Weinbau an den Hängen früher die einzige Möglichkeit war, weil Ackerland und Wald tabu waren, sind Steillagen wegen der vielen Handarbeit für viele Wengerter heute nicht mehr attraktiv. „Heute kriegt man für ein Kilo Trauben 70 Cent, in den Siebzigern waren es noch deutlich über zwei Mark“, wusste Günther Lohfink zu berichten. Sein selbst gestecktes Ziel hat er auf alle Fälle erreicht: Jeder ging am Ende gescheiter nach Hause, als er gekommen war. Und Spaß hat’s obendrein gemacht.