Leyla Atac Foto: /Frank Wittmer

Die Sechstklässler des Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasiums haben die Sieger beim Lesewettbewerb ermittelt. Das Fazit: Beim Lesen gewinnen alle!

Marbach - Beim Vorlesewettbewerb ist es wie bei vielen anderen Veranstaltungen jetzt in der Vorweihnachtszeit: Man möchte sich gern auf das Schöne konzentrieren, aber andere Dinge sind auch zu erledigen. So „fliegt“ Jule direkt aus der Mathearbeit ein und muss gleich zwei Runden Vorlesen auf einmal erledigen, während andere schon wieder im Unterricht sind.

Trotz dieser kleinen Hektik war der Vorlesewettbewerb am Montag im Friedrich-Schiller-Gymnasium (FSG) eine runde Sache, nicht zuletzt dank der Organisation der Lehrerinnen Sybille Schmid und Xenia Rieder. Behutsam führen sie die Sechstklässler an das Vorlesen im noch recht neuen Lernzentrum heran. Dass es immer schwierig ist, den Anfang zu machen, sagt Leyla Atac frei heraus: „Kann ich nicht als Zweite lesen?“

Aber schnell legt die Schülerin ihre anfängliche Schüchternheit ab und gewinnt zunehmend an Sicherheit. Die dramatische Stelle aus Michael Endes „Unendliche Geschichte“, als der böse Wolf Gmork den Jungen Atreju gefangen hält, während das vernichtende Nichts immer näher kommt, liest Leyla spannend vor. Auch in der zweiten Runde, als eine unbekannte Textstelle vorgetragen werden muss, erweist sich Leyla als sehr sicher und bewältigt schwierige Worte wie „Defibrillator“ souverän. Die Schülerin aus der Klasse 6d des Friedrich-Schiller-Gymnasiums punktet damit und überzeugt auch die Jury.

Ebenso Vincent Maier aus der 6f, der zunächst aus seinem selbst gewählten Buch „Vorstadtkrokodile“ vorliest und dann ebenfalls aus dem aktuellen Buch „Der große schwarze Vogel“ von Stefanie Höfler. In dem für den Jugendbuchpreis nominierten Roman geht es darum, wie es ist, wenn völlig unerwartet die Mutter stirbt. Dies „beschreibt die Autorin in einer beeindruckenden Dichte aus der Sicht des 14-jährigen Sohnes Ben, so die Begründung für die Nominierung. „Mit voller Wucht schlägt dieser Tod in sein Leben ein – und er erinnert sich an seine Mutter: voller Liebe, aber auch mit Wut, voller Zuneigung, aber auch mit Unverständnis.“ Gründe genug, dass alle Teilnehmer am FSG-Vorlesewettbewerb dieses Buch als Geschenk mit nach Hause nehmen dürfen. „Ihr seid alle Sieger“, stellt Sybille Schmid fest.

Auch andere Kinder haben spannend, witzig und lebhaft vorgelesen. „Wir haben dieses Jahr ein recht einheitliches Niveau“, stellt Xenia Rieder fest. Bisweilen zeigten sich aber deutliche Unterschiede beim Lesen des vorher geübten Textes zu dem unbekannten Lesestoff. Während manche Kinder das eigene Buch gut und teilweise mit verstellten Stimmen vorzutragen wussten, gab es beim Lesen englischer Begriffe oder Wörter wie „Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom“ gewisse Schwierigkeiten zu bewältigen.

Doch schön war es, zu sehen und vor allem auch zu hören, dass Kinder immer noch gerne und auch viel lesen. Die Bandbreite der ausgewählten Bücher zeigt vielfältige Interessen. Während Leon Lustig die Kinder auf die spannende Suche nach dem entführten Wilhelma-Pinguin mitnimmt, geht es beim Buch „Geheime Reise der Mariposa“ um Stürme, Wellen, Vulkane und die faszinierende Tierwelt Südamerikas. Neben „Klassikern“ der Jugendliteratur wie Harry Potter oder Percy Jackson gibt es auch spannende Auszüge aus weniger bekannten Bücher wie „Mord ist nichts für junge Damen“ oder „Julius Zebra“, die Lust zum Weiterschmökern machen.

Für Leyla Atac und Vincent Maier geht es in den nächsten Wochen nun darum, ihre Vorlesekünste durch Stimmtraining, Betonungsregeln, Sprechhaltungen und innere Bilder noch besser zu trainieren, erklärt Sybille Schmid. In der nächsten Runde des Wettbewerbs, der bis zum Finale in Berlin führen kann, müssen sich die Kinder noch mal auf eine andere Situation einstellen: Viel mehr Zuhörer und das Sprechen in ein Mikrofon sind weitere Herausforderungen.