Vielleicht bekommt Marbach bald wie Prevorst ein Betreuungsangebot, das sich in der freien Natur abspielt. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Räte fordern bei der Etatdebatte Zugehen auf Eltern. Außerdem gibt es harsche Kritik am DRK.

Marbach - Es ist vollbracht. Nach einer Marathondebatte über dreieinhalb Stunden, bei der sportliche 22 Anträge beackert wurden, hat der Gemeinderat am Donnerstag einen Knopf an den Haushalt für 2019 gemacht. Das Gremium segnete das Werk nahezu geschlossen ab, nur Arnegunde Bärlin von der CDU und Hendrik Lüdke von Puls enthielten sich ihrer Stimme. Mit der Verabschiedung des Etats betrat die Stadt gleich in zweierlei Hinsicht Neuland. Es war der erste Haushalt nach dem doppischen Modell, das mehr Generationengerechtigkeit schaffen soll und die kameralistische Systematik abgelöst hat. Außerdem beinhaltet das Werk rekordverdächtige Zahlen, allen voran beim Investitionsvolumen, das sich bei rund 27 Millionen Euro bewegen wird. Unter anderem soll Geld in die Sanierung des Bildungszentrums und die Schaffung neuer Betreuungsplätze gesteckt werden.

All die Großprojekte sind im Gremium im Prinzip unumstritten. Das galt auch für einen Teil der Anträge, die die Fraktionen eingebracht hatten. So standen alle hinter der von den Grünen und den Freien Wählern ins Spiel gebrachten Sanierung der Toiletten an der Grundschule. Auch dem Vorstoß von Puls, eine Ausstellung ins Rathaus zu holen, die sich kritisch mit den Begleiterscheinungen der E-Mobilität auseinandersetzt, stand das Gremium wohlwollend gegenüber. Aus rechtlichen Gründen nicht umzusetzen ist hingegen der Antrag der CDU, einen Zebrastreifen in der Rielingshäuser Straße aufzubringen – weshalb dazu auch keine Debatte aufflammte. Für Diskussionen sorgten andere Themen. Besonders intensiv setzte sich die Runde mit drei Anliegen auseinander: Dem Wunsch der Freien Wähler nach dem Erhalt des Standorts Marbach für einen Rettungswagen, der Forderung der SPD nach der Einrichtung eines Waldkindergartens und der Anregung der Genossen, bürgerschaftliches Engagement in einem anderen Rahmen zu würdigen.

Der Waldkindergarten: Der Bürgermeister Jan Trost betonte, dass er ein großer Befürworter von Waldkindergärten sei. „Es bräuchte aber genügend Eltern und das pädagogische Personal, das diese Idee lebt“, sagte er. Insofern empfahl die Verwaltung, auf eine konkrete Initiative von Müttern und Vätern zu warten, um sich dann der Umsetzung zu widmen. Diese Strategie überzeugte Jürgen Schmiedel von der SPD allerdings nicht. „So können wir das nicht angehen“, meinte er. Waldkindergarten seien längst nichts Exotisches mehr. Deshalb forderte er von der Stadt, eine aktivere Rolle einzunehmen und zum Beispiel eine Umfrage zu initiieren. „Ein Waldkindergarten wäre eine super Ergänzung“, erwiderte der Erste Beigeordnete Gerhard Heim. Experten hätten jedoch beteuert, dass es keinen Sinn mache, den Hund zum Jagen zu tragen. „Es muss eine Initiative von Eltern da sein“, betonte er. Doch die Räte ließen nicht locker. „Die Verwaltung sollte aktiv werden, dann kann das auch laufen“, erklärte Hendrik Lüdke von Puls. Sebastian Engelmann von den Grünen regte an, die Mütter und Väter anzuschreiben. Wenn die Resonanz gut sei, könne man mit einem Infoabend weitermachen, wenn nicht, den Stecker ziehen. Am Ende entschied sich das Gremium, dem Vorschlag von Ernst Morlock von der SPD zu folgen: In den Krippen wird der Bedarf nach einem Platz in einem Waldkindergarten abgefragt. Zudem wird im Rielingshäuser Blättle auf das Thema hingewiesen.

Der Rettungswagen: Die Freien Wähler zeigten sich empört, dass der Standort der beiden Rettungswagen von Marbach weg nach Murr in ein Wohngebiet verlegt werden soll. „Das ist im Notfall nicht optimal“, sagte Dr. Michael Herzog. „Kein Rettungswagen kann von einem Wohngebiet aus problemlos in derselben Zeit ausrücken wie von einem am Ortsrand gelegenen Standort“, konstatierte er. Und am wichtigsten sei doch, dass Patienten schnell Hilfe bekämen. Durch die Verlagerung werde der Weg nach Marbach, aber auch nach Affalterbach oder Benningen länger. Insofern fordere seine Fraktion, mindestens einen Wagen in der Schillerstadt zu belassen. „Auch das Marbacher Gebiet muss versorgt sein. Es kann nicht sein, eine Lücke zu reißen, um eine andere zu stopfen“, pflichtete Heike Breitenbücher (CDU) bei. Ein transparentes Konzept sei vonnöten. Jürgen Schmiedel sah das ähnlich, vermisste auch eine Begründung des DRK und regte an, als Argumentationshilfe ein Gutachten in Auftrag zu geben – nachdem die Stadt vom DRK partout keine Einsicht in die bereits erstellte Expertise erhält, wie der Bürgermeister Jan Trost kritisierte. Hendrik Lüdke und Barbara Eßlinger (Grüne) war aber wichtig, nicht nur die Marbach-Brille aufzusetzen, sondern die Einhaltung der Rettungszeiten bis ins Obere Bottwartal zum obersten Primat zu machen. Beide konnten aber dem Beschluss folgen, sich erneut um Einsicht des Gutachtens beim DRK zu bemühen und notfalls eine eigene Expertise zu veranlassen.

Der Bürgerempfang: Die SPD hatte einen Bürgerempfang beantragt, bei dem Blutspender und Träger der Bürgermedaille angemessen gewürdigt werden könnten. Die Blutspenderehrung sei aktuell ein „Trauerspiel“, die Bürgermedaille werde im Gemeinderat quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgenommen, bemängelte Ernst Morlock (SPD). Wobei man nicht unbedingt ein neues Format brauche. Eventuell lasse sich beides in den Ehrenamtstag integrieren. Dadurch verliere dieser seinen zwanglosen Charakter und den besonderen Charme, warnte Barbara Eßlinger. Und Martin Mistele von den Freien Wähler kann auch der kleinen Runde bei der Blutspenderehrung etwas abgewinnen. „Man sollte vorher mit den Betroffenen reden“, empfahl Heike Breitenbücher. So wurde es auch beschlossen. Jan Trost möchte sich in der Sache mit dem DRK kurzschließen, dann will man mit dem Thema wieder ins Gremium kommen.